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Der weltweite Handel zeigt sich im Oktober nach schwachen Vormonaten
deutlich aufwärtsgerichtet (Vergleich zum Vormonat September, preis- und
saisonbereinigt). Einen ähnlich starken Zuwachs gab es zuletzt im März.
Getragen wird der Aufschwung insbesondere auch von den Mitgliedsländern
der Europäischen Union, wo die Wirtschaftsleistung zuletzt leicht
schrumpfte. Die starken Handelszahlen sind daher ein positives Zeichen für
das 4. Quartal. Chinas Handelsaktivität spiegelt dagegen die global
gedämpfte Konjunktur wider.

Das jüngste Datenupdate des Kiel Trade Indicator weist für den Welthandel
im Oktober im Vergleich zum Vormonat September einen deutlichen Anstieg
von 2 Prozent aus (preis- und saisonbereinigt).

Dieser wird insbesondere auch vom Handel der EU gestützt, wo sowohl
Exporte (+2,5 Prozent) als auch Importe (+2,4 Prozent) mit einem klaren
Plus versehen sind.

Für Deutschland liegen die Oktoberwerte für die Exporte (+1,8 Prozent)
ebenfalls im grünen Bereich, für die Importe (-0,2 Prozent) zeigen sie
seitwärts. Jüngste Zahlen der offiziellen Handelsstatistik hatten noch für
September eine Abnahme der deutschen Exporte dokumentiert.

„Die Zahlen für den weltweiten Handel sind stark wie lange nicht mehr, nur
im März dieses Jahres wurde ein vergleichbarer Zuwachs erreicht“, sagt
Vincent Stamer, Leiter des Kiel Trade Indicator.

„Durchaus überraschend, dass die guten Zahlen ausgerechnet vom EU-Handel
getragen werden, wo die Wirtschaftsleistung zuletzt geschrumpft ist. Ihre
fünf größten Volkswirtschaften – Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien
und die Niederlande – könnten den Indikatorwerten zufolge ihre Exporte im
Oktober gesteigert haben, was ein sehr positives Zeichen zu Beginn des
vierten Quartals ist.“

In den USA dürften die Exporte (+0,2 Prozent) nach den Zahlen des Kiel
Trade Indicator auf Vormonatsniveau liegen, die Importe (+2,1 Prozent)
ansteigen.

Chinas Handel folgt offenbar dem konjunkturellen Abwärtssog rund um den
Globus, die Indikatorwerte zeigen einen Rückgang für Exporte (-1,4
Prozent) und Importe (-1,2 Prozent) an. „Zwar hatten sich Chinas Exporte
im August und September leicht positiv entwickelt. Der Oktober zeigt aber,
dass sich eine Rückkehr zu vergangenen Expansionsphasen schwierig
gestaltet“, so Stamer.

Reibungsloser Ablauf im Containerschiffnetzwerk

Obwohl die Wassermenge im Panamakanal weiter sinkt, bringt das für die
Containerschifffahrt derzeit keine größeren Probleme. Es stauen sich kaum
mehr Containerschiffe als üblich. Die etwa 110 Frachtschiffe, die auf
beiden Seiten des Kanals ankern, sind vor allem Tanker und
Massengutschiffe. Der Stau ist insgesamt in den vergangenen Monaten sogar
leicht gefallen. Aufgrund des Niedrigwassers hat die Kanalbehörde die
Anzahl von täglichen Frachtschiffspassagen weiter auf nun 25 reduziert,
bei voller Auslastung wären es etwa 50 Prozent mehr.

Auch von anderen wichtigen Seeregionen gehen mittlerweile keine
nennenswerten Einschränkungen mehr durch Schiffsstaus aus, Ausnahme sind
die Häfen von Shanghai und Zhejiang, deren Staus saisonal stark schwanken.
Die Menge an global verschifften Standardcontainern unterstreicht den
derzeit recht reibungslosen Ablauf im Containerschiffnetzwerk. Die Anzahl
war im September sprunghaft angestiegen und hält sich auch im Oktober
oberhalb von 14 Millionen Stück, nahe am Höchststand von vor 2 Jahren.

„Von Seiten der Containerschifffahrt steht einem guten Weihnachtsgeschäft
dieses Jahr nichts im Weg, der limitierende Faktor dürften die eher trüben
Konjunkturaussichten und die anhaltende Inflation sein“, so Stamer.

Die nächste Aktualisierung des Kiel Trade Indicator erfolgt am 6. Dezember
(mit Medieninformation für die Handelsdaten im November).

Weitere Informationen zum Kiel Trade Indicator und die Prognosen für alle
75 Länder finden Sie auf www.ifw-kiel.de/tradeindicator (https://www.ifw-
kiel.de/de/themendossiers/internationaler-handel/kiel-trade-indicator/).

Über den Kiel Trade Indicator

Der Kiel Trade Indicator schätzt die Handelsflüsse (Im- und Exporte) von
75 Ländern und Regionen weltweit sowie des Welthandels insgesamt. Im
Einzelnen umfassen die Schätzungen über 50 Länder sowie Regionen wie die
EU, Subsahara-Afrika, Nordafrika, den Mittleren Osten oder Schwellenländer
Asiens. Grundlage ist die Auswertung von Schiffsbewegungsdaten in
Echtzeit. Ein am IfW Kiel programmierter Algorithmus wertet diese unter
Zuhilfenahme von künstlicher Intelligenz aus und übersetzt die
Schiffsbewegungen in preis- und saisonbereinigte Wachstumswerte gegenüber
dem Vormonat.

Die Auswertung erfolgt einmal im Monat um den 5. und liefert aktualisierte
Handelszahlen für den vergangenen und den laufenden Monat.

An- und ablegende Schiffe werden dabei für 500 Häfen weltweit erfasst.
Zusätzlich werden Schiffsbewegungen in 100 Seeregionen analysiert und die
effektive Auslastung der Containerschiffe anhand des Tiefgangs gemessen.
Mittels Länder-Hafen-Korrelationen können Prognosen erstellt werden, auch
für Länder ohne eigenen Tiefseehafen.

Der Kiel Trade Indicator ist im Vergleich zu den bisherigen
Frühindikatoren für den Handel deutlich früher verfügbar, deutlich
umfassender, stützt sich mit Hilfe von Big Data auf eine bislang
einzigartig große Datenbasis und weist einen im Vergleich geringen
statistischen Fehler aus. Der Algorithmus des Kiel Trade Indikators lernt
mit zunehmender Datenverfügbarkeit dazu (machine learning), so dass sich
die Prognosegüte im Lauf der Zeit weiter erhöht.