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Pfiffige Ideen gefragt: Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) startet das Jahr 2022 mit einer neuen Förderinitiative. Gesucht sind Vorschläge, die einer umfassenden Kreislaufwirtschaft im Textilbereich den Weg bereiten.  Lea Kessens/DBU
Pfiffige Ideen gefragt: Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) startet das Jahr 2022 mit einer neuen Förderinitiative. Gesucht sind Vorschläge, die einer umfassenden Kreislaufwirtschaft im Textilbereich den Weg bereiten. Lea Kessens/DBU

Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) startet mit Beginn des
neuen Jahres einen spannenden Ideen-Wettbewerb – mit Aussicht auf
Förderbewilligungen für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU)
sowie Forschungseinrichtungen, wobei auch große Firmen und international
agierende Akteure beteiligt sein können. Bei der frischen DBU-
Förderinitiative für textile Kreisläufe dreht sich alles um eine Frage:
Wer kann mit innovativen technischen, wirtschaftlich realisierbaren
Vorschlägen oder mit neuartigen Bildungs- und Qualifizierungsformaten
punkten, um einem Ziel ein großes Stück näher zu kommen: einer Circular
Economy (CE), also einer erweiterten Kreislaufwirtschaft, im Textilsektor?
Bis zum 31. März können Projektskizzen bei der DBU hier eingereicht
werden: https://www.dbu.de/@TextileKreislaeufe.

Wie die Menschen mit den Ressourcen der Welt künftig umgehen, ist nach den
Worten von DBU-Generalsekretär Alexander Bonde „eine Schlüsselfrage für
den Erhalt des Planeten“. Der Textilindustrie fällt dabei eine zentrale
Rolle zu. Denn sie verursacht weltweit mehr Ausstoß an für die Atmosphäre
gefährlichen Treibhausgasen als alle internationalen Flüge und der
maritime Schiffsverkehr zusammen. Der Textilbereich sei, so Bonde, in
gewisser Weise symptomatisch für andere Bereiche der Weltwirtschaft,
überwiegend werde nach einem linearen Geschäftsmuster verfahren. „Aber ein
solches Handeln, das im Englischen auch als „take-make-waste“ bezeichnet
wird – also als ein Entnehmen, Verwenden und Verschwenden von Rohstoffen –
ist ein Auslaufmodell“, so der DBU-Generalsekretär weiter. Die
Transformation zu mehr Umwelt- und Ressourcenschutz gelinge nur dann,
„wenn wir lernen, nachhaltiges Wirtschaften in Kreisläufen zu denken.
Unser Ziel sollte sein, Produkte so lange wie möglich zu verwenden, zu
reparieren, zu recyceln und auch zu teilen.“

Pionierin für einen Paradigmenwechsel

Die Textilindustrie kann angesichts dieser Herausforderung zu einer
„Pionierin für einen Paradigmenwechsel“ werden, so Bonde. DBU-
Abteilungsleiter Dr. Maximilian Hempel erläutert: „Derzeit werden
Textilien fast ausschließlich aus frischen Fasern hergestellt.“ Eine
Circular Economy in der Textilwirtschaft finde bisher jedoch kaum statt.
Hempel: „Das führt zu erheblichen Umweltschäden – bedingt unter anderem
durch hohen Wasserverbrauch, den Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln
im konventionellen Baumwollanbau sowie umweltschädliche Abluft- und
Abwasseremissionen bei der Faserherstellung sowie der Textilveredelung.“
Eine Circular Economy hat nach seiner Einschätzung das Zeug, diese für die
Erde existenzgefährdenden Mechanismen zu durchbrechen. „Gemeinsam mit den
kreativen und innovativen Vorschlägen vor allem der mittelständischen
Wirtschaft wollen wir Wege freimachen für eine umfassende
Kreislaufwirtschaft. Circular Economy fängt schon beim Produktdesign an,
bei dem man bereits ans Recyceln denkt, und reicht von Müllvermeidung
übers Wiederverwenden bis hin zum Reparieren von Waren und Gütern“, so der
DBU-Abteilungsleiter. Er verweist in diesem Zusammenhang auf den
sogenannten „Resolve“-Ansatz, der sechs Stoßrichtungen einer CE-Strategie
umfasst. Das Kürzel steht für „regenerate“ (erneuerbare Ressourcen
nutzen), share (teilen), optimize (Abfallvermeidung), loop
(wiederverwerten), virtualize (ersetzen durch Digitalisierung) sowie
exchange (ressourcenschonende Alternativen als Ersatz).

Praxisnahe Vorschläge haben gute Chancen

Vor diesem Hintergrund will die aktuelle DBU-Förderinitiative für textile
Kreisläufe zu innovativen Ideen animieren, die zu ressourcenschonenden
Produkt-, Material- und Stoffkreisläufen beitragen. Als Projektskizzen
gefragt sind neben technischen und ökonomisch praktikablen Lösungen
explizit auch Neu-Entwicklungen für Bildungs- und Qualifizierungsformate,
die einer Circular Economy im Textilbereich zum Erfolg verhelfen können.
Besonders praxisnahe Vorschläge haben gute Chancen. Dabei kann es etwa
darum gehen, Altprodukte wiederzuverwenden, kreislauffähige
Materialinnovationen zu präsentieren, IT-basierte Lösungen fürs Teilen von
Waren und Gütern zu entwickeln oder neue Wege für eine kreislauffähige
Textil-Logistik, zum Beispiel inklusive Pfandsystem, digitaler
Kennzeichnung oder smarten Sammelbehältern zu erarbeiten.

Rund 100 Milliarden neue Kleidungsstücke – weltweit jedes Jahr

Neben der Tendenz zur Fast Fashion, also einer Mode, die immer billiger
und schneller produziert und dazu verleitet, Kleidungsstücke bereits nach
ein- oder zweimaligem Gebrauch zu entsorgen, verdeutlicht eine
Untersuchung der Ellen MacArthur-Stiftung, wie groß der Handlungsbedarf im
Textilbereich ist: Von den jährlich weltweit rund 100 Milliarden
hergestellten Kleidungsstücken wird lediglich ein minimaler Anteil in den
Wirtschaftskreislauf zurückgeführt – knapp zwölf Prozent.