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BMWK fördert großen Pilotbetrieb zur Entwicklung des bidirektionalen
Lademanagements der nächsten Generation mit über elf Mio. Euro.

München, 21.11.2023: Das Forschungskonsortium „BDL Next“ - direkter
Nachfolger des Projekts Bidirektionales Lademanagement (BDL) - hat im
November 2023 seine Arbeit aufgenommen. Im Zentrum des Projekts steht ein
mehrstufiger Feldversuch zur Erprobung der Massentauglichkeit und
Massenintegration des bidirektionalen Ladens von Elektrofahrzeugen.
Gefördert wird das dreijährige Vorhaben vom Bundesministerium für
Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) mit über elf Mio. Euro.

Träger des Verbundprojekts ist das Deutsche Zentrum für Luft- und
Raumfahrt (DLR). Nach drei Jahren Projektlaufzeit sollen bidirektionale
Serienfahrzeuge mithilfe standardisierter Technologien vollständig in
energiewirtschaftliche Marktprozesse, den Netzbetrieb und das
Energieökosystem der Kund:innen integrierbar sein. Die Leitung des
dreijährigen Forschungsprojektes übernimmt die FfE aus München.

Am Projekt beteiligen sich der Automobilhersteller BMW, die Netzbetreiber
Bayernwerk Netz und TenneT und das Energieunternehmen E.ON. KEO und
Compleo decken die Bereiche EEBUS-Kommunikationstechnik und
Ladeinfrastruktur ab. Komplettiert wird das Konsortium mit dem KIT, der
Universität Passau und der EBZ Business School, die sich im Rahmen der
wissenschaftlichen Begleitung beteiligen.

Das Vorgängerprojekt BDL hat gezeigt, dass Elektrofahrzeuge ein
vielfältiges Potenzial für markt-, netz- und systemdienliche Zwecke sowie
für Anwendungen im Interesse der Letztverbraucher bieten. Voraussetzung
hierfür ist, dass die Fahrzeuge Strom sowohl intelligent beziehen als auch
rückspeisen können. Beispielhaft dafür stehen die
Eigenverbrauchsoptimierung bei privaten PV-Anwendungen oder die
Bereitstellung von Energie zum Ausgleich von Frequenzschwankungen im
Stromnetz.

Zum aktuellen Zeitpunkt bestehen weiterhin sowohl technologische als auch
rechtlich-regulatorische und prozesstechnische Lücken, die eine nahtlose
Überführung in den massenfähigen Realbetrieb von bidirektionalen
Ladestrategien bislang verhindern. Genau hier setzt BDL Next an: Kern des
Projekts ist die Weiterentwicklung technischer Lösungen, um die Systeme
stärker mit etablierten Prozessen der Energiewirtschaft bei der
Vermarktung von Energiemengen an der Strombörse oder
Systemdienstleistungen zu verzahnen.

Gleichzeitig wird auch am netzorientierten Betrieb bidirektionaler
Fahrzeuge gearbeitet, damit diese zukünftig integraler Bestandteil unseres
robusten und intelligenten Stromnetzes werden. Mit einem mehrstufigen
Feldversuch sollen die Erfahrungen aus dem Realbetrieb genutzt werden, um
Schwachstellen der Konzeption und technischen Entwicklung offenzulegen,
ökonomische und ökologische Mehrwerte des bidirektionalen Ladens weiter zu
steigern und die Integration der Technologie aus Kundenperspektive weiter
zu vereinfachen.

Mehrstufiger Pilotbetrieb

Zur Erprobung und Demonstration der neuentwickelten Lösungen wird ein
dreistufiger Pilotbetrieb angestrebt. Im ersten Schritt werden virtuell
die Vermarktungs- und Betriebsstrategien weiterentwickelt und getestet.
Anschließend kommen einige Pilotfahrzeuge des Vorgängerprojekts zum
Einsatz, um die Prozesse zu implementieren und zu prüfen. Abschließend
findet ein Wechsel auf bidirektionale Serienfahrzeuge statt, um die
Massentauglichkeit der Technologie zu demonstrieren.

„Wir freuen uns sehr, mit BDL Next auf den Erfahrungen und Erfolgen aus
dem BDL-Projekt aufzubauen und das bidirektionale Laden massentauglich zu
machen. Eine gute Zusammenarbeit aller beteiligten Stakeholder ist hierfür
entscheidend, weswegen ich sehr glücklich über die Fortsetzung im Rahmen
dieses breiten Konsortiums bin“, so Dr.-Ing. Mathias Müller,
Gesamtprojektleiter.

Fünf Schwerpunkte der Technologienentwicklung & wissenschaftliche
Begleitung

Neben dem gemeinsamen Pilotbetrieb arbeiten die Partner in verschiedenen
Arbeitspaketen an der technologischen Weiterentwicklung der benötigten
Schnittstellen und Prozesse, um die verschiedenen Use Cases des
bidirektionalen Ladens nahtlos in bestehende Systeme zu integrieren:

• Die beteiligten Unternehmen entwickeln eine Aggregations-Plattform, die
es ermöglicht, Elektrofahrzeuge und andere Flexibilitäten effizient zu
verbinden und zu steuern. Ziel ist es, dass diese im alltäglichen Betrieb
sowohl zur Stabilisierung des Stromnetzes beitragen als auch auf
Marktanforderungen reagieren können.

• Die gesammelten Anforderungen der Use Cases werden detailliert in
technischen Dokumentationen der einzelnen unterschiedlichen
Kommunikationsstrecken beschrieben und an die entsprechenden
Standardisierungsgruppen überführt. Aus den jeweiligen technischen
Dokumentationen werden Software-Lösungen für die einzelnen Endgeräte
entwickelt, mit dem Ziel der interoperablen Kommunikation.

• Im Rahmen der Netzintegration werden die Entwicklung, der Aufbau und der
Betrieb einer konzeptionellen Niederspannungsnetzleitwarte, aufbauend auf
Erkenntnissen und Ergebnissen der Vorgängerprojekte, umgesetzt. Der Fokus
liegt dabei auf Monitoring, Bewertung, Prognose sowie auf der Steuerung
von Flexibilitäten.

• Unter dem Titel Marktintegration streben die Partner eine Anbindung der
Aggregationsplattform an die Energiemärkte an. Dabei werden
Handelsstrategien zur Vermarktung der verfügbaren Flexibilitäten eines
Aggregators über die verschiedenen erschließbaren Marktkanäle entwickelt
und ein transparentes und effizientes Abrechnungs- und Messkonzept
aufgestellt. Zudem sind eine einfache, verständliche Integration sowie die
Bereitstellung der Soft- und Hardware beim Nutzer wichtige Bausteine,
welche ebenfalls innerhalb dieses Arbeitspakets untersucht werden.

• Im Arbeitspaket Systemintegration werden Prozesse entwickelt, die eine
skalierbare Integration von bidirektionalen Elektrofahrzeugen in das
Energiesystem zur Erbringung von Regelleistung und Redispatch ermöglichen
– unter Beachtung und ggf. Weiterentwicklung des regulatorischen Rahmens.

• Begleitend forschen die beteiligten Hochschulen und Institute zu den
Themen Kundenerlebnis, Nutzerverhalten, Optimierungspotenzialen des
Energiemanagements, sowie zu Rückwirkungen der Technologie auf die
Stromnetze und das Energiesystem. Aufbauend auf den Potenzialen der
Elektrofahrzeuge werden im Rahmen der Begleitforschung unterschiedliche
Use Cases sowie Multi Use Anwendungen, auch unter Verwendung eines Heim-
Energiemanagementsystems aus Nutzersicht, umfassend analysiert.