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Dr. Gregor Fuhrmann vom Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS).  G. FuhrmannNeue BMBF-Nachwuchsgruppe um Gregor Fuhrmann erforscht, wie Medikamente
gezielt zu Krankheitserregern im Körper geschleust werden können

Bakterien entwickeln zunehmend Resistenzen gegen die gängig eingesetzten
Antibiotika – unter anderem als Folge der übermäßigen und zum Teil
falschen Anwendung der Medikamente. Zudem haben Antibiotika häufig
unangenehme Nebenwirkungen, da sie auch nützliche Bakterien abtöten. Der
Pharmazeut Dr. Gregor Fuhrmann, Wissenschaftler am Helmholtz-Institut für
Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS), möchte eine Technologie
entwickeln, mit der Antibiotika im Körper gezielt zu den krankmachenden
Bakterien transportiert werden. Das würde deren Wirkung verbessern und
gleichzeitig die Nebenwirkungen minimieren. Für dieses Projekt erhält
Fuhrmann nun im Rahmen des Programms „NanoMatFutur“ eine Förderung des
Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), um eine
Nachwuchsgruppe aufzubauen und sein Forschungsvorhaben umzusetzen. Das
HIPS ist eine gemeinsame Einrichtung des Helmholtz-Zentrums für
Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig und der Universität des
Saarlandes (UdS) in Saarbrücken.

Die Entdeckung des Penicillins in den 1920er Jahren war ein Meilenstein
für die Behandlung bakterieller Infektionskrankheiten. In den folgenden
Jahrzehnten kamen weitere Antibiotika hinzu, doch auch erste Resistenzen
breiteten sich unter den Bakterien aus. Mittlerweile haben viele gängige
Antibiotika ihre hohe Wirksamkeit eingebüßt, da eine Vielzahl bakterieller
Erreger gegen sie resistent geworden ist. Bis zu 25.000 Menschen sterben
pro Jahr allein in Europa an Infektionen mit multiresistenten Keimen. Mit
einer Antibiotikabehandlung gehen außerdem meist starke Nebenwirkungen
einher, etwa durch die Zerstörung der nützlichen Bakterien im Darm. Würden
die Antibiotika nur die krankmachenden Bakterien erreichen, würde dies die
Nebenwirkungen deutlich reduzieren und die Effizienz der Behandlung
steigern. Gregor Fuhrmann, Wissenschaftler in der Abteilung „Wirkstoff-
Transport“ von Prof. Claus-Michael Lehr am HIPS, möchte genau diesen
Ansatz umsetzen. Dazu hat ihm das Bundesministerium für Bildung und
Forschung nun eine Förderung in Höhe von 2,1 Millionen Euro über fünf
Jahre zugesagt, mit der Fuhrmann die Nachwuchsgruppe „Biogene
Nanotherapeutika“ ab heute einrichten wird.

„Ich bin sehr dankbar für die Möglichkeit, meine Nachwuchsgruppe am HIPS
gründen zu können“, sagt Gregor Fuhrmann. „Unser Ziel ist es, ein
natürliches Wirkstoffträgersystem für Antibiotika zu entwickeln, das auf
sogenannten extrazellulären Vesikeln basiert.“ Diese Vesikel sind winzige
Bläschen, die die Körperzellen abgeben, um gezielt mit anderen Zellen zu
kommunizieren. Dabei richten sich die Vesikel nicht nur an andere
Körperzellen, sondern kommen auch zur Abwehr von Bakterien zum Einsatz.
Natürlicherweise enthalten die Bläschen Botenstoffe, über die
Informationen weitergegeben und so physiologische Prozesse im Körper
eingeleitet werden. Diesen körpereigenen Transportweg möchte Fuhrmann mit
seiner neuen Nachwuchsgruppe nutzen, um antibiotische Wirkstoffe besser zu
krankmachenden Bakterien zu bringen und diese so zu bekämpfen.

