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Bankenviertel in FrankfurtDie von EZB-Chef Mario Draghi versprochenen Dauer-Niedrigzinsen setzen deutsche Kreditinstitute massiv unter Druck. Neun von zehn Geldhäusern bewerten die aktuelle Zinspolitik im Euroraum derzeit als maßgebliche Herausforderung im Bankgeschäft. 54 Prozent der Entscheider messen diesem Thema höchste Bedeutung bei. Zum Vergleich: Mit 37 Prozent folgt die Regulierung der internationalen Finanzmärkte erst an zweiter Stelle. Das sind die Ergebnisse der Studie "Bank und Zukunft 2013" des Fraunhofer Instituts in Kooperation mit der UnternehmensberatungQ_PERIOR. Mehr als 460 Vorstände und Führungskräfte wurden befragt.

Das niedrige Zinsniveau entwickelt sich insbesondere im Kreditgeschäft zu einer ernsthaften Bedrohung für deutsche Banken. "Die Margen bei der Kreditvergabe haben sich seit Beginn der Finanzkrise erheblich reduziert", sagt Thomas Vogt, Partner bei Q_PERIOR. "Gleichzeitig versperren verschärfte Eigenkapitalregeln im Zuge von Basel III den Weg zu risikoreicheren Investments mit besserem Ertrag. Denn die Institute müssen mehr Eigenkapital bereitstellen, um Kredite mit hohem Ausfallrisiko abzusichern. Neue Liquiditätsstandards, steigende Anforderungen an die Qualität des Eigenkapitals und eine Verschuldungsobergrenze schränken zukünftig die insgesamt verfügbare Kreditmenge zusätzlich ein."

Sechs von zehn Instituten arbeiten derzeit mit hoher Priorität an der Umsetzung dieser regulatorischen Auflagen. Im Fokus stehen neben neuen Vorschriften zum Eigenkapital umfangreiche Berichtspflichten, die hohe Investitionsbedarfe in die bestehenden Banksysteme mit sich bringen. "Allein die Umstellung der Bilanzen nach dem deutschen Handelsgesetzbuch auf den international gültigen Standard IFRS hat die Geldhäuser mehrere Millionen Euro gekostet", so Bankenexperte Vogt. "Die Umsetzung regulatorischer Pflichten wirft jedoch keinen zusätzlichen Ertrag ab und trägt zur weiteren Entwicklung des Geschäftsmodells nichts bei. Compliance verursacht aus betrieblicher Sicht zunächst nur Kosten, die sich ebenfalls negativ auf die Marge auswirken."

Vor diesem Hintergrund überrascht die verhältnismäßig geringe Bereitschaft der Kreditinstitute, Kunden durch innovative Leistungen an das eigene Haus zu binden. Mehr als zwei Drittel der Entscheider planen zwar, sich verstärkt um ihre Kunden zu kümmern. Mit 30 Prozent steht die Verbesserung der Interaktion zwischen Bank und Kunde auf der Prioritätenliste jedoch erst an sechster Stelle. Nur 26 Prozent der Geldhäuser setzt auf bessere Zugänge zu Bankangeboten - und gerade mal ein knappes Viertel möchte neue Geschäftsmodelle im Web 2.0 vorantreiben. Dazu Thomas Vogt: "Die Institute riskieren viel. Wer sich einmal mit den Online-Portalen von Direktbanken angefreundet hat, kehrt nur selten zur ehemaligen Hausbank zurück."

(ots) / Bild: Thomas Wolf (CC BY-SA 3.0)