Pin It

Am 19. September 2019 wurde das an der TU Berlin entwickelte digitale,
urbane Infrastruktur-Testfeld für automatisiertes und vernetztes Fahren
offiziell eröffnet. Erstmals kann nun auf einer 3,6 km langen Strecke
zwischen Ernst-Reuter-Platz und Brandenburger Tor unter realen
Verkehrsbedingungen das automatisierte und autonome Fahren mit seinen
umfänglichen Teilbereichen erforscht und weiterentwickelt werden.

Das Forschungsprojekt „Die digital vernetzte Protokollstrecke – urbanes
Testfeld automatisiertes und vernetztes Fahren in Berlin“ (DIGINET-PS) am
DAI-Labor der TU Berlin befasst sich mit dem Aufbau des Testfeldes in
einem hochkomplexen Verkehrsumfeld mitten in Berlin. Das vom
Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) geförderte
Vorhaben trägt zur Umsetzung der Smart City-Strategie des Landes Berlin im
Mobilitätsbereich bei und unterstützt die Digitale Agenda des Landes.

Die Straße des 17. Juni gehört zu einer der urbanen Lebensadern Berlins
und stellt Verkehrsteilnehmende vor diverse Herausforderungen. Vom Ernst-
Reuter-Platz bis zum Brandenburger Tor sind Ampelsysteme, Kreisverkehre,
Fahrrad- und Fußwege, Parkplätze oder Ein- und Ausfahrten zu beachten.
Ideale Bedingungen, um dort eine Teststrecke für die Zukunftstechnologien
des automatisierten und vernetzten Fahrens zur Verbesserung der
öffentlichen Verkehrsflüsse, der Umweltsituation sowie der Sicherheit von
Verkehrsteilnehmenden einzurichten.
In den vergangenen 29 Monaten haben Prof. Dr. Dr. h.c. Sahin Albayrak,
Geschäftsführender Direktor des DAI-Labors und Leiter des Fachgebietes
Agententechnologien in betrieblichen Anwendungen und der Telekommunikation
der TU Berlin, und sein Forschungsteam auf der Straße des 17. Juni ein
vernetztes, urbanes Infrastruktur-Testfeld entwickelt und eingerichtet. Im
Vordergrund standen dabei die Fahrzeug-zu-Infrastruktur-Kommunikation, die
Kombination von Sensoren und die Nutzung von KI-Mechanismen. Die
Teststrecke bietet zukünftig regionalen und überregionalen Unternehmen
sowie Forschungseinrichtungen die Möglichkeit, automatisiertes und
autonomes Fahren in einer realen urbanen Gebietskulisse zu erforschen und
anzuwenden.

Teststrecke ein Zeichen fortschreitender Digitalisierung der
Verkehrssysteme

„Wir aus der Wissenschaft verstehen uns als Treiberin von Innovationen in
der Gesellschaft. Dafür nutzen wir Berlin als Reallabor und zeigen
exemplarisch wie Forschung für Bürger nutzbar wird“, erklärte der
Präsident der TU Berlin Prof. Dr. Christian Thomsen auf der
Eröffnungsfeier der DIGINET-PS Teststrecke am 19. September 2019 im
Glaspavillon „bauhaus reuse“ auf dem Ernst-Reuter-Platz. Zu den mehr als
100 Gästen aus Politik und Wirtschaft zählten der Bundesminister für
Verkehr und digitale Infrastruktur, Andreas Scheuer, und der Regierende
Bürgermeister von Berlin sowie Senator für Wissenschaft und Forschung,
Michael Müller.

„Das automatisierte und vernetzte Fahren bietet enorme Chancen: Fahrzeuge
kommunizieren untereinander und mit der sie umgebenden Infrastruktur,
erkennen Wetterverhältnisse, freie Parkplätze, wechselnde
Ampelschaltungen. Das bedeutet mehr Sicherheit und Klimaeffizienz, einen
verbesserten Verkehrsfluss und Zeitersparnis. All das erproben wir hier
auf der neuen Teststrecke im Herzen Berlins, mitten im Hauptstadtverkehr.
Mein Haus fördert das Projekt mit über 4,6 Millionen Euro. Die
technologische Entwicklung geht weltweit rasant voran – daher müssen wir
jetzt aktiv sein und die Forschung in Deutschland unterstützen. Die
Erkenntnisse, die unter anderem hier in Berlin gewonnen werden, sind eine
wichtige Grundlage für künftige verkehrspolitische Entscheidungen“,
äußerte sich Bundesminister Andreas Scheuer bei der Eröffnung der
Teststrecke. Das Bundesministerium für Verkehr und Digitale Infrastruktur
förderte im Rahmen der „Strategie automatisiertes und vernetztes Fahren“
der Bundesregierung das Forschungsvorhaben seit Projektbeginn im April
2017.