„Für den gezielten Wirkstofftransport mittels extrazellulärer Vesikel gibt
es in der Krebs- und der regenerativen Medizin bereits erste präklinische
Anwendungen, die systematische Untersuchung der Vesikel als
Wirkstoffträger im Bereich von Infektionserkrankungen ist bisher aber
einzigartig“, sagt Rolf Müller, geschäftsführender Direktor des HIPS. „Ich
freue mich sehr darüber, dass das BMBF Gregor Fuhrmann mit der
Nachwuchsgruppe die Chance gibt, dieses innovative Forschungsvorhaben
umzusetzen.“

Lange Zeit glaubte man, dass die extrazellulären Vesikel nur
Abfallprodukte der Zellen seien. Ihre Rolle in verschiedenen
physiologischen und pathologischen Vorgängen wird erst seit einigen Jahren
erforscht. Fuhrmann möchte Vesikel verschiedener Zellen isolieren, genau
charakterisieren und mit antibiotischen Wirkstoffen beladen. Damit sollen
sich die Vesikel dann gezielt zu Orten mit einer Infektion bewegen und die
Antibiotika dort freisetzen. Die Untersuchungen erfolgen unter anderem mit
modernster Echtzeitmikroskopie, die die Interaktion der Vesikel mit
Bakterien sichtbar machen kann. Als mögliche Quelle für geeignete Vesikel
steht am HIPS außerdem eine Vielzahl von Bakterienstämmen zur Verfügung,
denn auch Bakterien nutzen die Bläschen zur Interaktion und zur
Verteidigung. „Das HIPS bietet beste Voraussetzungen für das Projekt“,
sagt Gregor Fuhrmann. „Die großartige Infrastruktur in Kombination mit
fundiertem Fachwissen in Infektions- und pharmazeutischer Forschung macht
das Institut zu einem außergewöhnlichen Wissenschaftsort in Deutschland
und Europa.“

Auch Prof. Dirk Heinz, wissenschaftlicher Geschäftsführer des HZI, begrüßt
den Förderbescheid des BMBF: „Ich freue mich sehr darüber, dass wir am
HIPS eine neue Nachwuchsgruppe einrichten und damit ein Forschungsvorhaben
mit großem innovativen Potenzial für die moderne Infektionsforschung
etablieren können. Zum erfolgreichen Einwerben der Förderung gratuliere
ich Gregor Fuhrmann von Herzen.“

Die Pressemitteilung und Bildmaterial sind auf unserer Webseite unter dem
Link <https://www.helmholtz-
hzi.de/de/aktuelles/news/ansicht/article/complete/koerpereigene_nanopartikel_als_transporter_fuer_antibiotika/>

Das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung:
Am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) untersuchen
Wissenschaftler die Mechanismen von Infektionen und ihrer Abwehr. Was
Bakterien oder Viren zu Krankheitserregern macht: Das zu verstehen soll
den Schlüssel zur Entwicklung neuer Medikamente und Impfstoffe liefern.
<www.helmholtz-hzi.de>

Das Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland:
Das Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS) in
Saarbrücken wurde im Jahr 2009 vom HZI und der Universität des Saarlandes
gemeinsam gegründet. Die Forscher suchen hier insbesondere nach neuen
Wirkstoffen gegen Infektionskrankheiten, optimieren diese für die
Anwendung am Menschen und erforschen, wie diese am besten zu ihrem Wirkort
im menschlichen Körper transportiert werden können. <www.helmholtz-
hzi.de/hips>

Die Universität des Saarlandes:
Die Saar-Universität ist international bekannt durch die
Informatikforschung und die Nano- und Lebenswissenschaften. Allein in den
Lebenswissenschaften, vor allem der Medizin, Pharmazie und Biologie sowie
den Naturwissenschaften, forschen über 600 Wissenschaftler auf dem Uni-
Campus in Saarbrücken. Die engen Beziehungen zu Frankreich und der Europa-
Schwerpunkt sind weitere Markenzeichen. <www.uni-saarland.de>