Pin It

Der weltweite Handel ist im November im Vergleich zum Vormonat Oktober
laut jüngstem Update des Kiel Trade Indicator zurückgegangen (preis- und
saisonbereinigt). Zu der schwachen Entwicklung passt, dass auch die Menge
an verschifften Standardcontainern gesunken ist. Speziell der deutsche
Außenhandel durchläuft zurzeit eine anhaltende Schwächephase. Der
Schiffsverkehr im Roten Meer liegt deutlich unter dem eigentlich zu
erwartenden Aufkommen. Dies dürfte aber in erster Linie konjunkturelle
Ursachen haben, die Auswirkungen des Nahost-Konflikts dürften sich erst
mittel- bis langfristig zeigen.

Das jüngste Datenupdate des Kiel Trade Indicator weist für den weltweiten
Handel und den Handel großer Volkswirtschaften auf einen eher
durchwachsenen Handelsmonat November hin.

Der Welthandel geht demnach im Vergleich zum Vormonat Oktober um 0,9
Prozent zurück (preis- und saisonbereinigt). Für die EU sind die
Handelszahlen sowohl bei den Exporten (+1,4 Prozent) als auch bei den
Importen (+1,1 Prozent) leicht positiv. Der Außenhandel Deutschlands folgt
auch im November einer anhaltenden Schwächephase. Die Exporte (+0,7
Prozent) stehen leicht im Plus, die Importe (-1,1 Prozent) im Minus.

„Der deutsche Außenhandel wächst seit Ausbruch der Corona-Pandemie im
Grunde nur noch, weil die Preise steigen. Inflationsbereinigt bewegen sich
Exporte und Importe seit Jahren mehr oder weniger auf der Stelle“, sagt
Vincent Stamer, Leiter Kiel Trade Indicator.

„Auf Basis der Daten des Kiel Trade Indicator ist hier kurzfristig keine
Besserung in Sicht. Im deutschen Außenhandel kommt wegen der schwachen
Konjunktur und der hohen Zinsen wohl keine Weihnachtsstimmung auf.“

In den USA dürften die Exporte (+0,1 Prozent) auf Vormonatsniveau liegen,
die Importe (+1,5 Prozent) leicht ansteigen. Für China weisen die Werte
des Kiel Trade Indicator ein leichtes Plus bzw. eine grüne Null bei den
Exporten (+0,6 Prozent) und ein Minus bei Importen (-2,6 Prozent) aus.

Containermenge sinkt, vor allem im Roten Meer. Folge des Nahost-
Konfliktes?

Die wenig positiven Aussichten für den Novemberhandel schlagen sich auch
in der Menge an weltweit verschifften Standardcontainern nieder. Sie ist
im November im Vergleich zum Oktober um über 1 Prozent gefallen und liegt
damit wieder unter der Marke von 14 Millionen Stück.

Speziell im Roten Meer ist die Menge an verschifften Standardcontainern
gesunken. Im November sind dort gut 500.000 Standardcontainer
transportiert worden, aufgrund von Erfahrungswerten aus den Jahren 2017
bis 2019 wären knapp 600.000 Stück zu erwarten gewesen.

„Es klafft immer wieder eine Lücke zwischen der tatsächlichen und der zu
erwartenden Containermenge im Roten Meer, weil China unabhängiger vom
Handel mit dem Westen und Deutschland wird. Der jüngste Rückgang der
Frachtmenge dürfte in erster Linie konjunkturelle Ursachen haben und noch
keine Folge der jüngsten gezielten Angriffe auf Handelsschiffe im Roten
Meer sein“, so Stamer.

„Terroristische Angriffe auf Handelsschiffe im Roten Meer könnten aber in
Zukunft zu einer erneuten Belastung für den Welthandel werden, vor allem
wenn Frachtraten aufgrund von Gefahrenzulagen steigen. Langfristig könnten
Reeder auch auf alternative Routen oder Transportmittel ausweichen. Über
10 Prozent des globalen Handels führt durch das Rote Meer und den
Suezkanal, Beeinträchtigungen dort können erhebliche Auswirkungen auf den
globalen Warenverkehr mit sich bringen.“

Die nächste Aktualisierung des Kiel Trade Indicator erfolgt am 9. Januar
2024 (mit Medieninformation für die Handelsdaten im Dezember 2023).

Weitere Informationen zum Kiel Trade Indicator und die Prognosen für alle
75 Länder finden Sie auf www.ifw-kiel.de/tradeindicator (https://www.ifw-
kiel.de/de/themendossiers/internationaler-handel/kiel-trade-indicator/).

Über den Kiel Trade Indicator

Der Kiel Trade Indicator schätzt die Handelsflüsse (Im- und Exporte) von
75 Ländern und Regionen weltweit sowie des Welthandels insgesamt. Im
Einzelnen umfassen die Schätzungen über 50 Länder sowie Regionen wie die
EU, Subsahara-Afrika, Nordafrika, den Mittleren Osten oder Schwellenländer
Asiens. Grundlage ist die Auswertung von Schiffsbewegungsdaten in
Echtzeit. Ein am IfW Kiel programmierter Algorithmus wertet diese unter
Zuhilfenahme von künstlicher Intelligenz aus und übersetzt die
Schiffsbewegungen in preis- und saisonbereinigte Wachstumswerte gegenüber
dem Vormonat.

Die Auswertung erfolgt einmal im Monat um den 5. und liefert aktualisierte
Handelszahlen für den vergangenen und den laufenden Monat.

An- und ablegende Schiffe werden dabei für 500 Häfen weltweit erfasst.
Zusätzlich werden Schiffsbewegungen in 100 Seeregionen analysiert und die
effektive Auslastung der Containerschiffe anhand des Tiefgangs gemessen.
Mittels Länder-Hafen-Korrelationen können Prognosen erstellt werden, auch
für Länder ohne eigenen Tiefseehafen.

Der Kiel Trade Indicator ist im Vergleich zu den bisherigen
Frühindikatoren für den Handel deutlich früher verfügbar, deutlich
umfassender, stützt sich mit Hilfe von Big Data auf eine bislang
einzigartig große Datenbasis und weist einen im Vergleich geringen
statistischen Fehler aus. Der Algorithmus des Kiel Trade Indikators lernt
mit zunehmender Datenverfügbarkeit dazu (machine learning), so dass sich
die Prognosegüte im Lauf der Zeit weiter erhöht.