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Die Universität Hildesheim bildet Expertinnen und Experten für „Barrierefreie Kommunikation“ aus, Studierende erlernen zum Beispiel die Gebärdensprache, diese Gebärde bedeutet „Barriere“.  Foto: Isa Lange/Uni Hildesheim
Die Universität Hildesheim bildet Expertinnen und Experten für „Barrierefreie Kommunikation“ aus, Studierende erlernen zum Beispiel die Gebärdensprache, diese Gebärde bedeutet „Barriere“. Foto: Isa Lange/Uni Hildesheim

Marie Leusder gehört zur ersten Studierendengeneration, die sich an der
Universität Hildesheim auf die barrierefreie Kommunikation spezialisiert.
Der Masterstudiengang „Barrierefreie Kommunikation“ ist bundesweit
einmalig. Es sind noch Studienplätze frei. Die Bewerbungsfrist endet am 1.
September 2019. Das Studium beginnt im Oktober 2019. „Oft rücken bauliche
Maßnahmen ins Bewusstsein, Inklusion bedeutet aber auch, sprachliche
Barrieren in der Gesellschaft abzubauen“, sagt die Studentin. „Es ist voll
der Luxus, in einer kleinen Studierendengruppe in Hildesheim zu lernen,
die Dozenten fordern uns sehr, lassen uns aber nicht fallen. Das ist ein
guter Antrieb, um weiterzukommen.“

Die Universität Hildesheim bildet im zweijährigen Masterstudiengang
„Barrierefreie Kommunikation“ Fachleute für die barrierefreie Aufbereitung
von Informations-, Unterhaltungs- und Kommunikationsangeboten aus. Zu den
Studieninhalten zählen neben den Grundlagen der barrierefreien
Kommunikation auch Leichte Sprache, Einfache Sprache, Schriftdolmetschen,
Unterstützte Kommunikation und assistive Technologien, barrierefreie
Rechts- und Online-Kommunikation sowie Gebärdensprache. Es sind noch
Studienplätze frei. Die Bewerbungsfrist endet am 1. September 2019.
Insgesamt gibt es 20 Studienplätze, das Studium beginnt im Oktober 2019.

Bundesweit einmalig sei dieser Masterstudiengang, sagt Isabel Rink von der
„Forschungsstelle Leichte Sprache“ der Universität Hildesheim. „Wir bilden
Textexpertinnen und Textexperten aus, die angemessene mündliche und
schriftliche Texte für Personen mit Kommunikationseinschränkungen
erstellen können. Von der Arbeit in Hildesheim profitieren Menschen mit
einer angeborenen oder erworbenen Behinderung, mit divergierenden
Bildungschancen oder einschneidenden Lebensereignisse wie zum Beispiel
einer Flucht“, so Rink.

Informationen und Online-Bewerbung:
www.uni-hildesheim.de/neuigkeiten/barrierefreie-kommunikation-in-
hildesheim-studieren/

www.uni-hildesheim.de/studium/bewerbung

INTERVIEW mit der Studentin Marie Leusder

Marie Leusder, 23 Jahre, hat im Bachelorstudium an der Universität zu Köln
Sonderpädagogik auf Lehramt mit den Fächern mathematische und sprachliche
Grundbildung studiert und ihre Bachelorarbeit über Leichte Sprache
geschrieben. Über die Recherche für ihre Abschlussarbeit wurde sie auf die
Forschung an der Universität Hildesheim aufmerksam und hat sich
entschieden, den Masterstudiengang „Barrierefreie Kommunikation“ in
Hildesheim zu studieren.

