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Stiftung Kindergesundheit informiert über ein neues Projekt zur
Verbesserung der Vorsorge im Jugendalter
Es gab im Jahr 2016 ein höchst erfreuliches Jubiläum: Die ersten Kinder,
die in der Bundesrepublik an einer kostenlosen Vorsorgeuntersuchung
teilnehmen durften, sind 45 Jahre alt geworden. 1971 hat der Gesetzgeber
dafür gesorgt, dass jedes Kind bis zum (damals) vierten Lebensjahr
regelmäßig an einem Früherkennungsprogramm teilnehmen konnte. Die
damaligen Babys und Kleinkinder sind vermutlich längst selbst Eltern von
„scheckheft-gepflegten“ Kindern geworden, berichtet die Stiftung
Kindergesundheit in einer aktuellen Stellungnahme.

„Mit jährlich über fünf Millionen Untersuchungen von der U1 bis U9 und
einer Beteiligungsrate von weit über 90 Prozent hat sich das Programm zu
einem einmaligen Erfolgsmodell entwickelt“, sagt Kinder- und Jugendarzt
Professor Dr. Berthold Koletzko, Vorsitzender der Stiftung
Kindergesundheit. „Es gibt allerdings einen Schönheitsfehler: Die allen
Heranwachsenden vom 12. bis zum 15. Geburtstag angebotene
Jugendgesundheitsuntersuchung J1 wird von der Mehrzahl der Teenager nicht
wahrgenommen. Viele wissen es nicht einmal, dass es sie gibt“.

„Null Bock“ auf den Arztbesuch
Eine aktuelle Auswertung der Abrechnungsdaten von knapp einer Million
Jugendlichen, die in den Jahren 2009 bis 2014 in deutschen Arztpraxen am
J1-Gesundheits-Check teilgenommen hatten, ergab zwar einen leichten
Anstieg der Teilnehmerraten von 43,4 Prozent beim Geburtsjahrgang 1995 auf
47,7 Prozent beim Jahrgang 1999. Mehr als die Hälfte der
teilnahmeberechtigten Jugendlichen indes lässt die J1 weiterhin links
liegen. Die häufigsten Gründe sind Unkenntnis, Ängste vor der
Untersuchung, fehlendes Verantwortungsbewusstsein für die eigene
Gesundheit, „keine Zeit“ und „keine Lust“.

Einen Ausweg aus dem Dilemma könnten lokale und regionale Maßnahmen
bieten, von denen die Jugendlichen persönlich angesprochen fühlen. In
Regionen nämlich, wo Behörden die Jugendlichen direkt und persönlich
einladen, liegen die Teilnahmeraten durchschnittlich höher als in anderen.
Unter Beteiligung der Stiftung Kindergesundheit wurde deshalb vom
Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit eine
mediale Informationskampagne ins Leben gerufen. Ihr Motto lautet: „Dein
Ticket zur J1“.

Die Leiterin des Projekts, Dr. med. Uta Nennstiel-Ratzel vom Bayerischen
Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit berichtete auf dem
diesjährigen Kongress der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und
Jugendmedizin DGKJ in Hamburg: „Zur Erforschung der Gründe waren im
Vorfeld zur Informationskampagne im Großraum München qualitative
Gruppeninterviews mit Jugendlichen geführt und 1500 Fragebögen an zufällig
ausgewählte Eltern von 12- bis 14-Jährigen verschickt worden. Als
häufigster Grund für eine nicht wahrgenommene J1 wurde von beiden Gruppen
angegeben, dass die J1 nicht bekannt sei. Vor diesem Hintergrund wurde
eine mediale Informationskampagne zur J1 konzipiert, die von der
Bayerischen Staatsregierung finanziert wird“.

Spot im Web und in den Netzwerken
Das Projekt nutzt mehrere Wege, um die Informationen an die Zielgruppe
heranzutragen:

Als Teil der crossmedialen Kampagne wurde ein Spot entwickelt, in dem
anhand von identifikationsstiftenden Comicfiguren die Grundzüge und
Vorteile der J1 für Jugendliche dargestellt werden. Die Gestaltung
orientiert sich an der aktuellen Lebenswirklichkeit der Zielgruppe und
vermittelt ein positives und optimistisches Gefühl. Der Spot wird auf der
eigenen Webseite
www.j1-untersuchung.de gezeigt und in sozialen Netzwerken verbreitet.

Die Comicfiguren des Spots sind zudem Grundlage eines Flyers mit
Informationen über die Gesundheitsuntersuchung J1. Das Faltblatt enthält
außerdem ein Ticket zum Abreißen, das über die zur Untersuchung
erforderlichen Unterlagen (Impfpass, Versichertenkarte) informiert und zum
Arztbesuch mitgenommen werden kann (nicht muss!).

