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Zum Projektauftakt traf sich das N2B-Konsortium am Fraunhofer IGB in Stuttgart.  Fraunhofer IGBIn einem von der EU geförderten Forschungsprojekt entwickelt ein
internationales Konsortium in den kommenden Jahren eine neue Technologie
für eine bes-sere Behandlung von Multipler Sklerose. Der innovative
»Nose2Brain«-Ansatz sieht vor, einen speziellen Wirkstoff direkt über die
Nase in das zentrale Nervensystem zu transportieren. Zu diesem Zweck
arbeitet das Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und
Bioverfahrenstechnik IGB an einer Wirkstoffformulierung, die mittels eines
speziellen Applikators direkt in der Regio olfactoria angebracht wird und
dort den Wirkstoff über einen längeren Zeitraum abgeben kann.

Medizinische Wirkstoffe werden üblicherweise über das Blut im Körper
verteilt – entweder direkt durch Injektion in die Blutbahn oder indirekt,
beispielsweise über den Verdau-ungstrakt nach oraler Einnahme. Bei vielen
Erkrankungen – etwa des zentralen Nervensystems – ist es jedoch
entscheidend, den Wirkstoff möglichst effizient an den gewünschten Wirkort
zu transportieren. Ein Beispiel hierfür ist die Behandlung von Multipler
Sklerose, bei der die Pharmazeutika ihre Wirkung vor allem im
Zentralnervensystem entfalten müssen. Dieses ist jedoch aufgrund
spezieller Schutzmechanismen wie der Blut-Hirn-Schranke auf dem üblichen
Weg über das Blut besonders schwer zu erreichen.

Durch die Nase direkt ins Gehirn

Das Fraunhofer IGB beteiligt sich daher im Rahmen des EU-geförderten
Verbundprojektes »N2B-patch« an der Entwicklung einer medizinischen
Therapieform zur Wirkstoffverabreichung über die Regio olfactoria. Dieser
alternative Ansatz sieht vor, es einem Wirkstoff zu ermöglichen, den Weg
über das Blut zu umgehen und direkt ins Gehirn zu gelangen. Denn das
Gehirn mit der umgebenden Flüssigkeit ist an dieser Stelle nur durch das
Siebbein und einige Zellschichten von der Nasenhöhle getrennt. Der
Wirkstoff kann diese Barriere einfach durchdringen und das Gehirn auf
kurzem Wege direkt erreichen. Das therapeutische System soll einerseits
aus dem Wirkstoff selbst bestehen, aus einer den Wirkstoff enthaltenden
Formulierung, einem Hydrogel als Trägermaterial für die Formulierung,
sowie dem passenden Applikator zum Einsetzen des Gelpflasters (Patch) in
die Nase. Bei dem Wirkstoff handelt es sich um ein Biomolekül, welches die
Regenerierung von Nervenzellen anregt.

Innerhalb des Projektes konzentrieren sich die Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler des Fraunhofer IGB auf die Formulierung der Partikel, die
den Wirkstoff enthalten, und das Einbringen dieser in das Gel. Um das Gel
dann in die Nase einzuführen, entwickelt das Projektkonsortium einen
speziellen Applikator. Das Gerät ist eine Kombination aus einem
handelsüblichen Endoskop und einem speziellen Mischsystem. Letzteres ist
notwendig, da der Wirkort schlecht zu erreichen ist und ein bereits
verfestigtes Gel nicht an der vorgesehenen Stelle platziert werden könnte.
Die flüssigen Grundstoffe des Gels müssen daher separat zum olfaktorischen
Epithel im Inneren der Nase transportiert werden. Erst dort sollen sich
die einzelnen Komponenten vernetzen und ein Gel mit der benötigten
Konsistenz bilden, damit das Patch auch zuverlässig haften bleibt.

Da die Regio olfactoria schwer zu erreichen ist, soll die Applikation des
Gel-Patches von einem Arzt durchgeführt werden, nicht durch den Patienten
selbst. Die Freisetzung des enthaltenen Wirkstoffes wird dann über einen
längeren Zeitraum hinweg erfolgen und das Patch muss danach nicht wieder
entfernt werden. Für die langfristige Behandlung wird dann einfach ein
neues eingeführt.

EU fördert Nose2Brain-Projekt über vier Jahre

Das Projekt N2B-patch wird im Rahmen der Ausschreibung »Biomaterials for
diagnosis and treatment of demyelination disorders of the Central Nervous
System« von der EU finanziell gefördert. Insgesamt beteiligen sich elf
Projektpartner aus der Forschung und der Industrie. Das Projekt ist auf
vier Jahre ausgelegt und wird Ende 2020 seinen Abschluss finden. Die
Beteiligten forschen vor allem mit Blick auf die Behandlung von Multipler
Sklerose, doch sie hoffen auch darauf, weitere Anwendungsfelder für die
N2B-Plattform erschließen zu können.


Weitere Informationen finden Sie unter
https://www.igb.fraunhofer.de/de/presse-medien/presseinformationen/2017/nose2brain.html