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Über die BAYSICS-App können Bürgerinnen und Bürger nicht nur als „Laienforscher“ dabei helfen, Wissen über die Folgen des Klimawandels zu sammeln, sondern auch praktische Hilfe – etwa bei Pollenallergien.  Nowak  Nowak/upd
Über die BAYSICS-App können Bürgerinnen und Bürger nicht nur als „Laienforscher“ dabei helfen, Wissen über die Folgen des Klimawandels zu sammeln, sondern auch praktische Hilfe – etwa bei Pollenallergien. Nowak/upd

Forschen vor der eigenen Haustür: Interessierte Bürgerinnen und Bürger
sind ab sofort eingeladen, sich über eine kostenlose App aktiv an der
Klimaforschung zu beteiligen. Der Clou: Wer mitmacht bekommt auch etwas
zurück, nämlich beispielsweise Handwerkszeug, um mit einer Pollenallergie
besser zurechtzukommen. Die App ist Teil des Verbundprojekts BAYSICS.
Zuständig für den Bereich Pollen ist Geographie-Professorin Dr. Susanne
Jochner-Oette von der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU).

Die Nase läuft, die Augen jucken – die Heuschnupfen-Saison hat begonnen.
Von Schnee und Eis sollte man sich dabei nicht täuschen lassen, denn der
Blütenstaub einiger Pflanzen wie der Hasel fliegt bereits ab Januar. In
Frühling und Sommer produzieren dann nicht nur Gehölze, sondern auch
Gräser und Kräuter fleißig Pollen. Gut 15 Prozent der Deutschen leiden
unter Heuschnupfen. Er ist damit hierzulande die häufigste Allergie – und
die Zahl der Betroffenen steigt. Schuld daran ist auch der Klimawandel.
Dr. Susanne Jochner-Oette, Professorin für Physische Geographie /
Landschaftsökologie und nachhaltige Ökosystementwicklung an der KU,
erklärt den Zusammenhang so: „Bei höheren Temperaturen werden die
Pollenkörner häufig in größeren Mengen produziert und früher freigesetzt.
Zudem enthalten sie meist mehr Allergene und wirken deshalb aggressiver.“

Keine guten Zeiten also für Heuschnupfen-Allergiker. Susanne Jochner-Oette
und ihre Doktorandin Johanna Jetschni wollen hier helfen. Im Mittelpunkt
steht dabei die kostenlose Web-App „BAYSICS“. Die Nutzer werden durch
wenige Klicks zu „Citizen Scientists“ und helfen zum einen dabei, eine
Risikokarte für Heuschnupfen-Geplagte zu erstellen, und zum anderen, Daten
für die Erforschung des Klimawandels und seiner Auswirkungen zu sammeln.

Mitmachen ist denkbar einfach: Es genügen das eigene Smartphone oder PC
und ein Gang vor die Haustür. Wo und wann blühen in meiner Heimat Birke,
Hasel oder Gräser? Durch die kollektive Erfassung allergener Pflanzenarten
entsteht nach und nach eine Risikokarte. So kann ein Pollenallergiker bald
einfach nachschlagen, welche Gegenden er besser meiden sollte. Außerdem
kann der Nutzer ein Tagebuch über seine Symptome führen. „Damit kann jeder
Einzelne seine Allergie beobachten und sein persönliches Verhalten
anpassen“, erklärt Susanne Jochner-Oette. Jeder, der mitmacht, hilft
zugleich, den Datenpool zu füllen und unterstützt so die Forschung. Ein
Gewinn also für alle Seiten, konstatiert Jochner-Oette: „Wir greifen nicht
einfach nur Informationen ab, sondern geben den Bürgerinnen und Bürgern
etwas zurück.“

Die Eichstätter Pollenforschung ist Teil des Verbundprojekts BAYSICS des
Bayerischen Netzwerks für Klimaforschung. In mehreren Teilprojekten wird
dort untersucht, wie sich der Klimawandel auf Pflanzen und Tiere in Bayern
auswirkt. Wichtig ist den beteiligten Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftlern insbesondere die Vermittlung ihrer Erkenntnisse an eine
breite Öffentlichkeit. Indem Bürger aktiv als „Laienforscher“ einbezogen
werden, soll die komplexe Materie Klimawandel anschaulich vermittelt und
für den Einzelnen erfahrbar werden. „Wir möchten dafür sensibilisieren,
dass der Klimawandel überall stattfindet und auch in unserem Leben in
Bayern deutliche Auswirkungen zeigt“, sagt Prof. Dr. Susanne Jochner-
Oette.

Mit verschiedenen Analysetools kann der Nutzer in der App selbst als
Wissenschaftler tätig werden. Darüber hinaus findet er dort unter anderem
einen Pollenkalender sowie grundlegende Erklärungen zu den beobachteten
Phänomenen. So zeigt die „Pollenstory“ anschaulich, dass Pollen an sich
harmlos sind und nur problematisch werden, wenn unser menschliches
Immunsystem sie als Fremdkörper identifiziert und mit allen Mitteln
versucht sie loszuwerden.

Auch wer keinen Heuschnupfen hat, kann die Forschung im Projekt BAYSICS
unterstützen und zum „Citizen Scientist“ werden. In weiteren Teilprojekten
innerhalb der App ist es möglich, blühende Pflanzen, Höhengrenzen von
Bäumen oder Tiersichtungen in der Stadt zu melden. „Nicht nur die
Pollenproduktion, sondern all diese Bereiche verändert der Klimawandel und
das kann jeder hier direkt vor Ort live erleben“, betont Prof. Dr. Susanne
Jochner-Oette. Das Angebot richtet sich somit ausdrücklich nicht nur an
Allergiker, sondern an alle, die sich für die Natur begeistern.

Besonders in der Region rund um Eichstätt und Ingolstadt hoffen Jochner-
Oette und ihre Doktorandin Johanna Jetschni auf viele Teilnehmerinnen und
Teilnehmer. Die beiden Forscherinnen haben hier ergänzend ein
Pollenmessnetz installiert, um weitere Fragen zu bearbeiten. Unter anderem
ist geplant, die Daten zur Pollenkonzentration mit den Symptom-Daten aus
der App zu vergleichen. So könne man abschätzen, ob eine hohe Belastung
der Luft immer einhergeht mit einer hohen Belastung der Menschen. „Wenn
zum Beispiel die Pollenkonzentration in der Luft gering ist, aber die
Symptome beim Menschen stark, könnte das auf eine gestiegene Aggressivität
der Pollen hindeuten“, erklärt Jochner-Oette.

Wer mitmachen möchte, kann sich unter <www.baysics.de> die App
herunterladen und seine Beobachtungen eintragen. Auch die Risikokarte für
Allergiker findet sich dort.