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Flutschäden im Oberen Ahrtal: Straße und Parkplatz vor diesem Hotel wurden weggerissen.  Jörn Birkmann  Universität Stuttgart
Flutschäden im Oberen Ahrtal: Straße und Parkplatz vor diesem Hotel wurden weggerissen. Jörn Birkmann Universität Stuttgart

Wie kann man beim Wiederaufbau in den Katastrophengebieten an der Ahr und
verschiedenen Flüssen in Nordrhein-Westfahlen die Siedlungs- und
Infrastrukturen an künftige Starkregen und Hochwasser anpassen, um Schäden
und Opfer zu verringern? Dies untersucht ein Team unter der Leitung des
Raumplaners Prof. Jörn Birkmann von der Universität Stuttgart und des
Experten für Wasserwirtschaft Prof. Holger Schüttrumpf von der RWTH
Aachen. Das Projekt (voraussichtlicher Start November 2021) wird vom
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit rund fünf Millionen
Euro gefördert.

180 Tote, Schäden in Höhe von 30 Milliarden Euro: Das Hochwasser an der
Ahr und an verschiedenen Flüssen in Nordrhein-Westfalen im Juli 2021
gehört zu den größten Naturkatastrophen, die Deutschland nach dem zweiten
Weltkrieg getroffen haben, und in Folge des Klimawandels dürften solche
Extremereignisse noch zunehmen. Die Herausforderungen für die betroffenen
Regionen sind enorm, aber, so Bundesforschungsministerin Anja Karliczek:
„Der Wiederaufbau bietet die Chance, die Regionen zukunftsfähig und
klimaresilient zu gestalten – damit die Menschen dort wieder gut und
sicher leben können. Unser Ziel muss sein, dass die Regionen in Zukunft
widerstandsfähiger gegenüber Extremwetter und weiteren Folgen des
Klimawandels sind.“

Unterstützen soll diesen Prozess ein wissenschaftliches Projekt mit
Experten aus ganz Deutschland, das die Cluster „Räumliches
Risikomanagement und Anpassung“ (Sprecher Prof. Jörn Birkmann, Institut
für Raumordnung und Entwicklungsplanung der Universität Stuttgart, IREUS)
und „Hochwasser-Risiko-Analysen“ (Sprecher Prof. Holger Schüttrumpf, RWTH
Aachen) umfasst. Mit beteiligt sind u.a. auch Forschende der Universität
Potsdam, des Deutschen GeoForschungsZentrums GFZ, des Helmholtz-Zentrums
für Umweltforschung UFZ, der TU Kaiserslautern, der Hochschule Koblenz
sowie weitere Praxispartner.

„Wir wollen zum Beispiel prüfen, wie man über die gesetzlich festgelegten
Überschwemmungszonen hinaus hochwasserangepasste Siedlungs- und
Infrastrukturen strategisch fördern kann. Dazu gehört die Frage, wie und
wo man Wassermassen ableiten kann, damit diese eben nicht zu zahlreichen
Opfern und massiven Schäden führen wie 2021“, erklärt Jörn Birkmann. Dies
könne unter anderem durch Notwasserwege oder die gezielte Ableitung von
Starkregen auf Sportplätze oder Freiflächen in Städten und Dörfern
geschehen. Zudem soll untersucht werden, welche Haushalte vom Fluss
wegziehen möchten und ob es in den jeweiligen Orten Wohnstandorte gibt,
die eine höhere Sicherheit gegenüber Extremereignissen bieten. Dabei geht
es nicht nur um die räumliche Exposition eines Standorts, sondern auch um
Fragen der Verwundbarkeit, erläutert Birkmann: „Einstöckige Schulgebäude
in direkter Nähe zu kleinen Flüssen zum Beispiel sind nicht hilfreich, da
Kinder – als besonders verwundbare Gruppe – im Fall der Fälle nicht in ein
höheres Stockwerk evakuiert werden können.“