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Antonia Quell studiert an der FHWS Medienmanagement: Sie hat eine Petition im Bundestag zum Thema Catcalling eingereicht.
Antonia Quell studiert an der FHWS Medienmanagement: Sie hat eine Petition im Bundestag zum Thema Catcalling eingereicht.

Mit 70.000 Unterschriften geht Antonia Quell gegen Catcalling, verbale
sexuelle Belästigungen, vor und will damit gesellschaftliche Veränderung
anstoßen
Verbale sexuelle Belästigung zu ahnden, die Gesellschaft sensibel zu
machen für die Thematik – dies ist das Anliegen der Medienmanagement-
Studentin Antonia Quell an der Hochschule für angewandte Wissenschaften
Würzburg-Schweinfurt. „`Catcalling`“ klingt niedlich, die Realität
dahinter ist es nicht.“ Mit Catcalling wird die verbale sexuelle
Belästigung bezeichnet, ein aufdringliches Verhalten im öffentlichen Raum
z.B. in Form von unerwünschten Äußerungen, Pfiffen, Gesten, Mimik oder
Hupen. Antonia Quell hat mit ihrer im August 2020 ins Internet gestellten
Petition für ihr Anliegen 70.000 Unterschriften sammeln können. Die
Petition liegt nun dem Bundestag zur Beratung vor.

„Verbale sexuelle Belästigung sollte strafbar sein“, fordert Quell,
„genauso wie tätliche sexuelle Belästigung.“ Die Gradwanderung von einem
Kompliment, dem Recht auf Selbstbestimmung bis hin zur Belästigung ist
schmal in Deutschland - eine verbale sexuelle Belästigung stellt keinen
eigenen Straftatbestand dar, die Voraussetzung hierfür wäre ein sexuell
bestimmter Körperkontakt. Dagegen ist in mehreren europäischen Ländern
Catcalling bereits strafbar – wie z.B. in Belgien (2014), Portugal (2015),
in den Niederlanden (2017) und Frankreich (2018). Der Studentin geht es
neben den Geldstrafen besonders um einen Wandel des Bewusstseins in der
Gesellschaft, um die Transferleistung, dass auch Nicht-Betroffene verbale
sexuelle Belästigung als Problem anerkennen und entgegenwirken.

Catcalling – eine juristische Grauzone

Antonia Quell sieht Catcalling in einer strafrechtlichen Lücke. Es gäbe
die UN-Frauenrechtskonvention von 1981, die Diskriminierung in Art. 1
definiert als „jede mit dem Geschlecht begründete Unterscheidung,
Ausschließung oder Beschränkung, die zur Folge oder zum Ziel hat, dass die
auf die Gleichberechtigung von Mann und Frau gegründete Anerkennung,
Inanspruchnahme oder Ausübung der Menschenrechte und Grundfreiheiten durch
die Frau – ungeachtet ihres Familienstands – im politischen,
wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen, staatsbürgerlichen oder jedem
sonstigen Bereich beeinträchtigt oder vereitelt wird.“

Sie wolle mit ihrer Petition keinen Gesetzesvorschlag abliefern, dies sei
Aufgabe des Gesetzgebers. Ihr gehe es darum, dass der Begriff der
sexuellen Belästigung erweitert oder als ein eigener Straftatbestand
geschaffen werde. Mit diesem Anliegen scheint sie den Puls der Zeit
getroffen zu haben. Viele Redaktionen und Medienhäuser sowie Social Media-
Kanäle verfolgen das Thema mit großem Interesse.

Catcalls: Wie Antonia Quell auf das Thema kam

Antonia Quell fing an, sich mit der Materie zu beschäftigen, nachdem auch
sie Opfer von Catcalls wurde und sich mit einer Freundin darüber
ausgetauscht hatte. Diese erzählte ihr, dass das Hinterherpfeifen und die
anzüglichen Sprüche in Frankreich strafbar seien. Dies motivierte die
Medienmanagerin umfangreich zum Thema zu recherchieren. Ihr Fazit nach
einem halben Jahr: Sie wisse, dass Erziehung nicht im Strafrecht beginne.
Und ihr sei auch klar, dass mit einer möglichen Gesetzesänderung das
Problem noch nicht gelöst sei. Ein strukturelles Problem erfordere jedoch
eine strukturelle Lösung. Alles andere seien leere Versprechen. Catcalling
sei nicht ausschließlich ein gesellschaftliches, sondern auch ein
politisches Problem.

Erfahrungen für Studium und Leben

Wie auch immer der Bundestag entscheiden wird: Die junge Studentin nimmt
aus diesem Prozess viele neue Erfahrungen mit ins weitere Studium sowie
für ihre Lebensgestaltung. Sie hat eine große Motivation, in der
Gesellschaft auch weiterhin Themen mitzugestalten, eine Meinungsvielfalt
zuzulassen, sie zu fördern. Wichtig sei ihr auch, etwas selbst zu machen.
Sie lasse sich gern beraten – sich fremdbestimmen zu lassen, lehnt sie
jedoch ab.

Grundgesetz: Artikel 17 besagt: „Jedermann hat das Recht, sich einzeln
oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden
an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden.“ Der
Petitionsausschuss prüft die eingereichten Petitionen und berät
anschließend über das weitere Vorgehen. Mehr Informationen unter Petition
(https://epetitionen.bundestag.de/)