Zusätzlich wurde das Projekt durch die Berliner Senatsverwaltung für
Umwelt, Verkehr und Klimaschutz unterstützt. Der Regierende Bürgermeister
von Berlin Michael Müller betonte: „Der heutige Projektstart zeigt wieder
einmal: Berlin ist eine Vorreiterin für Innovationen und unsere
Wissenschaftseinrichtungen spielen dafür eine zentrale Rolle. Wir nutzen
die Erkenntnisse der exzellenten Berliner Forschung, um Berlin als Smart-
City voranzubringen und die Mobilität der Zukunft sowie kluge
Verkehrskonzepte auch über die Grenzen unserer Stadt hinaus zu gestalten.
Das DAI-Labor der Technischen Universität Berlin unter der Leitung von
Professor Albayrak ist dafür ein herausragendes Beispiel. Zugleich steht
es stellvertretend für hunderte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler,
die unsere Metropolregion inzwischen zu einem internationalen Hotspot der
Forschung zu Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz machen.“

Wenn alles mit allem kommuniziert

Das Herzstück des Projektes ist das DIGINET-PS Referenzframework. Es wurde
an der TU Berlin entwickelt und schafft die Voraussetzungen dafür, dass
Teststrecke, Fahrzeuge und Kontrollzentrum miteinander kommunizieren
können. Über 100 Sensoren entlang der Teststrecke erfassen
Wetterverhältnisse, Verkehrsaufkommen, Parksituation, Umweltbelastung oder
Straßenbeschaffenheit. Diese Daten werden entlang der Straße und im
Kontrollzentrum anonymisiert von einer speziell entwickelten Software
analysiert und ausgewertet, so dass Prognosen zu verschiedensten
Themenfeldern erstellt werden können. Mittels einer auf ITS-5G und 4G
basierenden Kommunikationsinfrastruktur werden die Daten mit den
vernetzten Fahrzeugen geteilt und somit die Wahrnehmung und
Entscheidungsfindung für verschiedene kritische Manöver und
Anwendungsfallszenarien verbessert. Durch diese neuartige intelligente
Infrastruktur kann das Automobil zum Beispiel vor Unfallpunkten mit
Radfahrer*innen auf der Strecke warnen bzw. diese sogar vorhersagen.
Die automatisierten und vernetzten Fahrzeuge sind mit Kameras, Radar und
Laser-Scannern ausgestattet, so dass Informationen in 360 Grad um das
Automobil gesammelt, analysiert und mit anderen automatisierten und
vernetzten Fahrzeugen ausgetauscht werden können. Das heißt, wechselt eine
Ampel auf Grün werden die Fahrzeuge vom Kontrollzentrum darüber informiert
und können aufeinander abgestimmt entsprechend schnell reagieren. Ebenso
ist dadurch möglich, dass die intelligenten Fahrsysteme andere
Verkehrsteilnehmende wie Fußgänger*innen erkennen und situationsangepasst
reagieren.
Professor Albayrak ist überzeugt: „Durch die zentrale Erfassung,
Aggregierung und Auswertung von Daten können wir künftig neuartige sichere
Lösungen für Problemstellungen im Straßenverkehr entwickeln, neue
Ökosysteme und Geschäftsmodelle generieren und Wertschöpfung schaffen.“ An
der Entwicklung von Sensoren, Fahrzeugtechnik oder Datensystemen waren
neben der TU Berlin auch das Fraunhofer FOKUS, das Daimler Center for
Automotive IT Innovations (DCAITI), T-Systems International und die
Berliner Agentur für Elektromobilität eMO sowie zahlreiche weitere
Umsetzungspartner wie Cisco, TÜV Nord und die BVG beteiligt.