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Wer schon in der Nacht arbeitet, sollte dies wenigstens nicht bei
krankmachendem Licht tun müssen.
Fast 10 Prozent der Deutschen arbeiten dann, wenn unsere innere Uhr
eigentlich im Sleepmodus ist – nachts. Seit einigen Jahren ist
wissenschaftlich erwiesen und auch gesellschaftlich angekommen, dass
regelmäßiges Arbeiten in Nachtschicht krank macht. Aber noch immer wird
dem nicht konsequent entgegengewirkt. Schlafmediziner fordern als
wichtigen Schritt, die Beleuchtung so umzustellen, dass die derzeitigen
negativen Auswirkungen auf die Gesundheit verschwinden. Die technischen
Möglichkeiten dazu sind gegeben.

Unter dem Leitmotiv „Schlafmedizin: grenzüberschreitend und innovativ“
werden sich vom 1. bis 3. Dezember in Dresden etwa 2000 Experten
anlässlich der 24. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für
Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) auch zum Thema Nachtschicht
austauschen.

Schichtarbeit ist ein unverzichtbarer Bestandteil von Teilen der
Industrieproduktion wie auch von Beschäftigung im Sicherheits- und
Gesundheitswesen. So arbeiten fast 10 Prozent aller Beschäftigten in
Deutschland regelmäßig in Nachtschicht. Das Bundesverfassungsgericht hat
bereits 1992 in seinem Grundsatzurteil betont, dass „Nachtarbeit
grundsätzlich für jeden Menschen schädlich ist“. Während lange Zeit die
sozialen Auswirkungen als Hauptverursacher Schichtarbeit-assoziierter
Erkrankungen gesehen wurden, setzt sich zunehmend die Erkenntnis durch,
dass Störungen des circadianen Systems, also der sogenannten „Inneren
Uhren“, eine Kernursache sind. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat
im Jahr 2007 Nachtschichtarbeit als „wahrscheinlich Krebs erregend“
eingestuft und benennt die Unterdrückung des Dunkelhormons Melatonin durch
Licht während Nachtschicht als den wesentlichen Mechanismus.

„Die Schlafmedizin hat wie keine andere medizinische Fachrichtung die
Kenntnisse zu circadianen Rhythmen in ihre Krankheitskonzepte integriert.
Ohne ein System innerer Uhren wäre eine Wachheit über 16 Stunden ohne
wesentliche Leistungseinbuße gefolgt von einem achtstündigen
kontinuierlichen Schlaf nicht erklärbar“ erläutert Dr. Dieter Kunz, Leiter
der Arbeitsgemeinschaft Chronobiologie der DGSM. Unter Mitarbeit der DGSM
erarbeitet eine Gruppe von Experten für insgesamt sechs Fachgesellschaften
derzeit eine Leitlinie „Schichtarbeit“ nach den Kriterien der AWMF. In
Bezug auf Schlaf zeigt die Auswertung der bestehenden Literatur, dass bei
rotierendem Schichtsystem der Schlaf nach Nachtschichten reduziert ist.
Ältere Menschen sind allgemein anfälliger für Störungen durch Nachtschicht
und werden häufiger mit Schlafmitteln behandelt.
Ein wesentlicher Faktor ist die Taktung des circadianen Systems durch
Licht und Dunkelheit. Zur Sicherung von Sicht und Wachheit auch in der
Nachtschicht ist eine Beleuchtung notwendig, für die als „Licht zum
falschen Zeitpunkt“ eine gesundheitsschädigende Wirkung nachgewiesen ist.

„Durch die heute zur Verfügung stehende LED-Technologie sollte es in
Zukunft möglich sein, Beleuchtungen zu konzipieren, die eine Verbesserung
von Aufmerksamkeit und Konzentration der in der Nachschicht beleuchteten
Mitarbeiter erreichen – bei gleichzeitigem Fehlen negativer Auswirkungen
auf die Gesundheit“, fordert der Schlafmediziner.

Insgesamt sei es sehr überraschend, wie wenig verlässliche Literatur zum
Thema existiere. „Während humanexperimentelle Arbeiten mit simulierter
Nachtschicht unter strikter Kontrolle beeinflussender Faktoren klare
Hinweise auf nachfolgende Störungen wie auch auf deren Beeinflussung
geben, scheinen diese unter „realen“ Bedingungen schwerer zu fassen sein.
Hier besteht deutlicher Forschungsbedarf“, betont Dieter Kunz.
Weitere aktuelle Erkenntnisse dazu werden auf der 24. Jahrestagung der
Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) in
Dresden ausgetauscht. Das gesamte Programm und alle wichtigen
Kongressinformationen sind ersichtlich auf der Homepage <www.dgsm-
kongress.de>.