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FAU-Chemiker erforschen Grundlagen für neuartiges organisches
Solarspeichermodul

Bislang erfolgt die Erzeugung und Speicherung elektrischen Stroms aus
Sonnenenergie in verschiedenen Geräten, was mit Wandlungsverlusten
verbunden ist. Das könnte sich bald ändern: Chemiker/-innen der Friedrich-
Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) sowie anderer
Forschungseinrichtungen in Deutschland, Australien, Großbritannien,
Italien, Schweden und den USA untersuchen ein Kohlenwasserstoff-Molekül,
das Sonnenlicht wahlweise in elektrischen Strom umwandeln oder die Energie
über lange Zeit in chemischer Form speichern kann. Auf dieser Basis
könnten völlig neue organische Solarmodule entwickelt werden. Die
Grundlagen zur Umwandlung und Speicherung durch das Molekül wurden im
renommierten Fachjournal „Nature Chemistry“ veröffentlicht.*

Sonnenenergie ist und bleibt einer der großen Hoffnungsträger der
Energiewende. Weil Sonnenlicht jedoch eine hoch volatile Energiequelle
ist, muss die Frage der effizienten Speicherung gelöst werden. „Bislang
leiten wir den Strom, den wir nicht unmittelbar verbrauchen, aus dem
Solarmodul in eine Batterie, aus der er bei Bedarf entnommen wird“, sagt
Prof. Dr. Julien Bachmann, Inhaber des Lehrstuhls für Chemistry of thin
film materials (CTFM) an der FAU. „Durch den mehrfachen Wechsel zwischen
chemischer und elektrischer Energie gehen bei der Batteriespeicherung
mindestens 30 Prozent der ursprünglich umgewandelten Energie verloren.“

Gemeinsam mit Michael Bosch, Promotionsstudent am Lehrstuhl CTFM, will
Bachmann einem bekannten Material eine neue Eigenschaft entlocken, nämlich
das Sonnenlicht je nach Bedarf entweder in elektrische Energie umzuwandeln
oder selbst zu speichern. Dabei handelt es sich um Norbornadien, ein
sogenanntes Kohlenwasserstoff-Isomer, das aus zwei Molekülringen besteht.
Wird Norbornadien mit ultraviolettem Licht bestrahlt, wandelt es sich
durch partielle Neuordung der Atombindungen in das ähnlich aufgebaute,
aber energiereichere Quadricyclan um. „Die Umwandlung selbst ist bekannt,
bislang konzentrierte die Forschung sich jedoch auf die Rückgewinnung der
gespeicherten Energie in Form von Wärme“, erklärt Bachmann. „Neu ist, dass
wir den Prozess so kontrollieren wollen, dass die gespeicherte Energie nun
auch als elektrischer Strom abrufbar ist, und das sogar noch Monate
später.“

Noch sind die physikalisch-chemischen Grundlagen für die Übergänge
zwischen den Isomeren nicht vollständig verstanden. Um das zu ändern,
beobachteten Forschende aus Australien, Großbritannien, Italien, Schweden
und den USA zusammen mit den FAU-Kollegen die Elektronenzustände
zeitaufgelöst mit der Photoelektronenspektroskopie. Bachmann: „Je mehr wir
über die Dynamik von foto- und elektrochemisch ausgelösten
Transformationen wissen, umso besser können wir das Moleküldesign auf die
gewünschten Funktionen ausrichten.“ Ziel der künftigen Forschung ist es
etwa, nicht nur ultraviolette Strahlung, sondern ein breites Spektrum des
Sonnenlichts für die Elektronenanregung zu nutzen. „Das Potenzial ist
groß“, erklärt Julien Bachmann. „Die reine Energiedichte des Norbornadien-
Quadricyclan-Systems ist mit der einer Lithium-Ionen-Batterie
vergleichbar.“

Sollte es gelingen, die reversible Norbornadien-Quadricyclan-Umwandlung
zuverlässig zu kontrollieren, stünde nicht nur ein effizientes Solarmodul
zu Verfügung, das zugleich Stromspeicher ist. Das organische, auf
Kohlenwasserstoffen basierende Material wäre darüber hinaus kostengünstig
zu produzieren, käme ohne seltene Metalle aus und ließe sich am Ende des
Produktlebens einfach und umweltgerecht entsorgen oder recyceln.

* https://doi.org/10.1038/s41557-023-01420-w