Pin It

Forschungszentrum Jülich, BMW Group, Mercedes-Benz AG, Volkswagen, Bosch
und DFKI wollen gemeinsam KI-Anwendungen für Quantencomputer testen

Quantencomputer könnten Künstliche Intelligenz (KI) und maschinelles
Lernen auf ein neues Level heben. Die Entwicklung realer KI-Anwendungen
für Quantenrechner steckt aber noch in den Kinderschuhen. Das vom
Forschungszentrum Jülich koordinierte Verbundprojekt Q(AI)2 bringt beide
Ansätze nun anhand konkreter Anwendungsfälle in der Automobilindustrie
zusammen.

An dem Vorhaben sind die drei größten deutschen Autohersteller BMW Group,
Mercedes-Benz AG und Volkswagen sowie der Zulieferer Bosch und das
Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) beteiligt.
Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
gefördert und verfügt über Mittel von 4 Millionen Euro über die Laufzeit
von drei Jahren.

Künstliche Intelligenz ist eine der bedeutendsten Schlüsseltechnologien in
der Industrie, speziell in hochtechnisierten Branchen wie der
Autoindustrie. Der Rechenaufwand für viele Anwendungen ist allerdings
enorm. Selbst moderne Supercomputer benötigen teilweise mehrere Tage für
bestimmte Aufgaben. Manche Probleme sind bislang sogar überhaupt nicht in
realistischen Zeitspannen lösbar.

„Quantencomputer bieten die Möglichkeit, Anwendungen mit KI qualitativ zu
beschleunigen und so einen echten Geschwindigkeitsvorteil zu erzielen.
Dies ist besonders dort wichtig, wo Antworten auf industriell relevante
Fragestellungen schnell gefunden werden müssen“, erklärt
Projektkoordinator Prof. Frank Wilhelm-Mauch vom Forschungszentrum Jülich.

„Bei den Anwendungsfällen wird es beispielsweise darum gehen, flexible
Produktionsabläufe in der Industrie 4.0 zu optimieren, autonome Fahrzeuge
kollisionsfrei durch den Verkehr zu steuern, oder Touren von Elektrobussen
intelligent zu planen. Die Arbeit mit konkreten Aufgaben der
Automobilindustrie als Start und Endpunkt der Forschung ist ein
wesentliches Alleinstellungsmerkmal dieses Projektes“, erläutert Wilhelm-
Mauch.

Die Nutzung von Quantencomputern und Quantenannealern für reale Probleme
ist aufgrund des frühen Entwicklungsstadiums dieser Systeme bislang noch
kaum erforscht. Q(AI)2 nimmt auf diesem Gebiet eine Vorreiterrolle ein.
Forschende von akademischen Einrichtungen, Automobilherstellern und einem
Zulieferer wollen gemeinsam erstmals eine breite Basis an
quantenbeschleunigten KI-Algorithmen schaffen, die sowohl für die zur
Verfügung stehende Hardware als auch für industrielle Fragestellungen
optimiert sind.

„Wir wollen das Beschleunigungspotenzial ausloten, das in bereits
bekannten Algorithmen steckt. Und wir wollen ganz grundsätzlich
industriell relevante Anwendungen identifizieren, die sich mithilfe von
Quantenrechnern wesentlich beschleunigen lassen“, erklärt Frank Wilhelm-
Mauch. Die angestrebten Erkenntnisse könnten deutschen
Automobilherstellern entscheidende Wettbewerbsvorteile verschaffen:
Aussichtsreiche Ansätze sollen unmittelbar in konkrete
Vorentwicklungsprojekte der beteiligten Unternehmen münden. Gleichzeitig
werden die Ergebnisse externen Nutzenden zugänglich gemacht.

Zudem wollen die Partner in Q(AI)2 aussagekräftige Kennzahlen ermitteln,
aus denen hervorgeht, ab wann sich Quantencomputer tatsächlich
gewinnbringend für industrielle Anwendungen einsetzen lassen. Wie viele
Qubits und welche Taktzeiten müssen die Systeme aufweisen, um einen echten
„Quantenvorteil“ zu erzielen?

Entscheidend für eine realistische Einschätzung ist dabei die Möglichkeit,
Algorithmen mit modernster Quantencomputer-Simulationssoftware zu testen
und auf verschiedenen Quantencomputersystemen zu implementieren. Über die
JUNIQ-Infrastruktur des Forschungszentrums Jülich ist unter anderem der
Zugriff auf vielfältige Hard- und Softwaresysteme sichergestellt. Die
Jülicher Quantencomputer-Plattform vereint verschiedene Arten von
Quantencomputern, Quantenannealern und Quantensimulatoren unter einem
Dach. Forschende erhalten so unter anderem Zugang zu Systemen von IBM,
D-Wave, Atos und experimentellen Maschinen, wie sie beispielsweise im
europäischen Quanten-Flaggschiffprojekt entstehen.