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Der Kohlenstoffkreislauf ist ein hochsensibles System. Geringe Veränderungen können das Klima nachhaltig beeinflussen.  Max-Planck-Institut Jena  public domain
Der Kohlenstoffkreislauf ist ein hochsensibles System. Geringe Veränderungen können das Klima nachhaltig beeinflussen. Max-Planck-Institut Jena public domain

Der Klimawandel wird durch die Bindung von Kohlenstoff im Ozean
fundamental beeinflusst. Der gelöste organische Kohlenstoff wird durch
mikrobiellen Stoffwechsel und ökologische Prozesse erzeugt und umgesetzt –
das Phänomen ist als mikrobielle Kohlenstoffpumpe bekannt. Forschende
unter Beteiligung des Helmholtz-Zentrums Hereon haben festgestellt: Diese
Pumpe hat weit mehr Hebelwirkung als angenommen. Ihre jahrelang gesammelte
Expertise haben sie nun im Journal Nature Review Microbiology
veröffentlicht.

Der Ozean ist seit jeher ein Regulator des Klimageschehens. Die neuen
Erkenntnisse der Forscher: Erstens ist die mikrobielle Kohlenstoffpumpe
(MCP) wohl ein weit bedeutsamerer Hebel für den Klimawandel als
angenommen. Denn betrachtet man das globale Kohlenstoffreservoir, ist im
Ozean über 50 mal so viel gelöstes CO2 als es CO2 in der Atmosphäre gibt.
Das heißt kleine Änderungen im Ozean sind für denselben kaum spürbar,
können aber in der Atmosphäre dramatische Auswirkungen haben.

Zweitens: Bakterien und Viren spielen in der Tiefe des Ozeans eine große
Rolle, was das Reservoir von refraktärem, d.h. stabilen gelöstem
organischem Kohlenstoff (RDOC) angeht. Und drittens: Zöge man die
Modellierung hinzu, könnten die Prozesse in tieferen Meeresgefilden besser
verstanden werden. Die Forscher haben auch beobachtet, dass jene Prozesse
in Küstenregionen eine größere Rolle spielen als auf hoher See.

Kleine Pumpe, großer Einfluss

Generell gilt: Wenn Algen im Meer nach unten sinken und dort von Bakterien
und Viren zersetzt werden, entsteht CO2, und zu einem geringen, aber
wichtigen Teil, refraktäre, gelöste organische Kohlenstoffverbindungen.
Diese werden je nach den Bedingungen jahrhundertelang in der Wassersäule
gespeichert oder als CO2 in die Atmosphäre abgegeben.

Als marine Kohlenstoffpumpe wird ganz allgemein bezeichnet, dass das CO2,
in die Tiefen des Ozeans gelangt und dort gespeichert wird. Bei der
mikrobiellen Variante als ein Teil dieser marinen Kohlenstoffpumpe
passiert das über organischen Stoffwechsel und ökologische Prozesse.

Geringe Änderungen haben starke Auswirkungen auf die atmosphärischen
CO2-Gehalte und somit das Klima. Weiter ist die Kohlenstoffpumpe für
klimatische und menschengemachte Einflüsse empfänglich. Gelangen über die
Flüsse mehr Nährstoffe – etwa aus Fäkalien oder Düngemitteln – in die
Meere, wird Sauerstoff verbraucht, CO2 emittiert und auch die Stabilität
des gelösten organischen Kohlenstoffs beeinflusst. Neben der Pumpe als
Schlüsselprozess bleibt die Erderwärmung ein entscheidender Faktor, denn
sie beeinflusst unter anderem den Sauerstoff im Ozean und somit die Pumpe.

Entscheidende Fortschritte für das Forschungsgebiet

Die Einblicke in die molekulare Struktur des gelösten organischen
Kohlenstoff gehören zu den wesentlichen Fortschritten in der chemischen
Ozeanographie und damit der Studie, die durch hochauflösende
Analysemethoden möglich wurden. „In dieser Studie stecken mehr als zehn
Jahre Arbeit.

Sie ist ein weiteres Puzzleteil, den Kreislauf zu verstehen“, sagt Prof.
Helmuth Thomas, Leiter des Hereon-Instituts für Kohlenstoffkreisläufe, der
mit rund 30 Forschenden Erstautor Dr. Jiao Nianzhi von der chinesischen
Xiamen University unterstützte. „Es bestehen aber nach wie vor Fragen im
Verständnis der Mechanismen und ihren Wechselwirkungen. Um diese zu
beantworten, sind Beobachtungen in der realen Welt, experimentelle und
Modellstudien sowie Simulationen mit digitalen Zwillingen nötig“, so
Thomas weiter.

Mit weiteren Datenerhebungen könnten künftige Studien Wechselwirkungen
zwischen Mikroorganismen über Modellierung weiter entschlüsseln. Modelle
können die Auswirkungen des Klimawandels gezielter und ungezielter
menschengemachter Einflüsse aufzeigen. Weiter kann maschinelles Lernen
geologische Szenarien und Projektionen der Kohlenstoffspeicherung sichtbar
machen. Am Ende könnte die mikrobielle Kohlenstoffpumpe so noch besser
verstanden werden.