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Die Goldfunde aus dem Fürstengrab von Leubingen und die Funddokumentation aus dem Jahr 1877.  Juraj Lipták
Die Goldfunde aus dem Fürstengrab von Leubingen und die Funddokumentation aus dem Jahr 1877. Juraj Lipták

Das Landesmuseum für Vorgeschichte Halle (Saale) präsentiert nicht nur
selbst regelmäßig Ausstellungen mit hochkarätigen Leihgaben wie aktuell
die Schau ›Magie – Das Schicksal zwingen‹. Objekte aus der Sammlung des
Landesmuseums sind auch im Ausland gefragt – kaum eine Ausstellung zur
europäischen Bronzezeit kommt ohne Funde aus Sachsen-Anhalt aus. Am 26.
März 2024 startet nun im Museo Arqueológico Provincial de Alicante (MARQ)
in Spanien die bislang größte Ausstellung zur Frühbronzezeit auf der
iberischen Halbinsel – mit zahlreichen Leihgaben aus Halle und unter reger
Beteiligung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Landesamtes
für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt.

Die Bronzezeit – eine internationale Epoche

Die Bronzezeit ist die erste internationale Epoche der europäischen
Vorgeschichte. Während Kupfer vielerorts zu finden war, ist Zinn als
weiterer Bestandteil von Bronze nur in wenigen Regionen Europas vorhanden.
Der Bedarf an Rohstoffen führte ab der Frühbronzezeit zur Etablierung
überregionaler Handelsnetzwerke. Die Kontrolle über Erzlagerstätten, über
andere begehrte Materialien und die Transportwege waren wichtige Faktoren
bei der Herausbildung von gesellschaftlicher Ungleichheit, Herrschaft und
Krieg. Nicht zuletzt wird in dieser Epoche das Schwert erfunden, eine
Waffe, die ausschließlich dem Töten von Menschen dient.

In Mitteleuropa ist die Frühbronzezeit die Zeit der Aunjetitzer Kultur, zu
der die reich ausgestatteten monumentalen Fürstengrabhügel von Leubingen
und Helmsdorf sowie der in den letzten Jahren intensiv untersuchte
Bornhöck gehören. Die Himmelsscheibe von Nebra, die astronomisches Wissen
codiert, das zur Erstellung von Kalendern genutzt werden konnte,
kennzeichnet die Fürsten der Aunjetitzer Kultur als mächtige Herren über
die Zeit. Gesichert wurde ihre Macht von Armeen, deren Waffenausstattung
sich in den großen Beilhortfunden der Frühbronzezeit wiederfindet.

Zeitgleich entstehen mit der El Argar-Kultur auf der iberischen Halbinsel
und der Otomani-Füzesabony-Kultur des Karpatenbeckens weitere frühe
Herrschaftszentren. Diesen Phänomenen, ihren Verbindungen und spezifischen
Ausprägungen, widmet sich vom 26. März bis 13. Oktober 2024 in europäisch-
vergleichender Perspektive die Ausstellung ›Dinastías. Los primeros reinos
de la Europa prehistórica‹ (Dynastien. Die ersten Königreiche im
vorgeschichtlichen Europa) im Museo Arqueológico Provincial de Alicante
(MARQ) Alicante, Spanien, die in enger Kooperation mit dem Landesmuseum
für Vorgeschichte entstand. Zahlreiche hochkarätige Funde aus
Mitteldeutschland werden damit nach den letzten großen Schauen am British
Museum in London und dem Drents Museum Assen erneut ein internationales
Publikum begeistern. Auch an der umfangreichen wissenschaftlichen
Begleitpublikation zur Ausstellung waren Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler des Landesamts für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-
Anhalt maßgeblich beteiligt.

Ein Schwert aus dem Hort der Himmelsscheibe von Nebra als Highlight

Das Highlight unter den Leihgaben ist eines der Schwerter aus dem Hort mit
der Himmelsscheibe von Nebra. Seit die Himmelsscheibe 2002 erstmals im
Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle (Saale) präsentiert wurde, ist sie
nicht nur zum Aushängeschild des Landesmuseums, sondern auch zu einer
unverwechselbaren kulturellen Leitmarke des Landes Sachsen-Anhalt und zu
einem Wahrzeichen der Archäologie ganz Deutschlands geworden. Im Jahr 2013
wurde sie mit der Aufnahme in das Memory of the World-Register der UNESCO
zudem in den Rang eines Weltdokumentenerbes erhoben. In Alicante werden
neben dem originalen Schwert auch eine Kopie der Himmelsscheibe und eine
Kopie des zweiten Schwerts des Hortfunds zu sehen sein.

