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Fraunhofer FEPAm Fraunhofer-Institut für Organische Elektronik, Elektronenstrahl- und
Plasmatechnik FEP, einem der führenden Forschungs- und Entwicklungspartner
für Elektronenstrahlanwendungen, werden darauf basierende Verfahren und
Anlagen zum Einsatz in Medizin, Pharma und zum Schutz von Ressourcen und
Umwelt entwickelt.

Wissenschaftler des Fraunhofer FEP forschen bereits seit einigen Jahren
mit weiteren Partnern innerhalb der Fraunhofer-Gesellschaft erfolgreich am
Einsatz der Elektronenstrahltechnologie in der Medizintechnik. Die dabei
verwendete niederenergetische Inaktivierung der Krankheitserreger mit
Elektronenstrahlen (LEEI - Low Energy Electron Irradiation) kann auch für
eine besonders schonende Herstellung von Impfstoffen genutzt werden. Die
Grundlagen hierfür werden seit 2014 zusammen mit den Fraunhofer-Instituten
IZI, IPA und IGB erarbeitet.

Die meisten Impfungen beruhen auf Totimpfstoffen, bei denen die Viren
inaktiviert, also an der weiteren Vermehrung gehindert werden. Die Erreger
können im Patienten nun keine Krankheiten mehr verursachen. Dennoch
erkennt das Immunsystem sie und bildet die entsprechenden Antikörper und
damit einen wirksamen Schutz. Üblicherweise müssen die Erreger mehrere
Tage in einer Chemikalie lagern, bis sie inaktiviert sind. So braucht
bspw. Formaldehyd etwa zwei Wochen, um Hepatitis-A-Viren den Garaus zu
machen. Dieser Zeitaufwand ist kostspielig und für die Industrie ein
Nachteil. Zudem greift Formaldehyd auch die Proteine der Viren an, gegen
die das Immunsystem Antikörper bildet. Es verändert die Viren also und
damit sinkt die eigentliche Wirksamkeit des Impfstoffs.

Seit drei Jahren arbeitet das Fraunhofer-Konsortium an der Entwicklung
einer alternativen Technologie unter Verwendung niederenergetischer
Elektronenstrahlen. Die Projektergebnisse zeigen, dass die Technologie
grundsätzlich auf verschiedenste Virusarten (z. B. Influenza oder PRRSV -
„Porcine Reproductive and Respiratory Syndrome Virus“ löst das
Reproduktions- und Atemwegssyndrom der Schweine aus) sowie andere
Erregerarten (Bakterien, Parasiten) anwendbar ist. Durch die Bestrahlung
wird die zur Vermehrung notwendige Erbsubstanz der Viren zerstört. Im
Gegensatz zur chemischen Inaktivierung mit zum Beispiel giftigem
Formaldehyd bleiben jedoch die für die Immunantwort wichtigen
Oberflächenstrukturen erhalten. Der Körper kann dadurch deutlich
spezifischere Antikörper gegen den Erreger bilden und ist somit besser
geschützt. Im Ergebnis könnten geringere Dosen zur Impfung eingesetzt
werden. Außerdem reichen dank dieser Technologie dann statt mehreren Tagen
oder gar Wochen einige Millisekunden aus, um die Viren oder Bakterien zu
inaktivieren. Weiterer Vorteil der Bestrahlung mit niederenergetischen
Elektronen ist, dass sie auch in jedem Labor durchgeführt werden kann.

»Durch die Verwendung von niederenergetischer Elektronenstrahlung entsteht
eine neuartige, kompakte und hocheffiziente Technologie für die Produktion
sicherer und auch kostengünstiger Impfstoffe.«, erläutert Dr. Jessy
Schönfelder, Leiterin der Gruppe Medizinische Applikationen am Fraunhofer
FEP, die Erwartungen an die Entwicklungsarbeiten.

Innovative Medizinprodukte können durch niederenergetische Elektronen
ebenfalls effektiv sterilisiert werden. Vorstellbar sind beispielsweise
künstliche Kniegelenke mit integrierter Elektronik zur Erfassung der
Abnutzung oder Implantate wie Herzklappen mit neuartigen
Materialkombinationen inklusive biologischen Geweben, die für ihren
Einsatz sterilisiert werden müssen.  Die Wissenschaftler des Fraunhofer
FEP freuen sich auf neue Projekte mit Industriepartnern, um diese
zukunftsweisende Technologie für weitere Anwendungen nutzbar zu machen.
Das können z. B. die Entwicklung eines produktspezifischen, transportablen
Mini-Sterilisators oder von Technologien zur Sterilisation von flüssigen
Produkten sein.