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Prof. Dr. Rolf J. Langhammer (https://www.ifw-kiel.de/de/expertinnen-und-
experten/rolf-j-langhammer/
), Handelsexperte am IfW Kiel, kommentiert die
Chinareise von Bundeskanzler Olaf Scholz.

„Bundeskanzler Scholz hat bei dieser Reise vor allem den Hut des deutschen
Kanzlers aufgehabt und die Interessen der deutschen Industrie vertreten.
In seinen öffentlichen Auftritten und nach dem, was über die nicht-
öffentlichen Gespräche bekannt ist, hat er es aber versäumt, die
europäische Linie noch deutlicher und stärker zu vertreten. Also die
handelspolitischen Instrumente des EU-Binnenmarktes gegen eine chinesische
Exportflut offensiv ins Spiel zu bringen. Er ist damit unter seinen
Möglichkeiten geblieben, denn dies hätte den deutschen Interessen nicht
geschadet, sondern im Gegenteil die Bereitschaft der Chinesen,
Zugeständnisse zu machen, erhöht.

Scholz hat trotz Kenntnis der massiven Industriesubventionen Chinas den
Schwerpunkt seiner Verhandlungen auf die Gleichbehandlung deutscher
Investoren und Produkte auf dem chinesischen Markt gegenüber einheimischen
Konkurrenten gelegt, nicht auf die Drohung der EU-Kommission,
Antisubventionszölle gegen chinesische Importe zu erheben.

Damit ist er vor allem Argumenten der deutschen Industrie gefolgt. Etwa,
dass auch deutsche Unternehmen vor Ort von Chinas Subventionspolitik
profitieren, oder dass die günstigen chinesischen (Vor-)Produkte sowohl
Kostenvorteile für die heimische Industrie bieten als auch deutsche
Konsumenten und Verarbeiter zum Kauf umweltschonender Güter anregen.
Außerdem fürchten deutsche Unternehmen Exportrestriktionen für  wichtige
Rohstoffe, sollte die EU tatsächlich Importzölle gegen China verhängen.

Diese Argumente sind aus gesamtwirtschaftlicher Sicht verständlich. Sie
tragen aber nicht der begründeten Sorge der EU-Kommission vor einer
Exportflut Chinas auf dem zur Zeit einzigen offenen Markt in der Welt, dem
EU-Binnenmarkt, Rechnung.“