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Der globale Handel stabilisiert sich zum Jahresausklang. Das jüngste
Datenupdate des Kiel Trade Indicator für den Monat Dezember zeigt
insbesondere für die EU und für Deutschland nach eher schwachen Monaten
wieder ein positiveres Bild (Monat-zu-Monat, preis-/saisonbereinigt). Die
Menge verschiffter Container ist infolge einer schwachen Weltkonjunktur
aber deutlich rückläufig, das IfW Kiel präsentiert dazu erstmals Zahlen
auf Monatsbasis. In Russland legen wieder mehr internationale
Containerschiffe an.

Das jüngste Datenupdate des Kiel Trade Indicator signalisiert für den
Welthandel im Dezember mit plus 0,9 Prozent etwas mehr Aktivität als im
Vormonat (preis- und saisonbereinigt).

Deutschlands Außenhandel führt im Dezember die Seitwärtsbewegung der
vergangenen Monate fort. Der Wert für die Exporte zeigt ein Plus (+2,3
Prozent), für die Importe allerdings ein Minus (-1,5 Prozent). Eindeutiger
ist das positive Bild für die EU, wo sowohl die Exporte (+2,7 Prozent) als
auch die Importe (+2,6 Prozent) im grünen Bereich liegen.

Für die USA signalisiert der Kiel Trade Indicator im Vergleich zum
November einen Zuwachs der Exporte (+1,5 Prozent) und einen Rückgang der
Importe (-4,7 Prozent).

In China sind bislang keine Folgen durch die neue Covid-Infektionswelle im
Dezember und die Lockerungen im Umgang mit dem Virus zu beobachten. Das
Minus der Exporte (-2,4 Prozent) liegt innerhalb der normalen Schwankung
und bedeutet für das vierte Quartal insgesamt eine Seitwärtsbewegung. Die
Importe liegen sogar im Plus (+4,8 Prozent).

Russlands Handel bleibt unter Druck, der Kiel Trade Indicator zeigt
Rückgänge sowohl bei Exporten (-2,5 Prozent) als auch bei Importen (-4,4
Prozent) an.

„Insgesamt stabilisiert sich der globale Handel, was angesichts immer noch
bestehender Rezessionsängste ein gutes Zeichen ist. Chinas Wirtschaft
könnte in den kommenden Monaten durch die Aufhebung der Null-Covid-Politik
einen positiven Impuls erhalten“, sagt Vincent Stamer, Leiter des Kiel
Trade Indicator.

„Der deutsche Außenhandel kann angesichts widriger Umstände auf ein
erfolgreiches Jahr 2022 zurückblicken, weder die Lieferengpässe noch
Russlands Angriffskrieg haben zu entscheidenden Einbrüchen geführt. Wenn
2023 die Weltkonjunktur ihre Schwächephase überwunden hat, dürfte dies
auch dem deutschen Außenhandel zusätzlichen Auftrieb verleihen.“

Seehandel rückläufig, neue Grafik zeigt Containermenge auf Monatsbasis

Die Abkühlung der Weltwirtschaft hinterlässt im Seehandel deutliche
Spuren. Seit Anfang 2022 ist die Menge an verschifften Containern deutlich
von über 14 Millionen auf aktuell gut 13 Millionen gefallen (20-Fuß-
Standardcontainer). Das IfW Kiel schätzt diesen Wert erstmals auf
Monatsbasis, bisher waren nur Jahresdaten verfügbar. Grundlage der
Berechnung sind weltweite Schiffspositionsdaten in Echtzeit auf offener
See sowie an über 1.200 Häfen, die Auslastung der Containerschiffe wird
anhand des Tiefgangs gemessen.

Im Roten Meer, der wichtigsten Seehandelsroute zwischen Europa und Asien,
liegt die Frachtmenge momentan 17 Prozent unter dem Niveau vor Ausbruch
der Corona-Pandemie. Die Lücke erklärt sich neben einer verminderten
Handelsaktivität auch dadurch, dass Exporteure angesichts stark
gestiegener Frachtraten und niedriger Pünktlichkeit wohl auf alternative
Transportmöglichkeiten, etwa Güterzüge, ausgewichen sind.

Russland steigert Seehandel

In Russland legen wieder mehr internationale Containerschiffe an. Die
Wareneinfuhren im Schwarzmeerhafen Noworossijsk und im nahe China
gelegenen Pazifikhafen Wladiwostok liegen momentan auf dem Niveau vor
Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine. Allerdings dürfte der Wegfall
westlicher Importe damit nicht kompensiert werden können, im für den
Handel mit der EU entscheidenden Hafen St. Petersburg legt kaum noch ein
Containerschiff an.

„Vor allem Einfuhren aus China dürften für den vermehrten
Containerumschlag in Russlands Seehandel verantwortlich sein. Die
Handelsallianz passt ins Bild eines fragmentierten Welthandels, der
zunehmend innerhalb östlicher und westlicher Wirtschaftsblöcke stattfindet
und weniger zwischen ihnen. Auch wenn der Handel künftig global gesehen
stabil bleibt, könnte der Warenaustausch mit Fernost daher seine
vergangene Dynamik verlieren“, so Stamer.

Die nächsten Aktualisierungen des Kiel Trade Indicator erfolgen am 23.
Januar (ohne Medieninformation) und am 7. Februar (mit Medieninformation
für die Handelsdaten im Januar).

Weitere Informationen zum Kiel Trade Indicator und die Prognosen für alle
75 Länder finden Sie auf https://www.ifw-kiel.de/de/themendossiers
/internationaler-handel/kiel-trade-indicator/
.

Über den Kiel Trade Indicator

Der Kiel Trade Indicator schätzt die Handelsflüsse (Im- und Exporte) von
75 Ländern und Regionen weltweit sowie des Welthandels insgesamt. Im
Einzelnen umfassen die Schätzungen über 50 Länder sowie Regionen wie die
EU, Subsahara-Afrika, Nordafrika, den Mittleren Osten oder Schwellenländer
Asiens. Grundlage ist die Auswertung von Schiffsbewegungsdaten in
Echtzeit. Ein am IfW Kiel programmierter Algorithmus wertet diese unter
Zuhilfenahme von künstlicher Intelligenz aus und übersetzt die
Schiffsbewegungen in reale, saisonbereinigte Wachstumswerte gegenüber dem
Vormonat.

Die Auswertung erfolgt zweimal im Monat. Um den 20. (ohne Pressemeldung)
für den laufenden und den folgenden Monat und um den 5. (mit
Pressemeldung) für den vergangenen und den laufenden Monat.

An- und ablegende Schiffe werden dabei für 500 Häfen weltweit erfasst.
Zusätzlich werden Schiffsbewegungen in 100 Seeregionen analysiert und die
effektive Auslastung der Containerschiffe anhand des Tiefgangs gemessen.
Mittels Länder-Hafen-Korrelationen können Prognosen erstellt werden, auch
für Länder ohne eigenen Tiefseehafen.

Der Kiel Trade Indicator ist im Vergleich zu den bisherigen
Frühindikatoren für den Handel deutlich früher verfügbar, deutlich
umfassender, stützt sich mit Hilfe von Big Data auf eine bislang
einzigartig große Datenbasis und weist einen im Vergleich geringen
statistischen Fehler aus. Der Algorithmus des Kiel Trade Indikators lernt
mit zunehmender Datenverfügbarkeit dazu (machine learning), so dass sich
die Prognosegüte im Lauf der Zeit weiter erhöht.