FRAGE: Frau Leusder, Sie gehören zur ersten Generation des
Masterstudiengangs „Barrierefreie Kommunikation“. Was ist Ihr Antrieb,
warum haben Sie dieses Studium gewählt?
ANTWORT: Ich habe mich in Köln, wo ich im Bachelor studiert habe, sehr
wohl gefühlt, ich war am hin- und herüberlegen, ob ich nach Hildesheim zum
Masterstudium gehen soll. Je mehr ich mich informiert habe und mit der
Studienberatung in Nordrhein-Westfalen sprach, desto klarer wurde mir: Ich
möchte mich spezialisieren und barrierefreie Kommunikation in Hildesheim
studieren. Inklusion ist ein großes gesellschaftliches Thema, oft – aber
auch noch nicht genug – rücken die baulichen Maßnahmen in das Bewusstsein
der Bevölkerung, aber dass viele Texte und Sprache viele Leute
ausschließen, das ist vielen nicht bewusst.

FRAGE: Warum ist die barrierefreie Kommunikation bedeutsam?
ANTWORT: Nehmen wir die Leichte Sprache als Beispiel, eine vereinfachte
Variante des Deutschen. Die Leichte Sprache kann sehr vielen Menschen
helfen, etwa Menschen mit kognitiven Einschränkungen, aber auch gehörlosen
Menschen und Menschen, die aus anderen Ländern kommen und nun in
Deutschland leben. Ich habe in Köln in einem inklusiven Café gearbeitet,
die Kuchenrezepte wurden in Leichte Sprache übersetzt, das war für die
Beschäftigten richtig gut, weil sie eigenständig anhand der übersetzten
Rezepte den Kuchen backen konnten.

FRAGE: Wie sind die bisherigen Erfahrungen im Masterstudium – verbinden
Sie Theorie und Praxis?
ANTWORT: Im ersten Semester hatten wir viel Theorie, etwa eine Vorlesung
zur Verständlichkeitsforschung, in der wir uns damit auseinandergesetzt
haben, was Texte eigentlich verständlich macht. Im zweiten Semester
kombinieren wir die Theorie mit der Praxis, haben Projektseminare. Ich
habe zum Beispiele Seminare zu Fachkommunikation und
Verständlichkeitsoptimierung, in denen ich mich damit befasse, wie
Bedienungsanleitungen verständlich formuliert werden können und an welchen
Stellen es hapert und ich habe für das Roemer- und Pelizaeus-Museum für
eine Fachtagung zu Kultur und Inklusion Abstracts übersetzt in Leichte
Sprache. Wir befassen uns in Zusammenarbeit mit der Diakonie mit
unterstützter Kommunikation und assistiven Technologien , wie können Texte
über möglichst unterschiedliche Sinne zugänglich gemacht werden – fast wie
ein Theaterstück. Bei der Übersetzung muss man viele Seiten mitdenken, die
Nutzer, aber auch den Text und Inhalt selber und wo denn die Texte
erscheinen.

FRAGE: Wem würden Sie diesen Masterstudiengang empfehlen?
ANTWORT: Jedem, der Interesse an Sprache in der Gesellschaft hat. Wie kann
Sprache ausschließen und was kann man dafür tun, dass diese Ausgrenzung
reduziert und Teilhabe möglich wird? Dafür wollen wir Antworten
entwickeln.

FRAGE: Der Blick in die Zukunft: Was möchten Sie in der Gesellschaft mit
Ihrer Arbeit im künftigen Berufsleben bewirken?
ANTWORT: Ich möchte die Gesellschaft dafür sensibilisieren, Barrieren
abzubauen. Es ist ein starker Ausschluss, wenn man sprachlich Barrieren
aufbaut. Das Studium an der Universität Hildesheim ermöglicht mir, dazu
beizutragen, diese Barrieren abzubauen. Übrigens ist der kleine Studienort
kein Schock mehr für mich, im Gegenteil: Dadurch, dass ich vorher an einer
riesigen Uni in Köln studiert habe, ist es jetzt voll der Luxus, in einer
kleinen Studierendengruppe in Hildesheim zu lernen, die Dozentinnen und
Dozenten fordern uns sehr, lassen uns aber nicht fallen. Das ist ein guter
Antrieb, um weiterzukommen. Ich fühle mich sehr wohl in Hildesheim und
rate jedem: „Geh lieber an eine kleine Uni, da ist die Lehre besser.“