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Ausmalen kann sich jeder, was schwere Atemnot ungefähr bedeutet. Aber 15
Millionen Europäer wissen es, ganz genau, aus leidvoller alltäglicher
Erfahrung. Diese Patienten fühlen sich schwach und kraftlos, sie ringen um
jeden Atemzug. Vor allem aber haben sie Angst um ihr Leben. Das neue EU-
Projekt BETTER-B (BETter TrEatments for Refractory and chronic Brea-
thlessness) will die Behandlung der Patienten entscheidend verbessern. Am
Programm beteiligt ist auch die Klinik und Poliklinik für Palliativmedizin
des LMU Klinikums.

„Wir wollen die Patienten auch über sinnvolle Therapieangebote aufklären“,
sagt Prof. Claudia Bausewein, die Direktorin der Klinik und Poliklinik für
Palliativmedizin. Hier ist die erste Atemnotambulanz in Deutschland
angesiedelt. In einem ersten Schritt ist dazu unter Federführung der
Münchner Mediziner eine Webseite online gegangen. Die Seite wendet sich
auch an Ärzte, Pflegekräfte und Therapeuten, die Atemnot behandeln.

Schwere Atemnot basiert auf einer Grunderkrankung

Patienten mit schwerer Atemnot leiden in der Regel unter einer ernsthaften
Lungenerkrankung, zum Beispiel COPD, Lungenfibrose oder Lungenhochdruck.
Vor allem die Zahl der Menschen mit COPD hat in den vergangenen Jahren
stark zugenommen. Ein Ende dieser Entwicklung ist bislang nicht absehbar.

An BETTER-B beteiligen sich Einrichtungen aus mehreren europäischen
Kliniken, in denen Patienten mit schwerer Atemnot behandelt werden. Das
Projekt hat mehrere Komponenten. Um zum Beispiel ein Bild der aktuellen
Behandlungspraxis zu bekommen, befragen die Experten Ärzte über ihr
übliches Vorgehen und wie sie bestehende Richtlinien nutzen.

Hilft ein Antidepressivum gegen Atemnot?

Zusammen mit der LMU Klinik für Pneumologie unter Leitung von Prof. Jürgen
Behr rekrutiert die Atemnotambulanz außer-dem Patienten, um das Medikament
Mirtazapin zu testen. Die Arznei wird bislang in der Therapie von
Depressionskranken eingesetzt. „Nach ersten Erkenntnissen hat sie aber
auch einen positiven Effekt auf schwere Atemnot, auch wenn Patienten nicht
depressiv sind“, erklärt Bausewein. Neue medikamentöse Alternativen für
die Therapie wären wichtig, weil bislang nur Opioide die Symptome der
Atemnot nachweislich lindern.

Das BETTER-B-Programm baut auf einer beeindruckenden internationalen
Forschungsarbeit der beteiligten Partner. Dazu gehören Studien über die
Auswirkungen der Atemnot auf das Leben der Menschen, die verschiedenen
Arten der erlebten Atemnot und über bessere Behandlungen. Systematische
Analysen aller bisher vorliegenden Daten haben zum Beispiel ergeben:
Andere Medikamente wie die Benzodiazepine helfen Atemnot-Patienten nicht,
„werden aber immer noch zu häufig verordnet“, so Bausewein. Auch für viele
weitere Therapiemaßnahmen – von Atemübungen bis Yoga – fehlt der
wissenschaftliche Nachweis der Wirkung.

Neue Richtlinien sind das Ziel

Am Ende des auf vier Jahre ausgelegten Programms werden die Münchner
Experten eine Abschlusskonferenz organisieren. Gleichzeitig, betont
Claudia Bausewein, „wollen wir eine neue europäische Stellungnahme für
Spezialisten der Lungen- und Palliativmedizin zum Thema Atemnotmanagement
abgeben und so breit wie möglich bekannt machen.“