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Nachhaltigkeit ist derzeit das bestimmende Thema in der Kapitalanlage.
Obgleich institutionelle Investoren schon seit einigen Jahren ihre
Investmentstrategie an Nachhaltigkeitskriterien ausrichten, nimmt das
Thema für private Investorinnen und Investoren erst in den letzten Monaten
richtig an Fahrt auf. Fonds, die nachhaltig investieren, sind immer
gefragter. Für Anlagenberater ist es ab dem kommenden Jahr sogar
verpflichtend, Kundinnen und Kunden zu befragen, ob ihnen das Thema
Nachhaltigkeit wichtig ist, um entsprechende Präferenzen in den
Empfehlungen zu berücksichtigen.

Prof. Dr. Andreas Walter, Leiter des Lehrstuhls für Finanzdienstleistungen
an der Universität Gießen, sieht mehrere Aspekte, die bei nachhaltiger
Kapitalanlage zu beachten sind.

Nachhaltige Kapitalanlage ist mehr als Klimaschutz
Was genau ist unter Nachhaltigkeit zu verstehen? Gemeinhin wird das Thema
Nachhaltigkeit mit Klimaschutz gleichgesetzt. In der Kapitalanlage umfasst
das Thema jedoch weitere Kriterien, die sog. ESG-Kriterien. Dabei steht E
für Environmental, also Umweltaspekte, S für Social, also soziale Belange
und G für Governance, die Grundsätze guter Unternehmensführung.

Gefahr des Greenwashings
Private Investorinnen und Investoren, die den Klimaschutz durch ein
Investment in einen nachhaltigen ESG-Fonds befördern wollen, sind häufig
überrascht, in welche Unternehmen diese Fonds dann tatsächlich
investieren. So sind bspw. derzeit die drei größten Positionen im
UniNachhaltig Aktien Global der Union Investment die Unternehmen Apple,
Microsoft und Amazon − Unternehmen, die bisher nicht unmittelbar mit dem
Klimaschutz assoziiert werden. Dieses Auseinanderfallen von Erwartungen an
nachhaltige Fonds und dem aktuellen Angebot ist entgegenzutreten, in dem
wirkliche Impact Fonds angeboten werden, die nicht nur in CO2-arme
Unternehmen investieren, sondern sich aktiv für den Klimaschutz einsetzen.
Ansonsten besteht die Gefahr des sog. Greenwashings.

Gibt es eine Blasenbildung bei nachhaltigen Unternehmen?
In der BWL wird derzeit diskutiert, ob man durch ein nachhaltiges
Investieren nicht nur Gutes tun, sondern auch eine überlegene
Anlageperformance erzielen kann. Auf der einen Seite spricht für ein
nachhaltiges Investment, dass Nachhaltigkeitsrisiken reduziert werden
können. Bspw. besteht nur bei einem Ölkonzern das spezifische Risiko, dass
eine Bohrinsel havarieren könnte. Ein Investment in einen
Windkraftanlagebetreiber kann ein solches Risiko ausschließen. Auf der
anderen Seite ist auch die erwartete Rendite ausschlaggebend. Durch den in
jüngster Zeit sehr starken Run auf nachhaltige Aktien sind deren Preise
stark gestiegen. Im Umkehrschluss werden Aktien von nicht-nachhaltigen
Unternehmen stark verkauft, so dass deren Kurse gefallen sind. Die Frage
ist, ob es zu einer Blasenbildung bei grünen Unternehmen kommt oder ob der
wahre Wert dieser Unternehmen gerade erst ermittelt wird, da
Nachhaltigkeitsrisiken immer stärker eingepreist werden.

Professor Walter ist einer von über 170 VHB experts des Verbands der
Hochschullehrer für Betriebswirtschaft e.V. (VHB). Mit rund 2.800
Mitgliedern ist der Verband eine wachsende, lebendige Plattform für
wissenschaftlichen Austausch, Vernetzung und Nachwuchsförderung in allen
Bereichen der BWL und darüber hinaus.