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Dr. Dominik Groll (https://www.ifw-kiel.de/de/experten/ifw/dominik-
groll/
), Leiter Arbeitsmarktanalyse am IfW Kiel, kommentiert die aktuellen
Zahlen des Statistischen Bundesamtes zur Lohnentwicklung im 1. Quartal
2023, wonach die Reallöhne das sechste Quartal in Folge gesunken sind:

„Auch wenn die Reallöhne abermals zurückgegangen sind, dürften die
stärksten Verluste nun überstanden sein. Möglicherweise steigt die
Kaufkraft der Arbeitnehmer bereits im laufenden Jahr wieder, spätestens
aber im nächsten Jahr dürfte es soweit sein.

Im ersten Quartal 2023 war der Rückgang der Reallöhne mit 2,3 Prozent
bereits geringer als in den beiden Quartalen zuvor. Grund ist, dass die
Inflationsrate auf hohem Niveau leicht nachgab und zugleich die
Bruttomonatsverdienste verstärkt zulegten.

Die allgemeine Teuerung wird im Laufe dieses Jahres weiter nachlassen. Die
Nominallöhne werden zudem weiter kräftig steigen. Ein starkes Indiz
hierfür sind die jüngsten Tarifabschlüsse, wie in der Metall- und
Elektroindustrie, im öffentlichen Dienst von Bund und Gemeinden und bei
der Deutschen Post, bei denen kräftige Tarifverdienstzuwächse sowie hohe
Einmalzahlungen („Inflationsausgleichsprämie“) vereinbart wurden.

Ob die Reallöhne im Durchschnitt des laufenden Jahres bereits wieder höher
ausfallen werden als im vergangenen Jahr, die Arbeitnehmer also erstmals
seit dem Jahr 2019 Kaufkraft hinzugewinnen, ist noch nicht ausgemacht. Ein
leichtes Plus ist dabei ebenso denkbar wie ein leichtes Minus.

Spätestens im kommenden Jahr dürften die Nominallöhne dann aber deutlich
stärker steigen als die Verbraucherpreise. Mit etwas Glück könnten die
Reallohnverluste, die sich zwischen 2020 und 2022 auf rund 5 Prozent
aufsummiert haben, dann sogar wettgemacht sein. Vom Vorkrisentrend – also
dem Reallohnniveau, das ohne Pandemie und Energiekrise realistisch wäre –
wäre man allerdings immer noch weit entfernt.”