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Für ihre revolutionären Studien zur Behandlung von Rückenschmerzen mit
Antibiotika wurde Dr. Hanne Albert, Odense, Dänemark, mit dem DEUTSCHEN
SCHMERZPREIS – Deutscher Förderpreis für Schmerzforschung und
Schmerztherapie ausgezeichnet. Der Preis wurde im Rahmen des Deutschen
Schmerz- und Palliativtages 2017 in Frankfurt am Main überreicht.
Wissenschaftlicher Träger des Preises ist die Deutsche Gesellschaft für
Schmerzmedizin e.V. (DGS), der Preis wird gemeinsam mit der Deutschen
Schmerzliga e.V. verliehen. Er wird von dem Limburger Pharmaunternehmen
Mundipharma gestiftet und ist mit 10.000 Euro dotiert.

Ungefähr die Hälfte der Patienten mit chronischen Schmerzen im unteren
Rücken weisen bei Untersuchungen im MRT Ödeme im Knochenmark, so genannte
‚modic changes’, auf. Bei ersten Untersuchungen konnte Albert in dem nach
einem Bandscheibenvorfall entnommenen Gewebe bei mehr als 50 Prozent der
Patienten Bakterien nachweisen. Zu einem Großteil war das Gewebe mit P.
acnes infiziert. Dieses Bakterium, das zur natürlichen Mundflora gehört,
gelangt beispielsweise über kleine Verletzungen, die beim Zähneputzen
entstehen, ins Blut. Über neu gebildete Kapillaren an dem ausgetretenen
Gewebe der Bandscheibe gelangen die Bakterien schließlich ins Innere der
Bandscheibe und verbleiben dort auch nach einer Ausheilung des
Bandscheibenvorfalls und verursachen Entzündung, Knochenödem und
Schmerzen.

So entstand die Idee, in einer Pilotstudie zu testen, ob Antibiotika gegen
den Bakterienbefall und damit auch gegen die Rückenschmerzen der Patienten
wirken können. Bereits diese erste Studie zeigte signifikante Ergebnisse
in der Verbesserung – sowohl der Schmerzsymptome als auch der
funktionellen Beschwerden der Patienten. Weitere randomisierte, placebo-
kontrollierte Studien bestätigen das Ergebnis. Die Patienten erhielten
über einen Zeitraum von 100 Tagen 3-mal täglich 1.000 mg Amoxicillin.
Erste Effekte zeigten sich nach 6 bis 8 Wochen und setzten sich über eine
Follow-up-Zeit von einem Jahr, in einer weiteren Studie sogar über zwei
Jahre, fort.

Antibiotika bei „modic changes“ mit Bakteriennachweis
Auf die Frage, ob nun alle Patienten mit Schmerzen im unteren Rücken mit
Antibiotika behandelt werden sollen, sagte Albert: „Nein, aber diejenigen
mit ‚modic changes’, bei denen Bakterien eine Rolle spielen, profitieren
enorm.“ Ein revolutionärer Ansatz in der Schmerzmedizin, der nicht nur das
Leiden von Millionen von Patienten lindern könnte, sondern auch enorme
Kosten aufgrund von Arbeitsunfähigkeiten und Frühberentungen einsparen
könnte. Diese Forschungsanstrengungen wurden nun mit dem DEUTSCHEN
SCHMERZPREIS ausgezeichnet.

„Hanne Albert hat mit ihrer bahnbrechenden Arbeit schmerzmedizinische
Denkweisen nachhaltig verändert und eine neue Diskussionsbasis zum
Verständnis von chronischen Rückenschmerzen geschaffen“, so Dr. Gerhard
Müller-Schwefe, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin in
seiner Laudatio.

Der DEUTSCHE SCHMERZPREIS – Deutscher Förderpreis für Schmerzforschung und
Schmerzmedizin – wird jährlich an Persönlichkeiten verliehen, die sich
durch wissenschaftliche Arbeiten über Diagnostik und Therapie akuter und
chronischer Schmerzzustände verdient gemacht oder die durch ihre Arbeit
oder ihr öffentliches Wirken entscheidend zum Verständnis des
Problemkreises Schmerz und der davon betroffenen Patienten beigetragen
haben.
Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.schmerz-und-palliativtag.de