Einen weiteren Höhepunkt der Ausstellung bilden die Beigaben aus dem
Fürstengrab von Leubingen. Bereits im Jahr 1877 durch den Jenaer Professor
Friedrich Klopfleisch im Auftrag der Historischen Kommission der Provinz
Sachsen ausgegraben, stellt der in Thüringen gelegene Großgrabhügel eines
der beeindrucktesten Bestattungsensembles der mitteleuropäischen
Frühbronzezeit dar. Im Hügel befand sich unter einer mächtigen
Steinschüttung von 2,5 m Dicke eine zeltförmige Totenhütte aus
Eichenbalken. Auf dem sorgfältig mit Steinen und Holzdielen ausgelegten
Boden war ein älterer Mann in gestreckter Rückenlage beigesetzt worden.
Das Grabinventar bestand aus einem großen Keramikgefäß, einem
neolithischen Schuhleistenkeil aus Serpentin, einem Ambossstein, drei
Dolchen, einem Stabdolch, zwei Beilen und drei Meißeln aus Bronze sowie
Goldschmuck: zwei Ösenkopfnadeln, zwei Noppenringe, ein Spiralröllchen und
ein Armring. Diese Funde sind nun, neben weiteren Leihgaben, in Alicante
zu sehen.

Das Landesmuseum für Vorgeschichte – Botschafter Sachsen-Anhalts in der
Welt

Das Landesmuseum für Vorgeschichte hat sich durch seine herausragenden
Fundobjekte, seine aufwendig inszenierten Ausstellungsprojekte und nicht
zuletzt sein Engagement im nationalen und internationalen Austausch mit
Kollegen großes Renommee erworben. Dies zeigt sich unmittelbar in dem
großen Vertrauen, das andere Institutionen bei der Ausleihe wertvollen und
einzigartigen Fundguts in das Landesmuseum setzen. Zuletzt begeisterten
etwa zwischen dem 4. Juni 2021 und dem 9. Januar 2022 im Rahmen der
Landesausstellung ›Die Welt der Himmelsscheibe von Nebra – Neue Horizonte‹
400 hochrangige, teilweise noch nie in Deutschland gezeigte Exponate und
Exponatgruppen von 50 Leihgebern aus 14 Ländern 60.000 Besucher in Halle.
Auch in der aktuellen Sonderausstellung ›Magie – Das Schicksal zwingen‹
finden sich hochkarätige Leihgaben von 44 Institutionen aus sieben Ländern
(weitere Informationen unter https://www.landesmuseum-
vorgeschichte.de/sonderausstellungen/magie-das-schicksal-zwingen.html).

Ebenso gefragt sind die Exponate des Landesmuseums aber auch immer wieder
bei großen Ausstellungsprojekten im In- und Ausland. Gerade zur
europäischen Bronzezeit gab es in den letzten Jahrzehnten keine große
Schau, die ohne Leihgaben aus Sachsen-Anhalt ausgekommen wäre. So lockte
die Londoner Ausstellung ›The world of Stonehenge‹ (17. Februar 2022 - 17.
Juli 2022) mit der Himmelsscheibe von Nebra und weiteren hochkarätigen
Funden des Landesmuseums wie dem Ornat der Schamanin von Bad Dürrenberg
mehr als eine Viertelmillion Besucher in das British Museum in London. Das
Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle (Saale) ist damit ein wichtiges
kulturelles Aushängeschild Sachsen-Anhalts in der Welt.

Mit dem MARQ Alicante ist das Landesmuseum bereits seit vielen Jahren
durch das European Exhibition Network (EEN,
www.europeanexhibitionnetwork.eu) verbunden, dem insgesamt zehn größere
europäische Museen aus Deutschland, den Niederlanden, Spanien, Wales,
Dänemark, Österreich, Liechtenstein und Belgien angehören, die
internationale Kooperationen zur Förderung eines tieferen Verständnisses
und gemeinsamer Wertschätzung vergangener und heutiger Kulturen in
Ausstellungen zu Archäologie, Kunst und Geschichte anstreben. Die
gegenseitige Unterstützung bei großen Wechselausstellungen in den
jeweiligen Häusern unterstreicht diesen Anspruch.

Weitere Informationen zur Ausstellung in Alicante bietet die Website des
MARQ: https://www.marqalicante.com/dinastias/

Weitere Informationen zur Himmelsscheibe von Nebra, dem Fürstengrab von
Leubingen und der Aunjetitzer Kultur bieten das eMuseum Himmelswege
(https://www.emuseum-himmelswege.de/) und das umfangreiche Filmprogramm
des Landesmuseums auf YouTube unter
www.youtube.com/c/LandesmuseumfürVorgeschichteHalle oder auf der Website
des Landesmuseums (https://www.landesmuseum-vorgeschichte.de/).