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Prof. Dr. Andrea Ruppert, Leiterin des Instituts für Mixed Leadership (IML) der Frankfurt UAS.  Foto: Kevin Rupp/Frankfurt UAS
Prof. Dr. Andrea Ruppert, Leiterin des Instituts für Mixed Leadership (IML) der Frankfurt UAS. Foto: Kevin Rupp/Frankfurt UAS

Unternehmen müssen endlich ihre gesellschaftliche Verantwortung ernst
nehmen: Prof. Dr. iur. Andrea Ruppert nimmt Stellung zur Verschärfung des
Gesetzes für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an
Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst
(Führungspositionengesetz FüPoG)

Die große Koalition hat sich auf eine Verschärfung des Gesetzes für die
gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in
der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst (Führungspositionengesetz
FüPoG) geeinigt. Auch wenn die genaue Ausgestaltung noch unklar ist,
lassen die bekannt gewordenen Rahmenbedingungen keine großen Veränderungen
erwarten, befürchtet Prof. Dr. iur. Andrea Ruppert von der Frankfurt
University of Applied Sciences (Frankfurt UAS). „Die geplante Regelung
geht in die richtige Richtung, aber weiterhin gelten die Vorgaben für zu
wenige Unternehmen“, bemängelt die Leiterin des Instituts für Mixed
Leadership (IML) in ihrer Stellungnahme.

Die Frauenquote für Vorstände musste kommen, da die freiwillige
Selbstverpflichtung zur Erhöhung der Teilhabe von Frauen in
Führungspositionen in Form von Zielvorgaben – wie bisher im Ersten
Führungspositionengesetz geregelt – nicht funktioniert hat. Das Gesetz
verpflichtet bislang börsennotierte Unternehmen zwar, feste Zielgrößen für
die Steigerung des Anteils an Frauen in Vorständen festzulegen. Die
Zielgröße „Null“ ist aber auch erlaubt. „Die Unternehmen haben die
Herausforderung, die Beteiligung von Frauen in Führung selbst zu
gestalten, nicht angenommen“, resümiert Ruppert. Zu viele haben sich
selbst als Zielgröße Null gesetzt bzw. die gesetzliche Mindestforderung,
den bisherigen Status Quo nicht zu unterschreiten, festgeschrieben. Die
Vorteile und Chancen, die Vielfalt in der Zusammensetzung von Vorständen
mit sich bringen, werden offensichtlich von vielen Aufsichtsräten in
Deutschland nach wie vor nicht gesehen. Ruppert: „Die Unternehmen kommen
damit ihrer gesellschaftlichen Verantwortung nicht nach.“

Die bisherige Regelung der Frauenquote im Aufsichtsrat hat für die
Erhöhung der Beteiligung von Frauen in Vorständen wenig gebracht. Ihr
Anteil lag bei den börsennotierten Gesellschaften im September 2020 bei
nur 10,1 Prozent. Der Einfluss von Frauen in Aufsichtsräten ist zu gering,
um entscheidende Signale zu setzen. Die Bestellung von
Vorstandsmitgliedern erfolgt durch den Aufsichtsrat, in dem Frauen weniger
als ein Drittel der Mitglieder stellen. Nur selten sind sie in den
Ausschüssen vertreten, die die Beschlussvorlagen für den Aufsichtsrat
erarbeiten, und nur 5 Prozent Frauen haben den Aufsichtsratsvorsitz inne.¹

In der aktuellen Corona-Krise hat sich die Zahl der weiblichen Vorstände
sogar verringert. Unternehmen haben ihre Vorstände verkleinert, und dies
hat häufiger die weiblichen Vorstandsmitglieder getroffen, was zu einem
Rückgang der Beteiligungsquote auf den Stand von 2017 geführt hat. In den
USA, aber auch in unseren EU-Nachbarstaaten wurde die Corona-Krise
hingegen genutzt, um die Vielfalt in Führungsteams und insbesondere den
Frauenanteil zu erhöhen.
Rupperts Appell: „Die geplante gesetzlich vorgegebene Erweiterung der
Beteiligung von Frauen an Führung sollten alle deutschen Unternehmen als
Signal verstehen, ihre gesellschaftliche Verantwortung ernst zu nehmen und
damit auch die Gestaltungshoheit zurückzubekommen.“

¹Datenquelle: Allbright Bericht /September 2020, https://www.allbright-
stiftung.de

Zur Person:
Prof. Dr. iur. Andrea Ruppert ist seit 2003 Professorin für
Wirtschaftsprivatrecht mit besonderen Kenntnissen im Handels- und
Gesellschaftsrecht sowie Datenschutzrecht an der Frankfurt UAS. Von Januar
2007 bis Dezember 2009 war sie deren Vizepräsidentin für Studium und
Lehre. Ruppert forscht und lehrt seit vielen Jahren am Fachbereich
Wirtschaft und Recht zu Genderthemen im Kontext von Management und
Leadership. Die Juristin ist Geschäftsführende Direktorin des im Juni 2019
gegründeten Instituts für Mixed Leadership (IML).

Zum Institut Mixed Leadership IML):
Das Institut für Mixed Leadership (IML) bündelt die Forschung der
Frankfurt UAS zu den Themen innovative Führung, Wandel der Führungskultur
sowie Diversität als Erfolgsfaktor für Unternehmen und betreibt die
Akademie Mixed Leadership (AML). Ziel ist, über praxisnahe Forschung und
Weiterbildung dazu beizutragen, den Anteil von Frauen in
Führungspositionen zu erhöhen, die Akzeptanz von Männern für diverse
Führungsteams zu erhöhen und die Vorteile gemischt-geschlechtlicher sowie
diverser Führungsteams zu erkennen.