Ob die Kampagne ihr Ziel erreicht, wird in drei bayerischen Landkreisen
wissenschaftlich evaluiert: In einem der Landkreise werden die
Jugendlichen mit einem Brief nach Hause an die J1 erinnert, in einem
anderen erhalten sie eine Informationsbroschüre in der Schule, im dritten
werden beide Wege gewählt. Der Flyer mit dem Ticket für die J1 liegt jedem
Schreiben bei.

Nach Ende der Kampagne wird der Effekt der Interventionen anhand der
Abrechnungsdaten in den Interventions- und Kontrolllandkreisen verglichen.
Zusätzlich werden die von den Jugendlichen zur J1-Untersuchung
mitgebrachten Tickets bei den Ärzten eingesammelt und ausgewertet.

Zehn „U“s und ein „J“
In dem ersten, noch blauen Vorsorgeheft waren sieben Untersuchungstermine
enthalten, das heutige gelbe Heft beinhaltet zehn „U“s und ein „J“.  Viele
Krankenkassen übernehmen auch die Kosten für eine „J2“, die für 16 bis 17
Jahre alte Jugendliche angeboten wird.

Doch nicht nur die Zahl, sondern auch die Qualität der
Vorsorgeuntersuchungen hat sich in den letzten 45 Jahren erheblich
verbessert, berichtet die Stiftung Kindergesundheit. Am Anfang kreuzten
die Ärzte nur an, ob bestimmte Organbereiche „auffällig“ waren, heute
enthält das Untersuchungsheft dagegen eine regelrechte Checkliste, die –
etwa nach einem Arztwechsel – jedem neuen Arzt und auch den Eltern
eventuell verdächtige Befunde genau anzeigt.

Die Stiftung Kindergesundheit appelliert an alle Eltern, nach Möglichkeit
von allen Vorsorgeuntersuchungen für ihr Kind Gebrauch zu machen.
Professor Berthold Koletzko: „Jede einzelne Vorsorge ist wichtig und kommt
der Gesundheit Ihres Kindes zugute“.

Diese Vorsorgen werden von allen Krankenkassen bezahlt

U1 Neugeborenen-Erstuntersuchung
Kontrolle von Hautfarbe, Atmung, Muskeltätigkeit, Herzschlag und Reflexen,
Screening zur Früherkennung angeborener Stoffwechseldefekte und endokriner
Störungen, Hörscreening zur Erkennung beidseitiger Hörstörungen ab einem
Hörverlust von 35 dB.

U2 3. – 10. Lebenstag
Untersuchung von Motorik, Sinnesorganen und Hüften.

U3 4. – 5. Lebenswoche
Prüfung der altersgemäßen Entwicklung der Reflexe, der Motorik, des
Gewichts und der Reaktionen, Untersuchung der Organe und der Hüften,
Abfrage des Trinkverhaltens.

U4 3. – 4. Lebensmonat
Untersuchung der Organe, Sinnesorgane, Geschlechtsorgane und der Haut, von
Wachstum, Motorik und Nervensystem.

U5 6. – 7. Lebensmonat
Untersuchung der Organe, Sinnesorgane, Geschlechtsorgane und der Haut, von
Wachstum, Motorik und Nervensystem.

U6 10. – 12. Lebensmonat
Kontrolle der geistigen Entwicklung, der Sinnesorgane und der
Bewegungsfähigkeit.

U7 21. – 24. Lebensmonat
Test der sprachlichen Entwicklung, Feinmotorik und Körperbeherrschung.

U7a 34. – 36. Lebensmonat
Frühzeitige Erkennung von Sehstörungen und sonstigen Auffälligkeiten.

U8 46. – 48. Lebensmonat
Intensive Prüfung der Entwicklung von Sprache, Aussprache und Verhalten,
um eventuelle Krankheiten und Fehlentwicklungen im Vorschulalter gezielt
behandeln zu können.

U9 60. – 64. Lebensmonat
Prüfung der Motorik und Sprachentwicklung, um eventuelle Krankheiten und
Fehlentwicklungen vor dem Schuleintritt zu erkennen und zu heilen.

J1 13. – 14. Lebensjahr
Untersuchung u. a. auf auffällige seelische Entwicklungen/
Verhaltensstörungen, Schulleistungsprobleme, Hautprobleme,
gesundheitsgefährdendes Verhalten (Rauchen, Alkohol- und Drogenkonsum),
Störung des Wachstums und der körperlichen Entwicklung, Erkrankungen der
Hals-, Brust- und Bauchorgane. Beantwortung von Fragen der Jugendlichen
bezüglich des Sexualverhaltens. Erhebung und ggf. Aktualisierung des
Impfstatus.


Die Stiftung Kindergesundheit wünscht allen ein besinnliches und
friedvolles Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr!


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