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Elektroautos sind eine Möglichkeit, CO²-Emissionen im Personenverkehr zu
reduzieren. Aber sind batteriebetriebene Fahrzeuge auch nachhaltig? VHB
expert Karsten Kieckhäfer, Professor für Betriebswirtschaftslehre,
insbesondere Produktion und Logistik, an der FernUniversität in Hagen
stellt drei Thesen zu den Herausforderungen in der Elektromobilität auf.

Elektroautos spielen eine Hauptrolle für den Klimaschutz im PKW-Verkehr
10 Jahre – so alt waren laut Kraftfahrtbundesamt im Durchschnitt die zum
Stichtag 1. Januar 2022 in Deutschland zugelassenen Pkw. Viele der heute
verkauften Neuwagen mit Verbrennungsmotor stoßen somit sehr wahrscheinlich
auch noch im Jahr 2035 Treibhausgase aus – deutlich zu lang, um dem
Klimawandel entschieden entgegenzuwirken. Dass Elektroautos tatsächlich
besser abschneiden, wurde in der Vergangenheit immer wieder angezweifelt.
Doch die Studienlage ist eindeutig: Verglichen mit anderen
Antriebstechnologien besitzen Elektroautos bereits heute über den gesamten
Lebenszyklus die beste Klimabilanz.

Herausforderungen: nachhaltige und resiliente Lieferketten für Rohstoffe
und Batteriezellen
Aus Nachhaltigkeitsperspektive liegen die Herausforderungen von
Elektroautos in der Produktionsphase. Gründe hierfür sind der erhöhte
Bedarf an Metallen und Energie bei der Herstellung der Batteriezellen
sowie die globalen Lieferketten der Batteriesysteme. Sie führen gegenüber
konventionellen Fahrzeugen zu einem größeren ökologischen Fußabdruck in
der Herstellung und zu sozialen Problemen, wie z. B. einem erhöhten Risiko
für Kinderarbeit. Aus ökonomischer Perspektive ist eine starke
Abhängigkeit von wenigen Ländern festzustellen, in denen wichtige
Rohstoffe (z. B. Kobalt und Lithium) gewonnen und weiterverarbeitet
werden. Gleiches gilt für die Produktion der Batteriezellen. Verbunden mit
einer zunehmenden Verknappung des Angebots führt diese Länderkonzentration
derzeit zu starken Preissteigerungen. Um die Lieferketten gleichermaßen
nach-haltig und resilient zu gestalten, kommt der Identifikation, Auswahl
und Entwicklung geeigneter Bezugsquellen und – wo immer möglich – dem
Aufbau eigener Produktionskapazitäten eine herausragende Bedeutung zu.

… sowie Materialsubstitution und Recycling
Lithium-Ionen-Batterien unterscheiden sich je nach
Materialzusammensetzung. Schon aus ökonomischen Gründen werden Metalle wie
Kobalt von den Automobil- und Zellherstellern häufiger durch andere
Materialien ersetzt. Dies hat in der Regel auch positive ökologische und
soziale Effekte. Weitere Vorteile können durch ein Recycling der
Altbatterien erzielt werden. Hier werden die regulatorischen Anforderungen
in der EU in Zukunft deutlich steigen: u. a. sollen spezifische
Verwertungsquoten für Kobalt, Nickel, Lithium und Kupfer sowie
Mindesteinsatzmengen von Kobalt-, Nickel- und Lithium-Rezyklaten
vorgegeben werden. Klar ist aber auch: Im Markthochlauf der
Elektrofahrzeuge können Rezyklate nur in sehr begrenztem Maße
Primärrohstoffe ersetzen. Erst einmal muss eine ausreichende Menge an
Altbatterien zum Recyclen zur Verfügung stehen. Hiervon hängt im
Wesentlichen auch die Wirtschaftlichkeit des Recyclings ab.