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Deutsche Unternehmen verlieren an Rentabilität, nachdem sie von chinesischen Investoren aufgekauft wurden
Deutsche Unternehmen verlieren an Rentabilität, nachdem sie von chinesischen Investoren aufgekauft wurden

Unternehmen in Deutschland sind nach wie vor beliebt bei chinesischen
Investoren. Auch die Pandemie hat nichts daran geändert, dass die Käufer
aus Fernost bei Akquisitionen mit Abstand Deutschland vor allen anderen
europäischen Ländern den Vorzug geben. Doch was passiert nach der
erfolgreichen Übernahme mit den ehemals attraktiven Unternehmen? Eine an
der WHU – Otto Beisheim School of Management entstandene Studie kommt zu
dem Ergebnis, dass viele im Anschluss deutlich weniger leistungsfähig und
rentabel arbeiten.

Düsseldorf/Vallendar. Firmen aus Schwellenländern nutzen internationale
Fusionen oder Übernahmen in Industrieländern dazu, um an strategische
Vermögenswerte und überlegene Technologien zu gelangen und so ihren
Wettbewerbsnachteil zu verringern. Dabei ist Deutschland weiterhin
deutlich im Fokus der Investoren aus China. Das Interesse gilt jedoch
nicht börsennotierten Großkonzernen, sondern Mittelständlern und Hidden
Champions. Die Felder der Akquisition passen zur politischen Agenda
Chinas: Bestimmte Schlüsselbereiche wie Robotik, Informationstechnologie
oder Medizintechnik stehen im Übernahme-Fokus, um auf diesen Gebieten eine
internationale Spitzenposition zu erlangen. Die Folgen der Corona-Pandemie
könnten diesen Trend sogar noch beschleunigen. Zu diesem Ergebnis kommt
die Arbeit „Overseas acquisitions by emerging-market firms in developed
markets and target firm performance – an empirical analysis of chinese
acquisitions in Germany” von Christina Brunner, die am Lehrstuhl für
Innovation und Corporate Transformation an der WHU – Otto Beisheim School
of Management entstanden ist.

Kern der Studie ist jedoch außerdem die Auswertung der Entwicklung der
Rentabilität deutscher Unternehmen, nachdem sie von chinesischen
Investoren übernommen wurden. In beinahe allen Fällen sank die
Leistungsfähigkeit in den folgenden Jahren. Weil Unternehmen einer
Vergleichsgruppe mit ähnlichem Geschäftsmodell sich auch bei mehrjähriger
Betrachtung deutlich besser entwickelten, kann die zurückgehende
Rentabilität nicht auf das Übernahme-Ereignis als Störung zurückgeführt
werden. Zusätzlich entwickelten sich deutschen Firmen mit ähnlicher
Struktur, die von österreichischen Unternehmen übernommen wurden,
wesentlich besser. Die abnehmende Rentabilität steht damit nachweislich im
Zusammenhang mit der Herkunft des Investors.

Warum chinesische Übernahmen und Fusionen in Deutschland häufig negative
Konsequenzen für die Zielunternehmen mit sich bringen, hat verschiedene
Ursachen: Einerseits werden überlegene Technologien oder Know-how
absorbiert, ohne eigenes Wissen in die Firma zu transferieren, was die die
Leistungs- und Wachstumschancen verringert. Zudem werden Standorte
teilweise ins Ausland verlagert, oder die Investoren haben keine Erfahrung
im Geschäftsfeld des übernommenen Unternehmens. Weiterhin werden sie in
Deutschland mit völlig anderen Geschäftspraktiken und institutionellen
Rahmenbedingungen konfrontiert. Schließlich können unterschiedliche
Managementstile zu Misstrauen führen, und weil die Deutschen die
chinesische Unternehmensstruktur häufig nicht durchdringen, sind
Verantwortlichkeiten oft nicht eindeutig verteilt und die
Entscheidungswege unklar.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Christina Brunner
Christina Brunner ist Projektleiterin bei der AUDI AG und dort für die
erfolgreiche Industrialisierung von Automobilprojekten mit dem Joint
Venture FAW-VW in China verantwortlich. Sie schließt derzeit ihre
Promotion an der WHU – Otto Beisheim School of Management unter der
Betreuung von Prof. Dr. Serden Özcan ab. Ihr Forschungsschwerpunkt liegt
auf M&A durch chinesische Investoren in entwickelten Märkten und deren
Implikationen für die Zielunternehmen. Bitte richten Sie Ihre Anfragen an:
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Originalpublikation:
Brunner C. (2020): Overseas acquisitions by emerging-market firms in
developed markets and target firm performance – an empirical analysis of
chinese acquisitions in Germany: WHU – Otto Beisheim School of Management,
unveröffentlichte Arbeit.