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Die Bundesregierung will mit einem neuen Einwanderungsgesetz mehr
Fachkräfte aus Drittstaaten nach Deutschland holen. Ob das gelingt, hängt
vor allem von begleitenden Maßnahmen ab.

Am 01. März tritt das neue Einwanderungsgesetz in Kraft, das die große
Koalition im Sommer 2019 nach jahrelangem Hin und Her als Teil des
sogenannten Migrationspakets verabschiedet hat. Das Gesetz bestimmt in
erster Linie den Zuzug von Fachkräften aus Drittstaaten außerhalb der EU.

Die Bundesregierung setzt mit dem neuen Gesetz einige Maßnahmen um, die
das Berlin-Institut bereits vor vier Jahren in der Studie „Internationale
Arbeitskräfte einstellen“ vorgeschlagen hat: Beispielsweise dürfen künftig
nicht nur Akademiker, sondern alle Personen mit einem anerkannten
Berufsabschluss, die einen Arbeitsvertrag vorlegen können, zum Arbeiten
nach Deutschland kommen. Auch die Gruppe derjenigen, die ohne einen
Arbeitsvertrag nach Deutschland kommen können, um hier für sechs Monate
nach einer Stelle zu suchen, wird ausgeweitet. Neben Akademikern betrifft
dies nun auch Personen mit anerkannter Berufsausbildung und junge
Schulabsolventen auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz.

Das neue Gesetz ist unzweifelhaft ein Schritt in die richtige Richtung. Ob
es die gewünschte Wirkung entfaltet – den Zuzug von Fachkräften aus
Drittstaaten deutlich zu steigern – wird maßgeblich von der Umsetzung
begleitender Maßnahmen abhängen, von denen die Bundesregierung einige in
ihrer Fachkräftestrategie angekündigt hat. „Wer Fachkräfte aus
Drittstaaten davon überzeugen will, zum Arbeiten nach Deutschland zu
kommen, muss ihre Zugangswege im Ausland konsequent bewerben und
transparent machen. Unternehmen müssen bei der Rekrutierung im Ausland
unterstützt werden“, so Catherina Hinz, Direktorin des Berlin-Instituts
für Bevölkerung und Entwicklung.

Die bürokratischen Verfahren müssen unkompliziert und zügig gestaltet
werden. Es ist äußerst kontraproduktiv, wenn potentielle Fachkräfte
teilweise erst nach Monaten einen Termin in der deutschen Botschaft
bekommen um ein Visum zu beantragen und im Anschluss noch einmal lange
Zeit auf die Anerkennung ihrer Qualifikation warten müssen. Die
Ankündigung, Fachkräfte schon im Ausland im Anerkennungsverfahren zu
unterstützen, muss konsequent umgesetzt werden. Und da in der Regel
bereits vor Einreise gute Deutschkenntnisse vorausgesetzt werden, muss
auch im Ausland die notwendige Kapazität an deutschen Sprachkursen gegeben
sein.

An manchen Stellen wäre mehr Mut bei der Formulierung des Gesetzes
wünschenswert gewesen – etwa angesichts einer Ausdehnung der
Aufenthaltserlaubnis zur Jobsuche von sechs auf zwölf Monate. Ein halbes
Jahr ist nicht viel Zeit, um in einem neuen Land einen neuen Job zu
finden. Auch wäre eine flexiblere Handhabung der Anerkennung ausländischer
Berufsabschlüsse wünschenswert gewesen. Personen, die zur Arbeitssuche
nach Deutschland kommen wollen, müssen zudem bereits vor der Einreise gute
deutsche Sprachkenntnisse nachweisen. Die Hürden für interessierte
Fachkräfte aus Drittstaaten liegen damit hoch.

Deutschland ist auf Arbeitskräfte aus dem Ausland angewiesen. Die
geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer gehen allmählich in Rente und die
Gesellschaft altert. Das belastet die Sozialsysteme und führt zu einem
Mangel an Fachkräften. Obwohl so viele Menschen arbeiten wie noch nie,
waren Ende 2019 über 1,4 Millionen Stellen in Deutschland unbesetzt.
Gerade im Bereich Pflege und Gesundheit, aber auch im MINT-Bereich und im
Handwerk fehlt schon heute oft der Nachwuchs.