Umweltleistungen sichtbar machen: Ein neuer Index erleichtert die Bewirtschaftung von Flüsse
Als Teil unserer Umwelt werden Flüsse und Auen intensiv genutzt und
bewirtschaftet. Bisher ließen sich die Leistungen, die sie dabei für den
Menschen erbringen, nur schwer erfassen. Nun hat ein Team aus Forschenden
und Praxispartnern unter Federführung des Leibniz-Instituts für
Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) einen Index entwickelt, mit dem
sich Leistungen von Flusslandschaften übersichtlich abbilden lassen.
Erstmals lassen sich so die Auswirkungen von Bau- und
Bewirtschaftungsmaßnahmen fachübergreifend zusammenfassen. Die Transparenz
des Verfahrens erleichtert auch Bürgerbeteiligungen und die Mitsprache von
Umweltverbänden.
Ob Schifffahrt, Wasserkraft, Hochwasserschutz, Naturschutz, Erholung und
Tourismus, Siedlungsentwicklung oder Land- und Forstwirtschaft:
Flusslandschaften zählen zu den am intensivsten genutzten Landesteilen.
Wegen dieser Vielfalt an Interessen und Vorschriften sind Bauprojekte und
andere Planungen in Flusslandschaften oft komplex und langwierig. Um die
damit verbundenen Abstimmungs- und Planungsprozesse zu erleichtern, haben
Forschende des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei
(IGB) zusammen mit zehn Partnern ein neues Verfahren entwickelt und dieses
in einem Handbuch zusammengefasst. Der sogenannte River Ecosystem Service
Index (RESI) bewertet die Auswirkungen von Maßnahmen auf die
Ökosystemleistungen für den Menschen anhand allgemein verfügbarer
Umweltdaten.
RESI erleichtert Priorisierung, Planung und Transparenz von
Bewirtschaftungsmaßnahmen
Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte
Verbundprojekt „River Ecosystem Service Index (RESI)“ erforscht seit 2015,
wie sich versorgende, regulative und kulturelle Leistungen von Flüssen und
Auen erfassen und bewerten lassen. Für jede Leistung stehen nun
Berechnungsformeln zur Verfügung. Farbcodierte Visualisierungen
ermöglichen die Darstellung der verschiedenen Ökosystemleistungen sowie
den Vergleich bestimmter Fluss-Auen-Abschnitte. Die Einzelbewertungen
werden außerdem zu einem Index zusammengefasst, um somit alle
Ökosystemleistungen integrativ zu bewerten. Mit dem neuen RESI können
Zusammenhänge und Wechselwirkungen, z.B. zwischen Wasserwirtschaft,
Tourismus und Naturschutz, besser erkannt und die Auswirkungen von
Planungsvarianten von Fachleuten oder interessierten Bürgerinnen und
Bürgern datenbasiert, integrativ und transparent verglichen werden.
Bau- und Bewirtschaftungsmaßnahmen in Flusslandschaften können auf diese
Weise unter Einbeziehung aller wichtigen Naturfunktionen bewertet und
umgesetzt werden. So muss zum Beispiel Hochwasserschutz nicht zwingend auf
Kosten der Natur gehen, findet IGB-Wissenschaftler Dr. Martin Pusch. „Wir
hoffen, dass mit unserer Methode nicht nur der Hochwasserschutz schneller
verbessert werden kann, sondern davon auch die Wasserqualität, die
Artenvielfalt und der Erholungswert unserer Flüsse profitieren“, betont
der Projektleiter.
Getestet und angewendet wurde der RESI bereits in Zusammenarbeit mit
Umweltbehörden mehrerer Regionen, zum Beispiel um den Hochwasserschutz an
einem Abschnitt der Donau zu optimieren. Prinzipiell kann der Index in
allen Flusslandschaften Deutschlands eingesetzt werden, und dort
Raumplanungen, die Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie,
Hochwasserschutzprogramme und Gewässerrenaturierungen erleichtern. Der
RESI schafft dabei erstmals eine gemeinsame Bewertungsgrundlage für
Akteure aus ganz verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen und mit
unterschiedlichen Interessen.
Das RESI-Anwendungshandbuch steht ab sofort kostenlos zum Download bereit:
<www.resi-project.info/handbuc
Zum Projekt:
Das Verbundforschungsprojekt RESI (2015-2018) ist eines von 15
Verbundprojekten des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF)
im Förderprogramm „Regionales Wasserressourcen-Management für den
nachhaltigen Gewässerschutz in Deutschland (ReWaM)“. Beteiligt waren
öffentliche und private Forschungsinstitutionen, Gutachterbüros sowie
Praxispartner aus den Modellregionen. Geleitet wurde das Projekt vom
Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) in Berlin.
Über das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB):
Die Arbeiten des Leibniz-IGB verbinden Grundlagen- mit Vorsorgeforschung
als Basis für die nachhaltige Bewirtschaftung der Gewässer. Das IGB
untersucht dabei die Struktur und Funktion von aquatischen Ökosystemen
unter naturnahen Bedingungen und unter der Wirkung multipler Stressoren.
Forschungsschwerpunkte sind unter anderem die Langzeitentwicklung von
Seen, Flüssen und Feuchtgebieten bei sich rasch ändernden
Umweltbedingungen, die Entwicklung gekoppelter ökologischer und
sozioökonomischer Modelle, die Renaturierung von Ökosystemen und die
Biodiversität aquatischer Lebensräume. <www.igb-berlin.de>