Pin It

Eine Zahl, unvorstellbar und monströs: Sechs Millionen Menschen wurden von
den Nazis ermordet. Jeder von ihnen hat eine ganz eigene Lebensgeschichte.
Die Schicksale von elf jüdischen Coburgerinnen und Coburgern zeigt die
Ausstellung „Da49, Da512 – Züge in den Tod“. Im April ist sie an der
Hochschule Coburg zu sehen.

Seit 1933, dem Beginn ihrer radikal nationalistischen und vom
gewalttätigen Rassenwahn geprägten Diktatur, hatten die Nazis den Juden in
Deutschland die wirtschaftliche, berufliche und die bürgerliche Existenz
geraubt. Mit der Verschleppung in die todbringenden Konzentrationslager
raubten sie ihren Opfern zuletzt auch Individualität und Namen: KZ-
Häftlinge waren nur noch Nummern. Um an elf Coburger Opfer der
Deportationen des Jahres 1942 zu erinnern, haben Gaby Schuller und Dr.
Hubertus Habel aus dem Arbeitskreis „Lebendige Erinnerungskultur Coburg“
in Kooperation mit fachkundigen Kolleginnen und Kollegen aus Lichtenfels
und Kulmbach eine Ausstellung erarbeitet, deren coburgspezifische Fassung
im April an der Hochschule gezeigt wird. Die offizielle Eröffnung mit
Rahmenprogramm findet am Mittwoch, 10. April, statt. Die Ausstellung ist
eingebettet in einen Kurs der Hochschule Coburg zur Geschichte des
Holocaust und der langen Tradition jüdischen Lebens in Deutschland.
Insgesamt 5,6 bis 6,3 Millionen Menschen fielen dem Holocaust zum Opfer.
Die Ausstellung an der Hochschule Coburg verdeutlicht den Völkermord und
die Schicksale von elf jüdischen Coburgerinnen und Coburgern. Nachdem im
Herbst 1941 eine erste Deportationsserie stattgefunden hatte, unter
anderem mit dem „Frankentransport“ nach Riga-Jungfernhof, wurden in den
Jahren 1942/43 die noch verbliebenen Juden in Konzentrations- und
Vernichtungslager im östlichen Mitteleuropa verschleppt. Die meisten
wurden dort ermordet.

60 Reichsmark zahlten die Opfer für die Fahrt im Todeszug

Dem Sonderzug „Da49“ wurden in Bamberg am 25. April 1942 die Opfer aus
Unter-, Ober- und Mittelfranken „zugeladen“; 52 aus dem westlichen
Oberfranken, darunter fünf aus Coburg. Am Bamberger Bahnhof wurde der Zug
zum rollenden KZ. Mit etwa 1.000 Gefangenen war er zu 140 Prozent
überbelegt. Das Kürzel „Da“ war die Bahnkennung für „Deutsche Aussiedler“.
Die Bahn berechnete den normalen Fahrpreis von 4 Pfennig pro Person und
Kilometer, gewährte aber bei mehr als 400 Personen 50 Prozent
„Mengenrabatt“. Die Gestapo hatte sich das Geld von den Deportierten
geholt, die für die Fahrt in ihren Tod 60 Reichsmark zahlen mussten. Knapp
vier Tage später erreichte der Zug Krasnystaw bei Lublin, von wo aus der
Fußweg 17 Kilometer ins Transit-Ghetto Kràsniczyn führte. Vermutlich
Anfang Juni 1942 ermordete die SS sie in den Gaskammern des
Vernichtungslagers Sobibor. Dahinter steckte ein komplexes von SS und
Gestapo gesteuertes Täter-Netzwerk, das in den wesentlichen Grundzügen
während der sogenannten „Wannsee-Konferenz“ im Januar 1942 organisiert
worden war.
Am 9. Und 10. September 1942 wurden die letzten zwölf Juden aus
Oberfranken verschleppt, darunter sechs Coburgerinnen und Coburger: Die
bisher verbliebenen Älteren und während des ersten Weltkrieges
Ausgezeichneten aus ganz Franken sammelte die Gestapo an der
„Fäkalienverladestation“ der Stadt Nürnberg und schickte die 1.000 Opfer
mit dem Sonderzug „Da 512“ in das vorgebliche „Altersghetto“
Theresienstadt nördlich von Prag – in den „Stall vor dem Schlachthaus“,
wie es eine Überlebende treffend bezeichnet hat: Wer von den 140.000
hierher Deportierten nicht verhungerte, wie Frieda Reuter aus Hochstadt,
wurde später in die Vernichtungslager im heutigen Polen in den Tod
geschickt. Nur 51 der Deportierten von „Da 512“ überlebten, darunter Sali
Altmann aus Coburg.
Die Ausstellung thematisiert unter anderem Antisemitismus, Ghettos, die
Planung, die Transporte und die persönlichen Biografien der Coburger Opfer
über 80 Jahre nach ihrer Deportation. Elf Schicksale. Aus sechs Millionen.

Zur Ausstellung:
Zeit: Die Ausstellung ist von Montag, 8. April, bis Freitag, 19. April, zu
sehen. Kein Eintritt, keine Anmeldung, frei zugänglich während der
Öffnungszeiten der Hochschule Coburg: Mo - Fr: 6.30 bis 18 Uhr, Sa 7 bis
13 Uhr, So geschlossen.
Ort: Säulenhalle am Campus Friedrich Streib der Hochschule Coburg,
Friedrich-Streib-Str. 2, 96450 Coburg
Offizielle Eröffnung mit Rahmenprogramm: Mittwoch, 10. April, 17 Uhr