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Mit großer Sorge verfolgt die Deutsche Herzstiftung die jüngsten
Ereignisse um Abgasmanipulationen in der Automobilbranche. „Diese
Ereignisse sind äußerst beunruhigend. Sie führen vor Augen, wie weit
entfernt Deutschland von einer dringlich notwendigen Verbesserung der
Luftqualität durch den überfälligen Einsatz sauberer Alternativen zu
Benzin und Diesel für den Gesundheitsschutz von vielen Millionen Menschen
ist, darunter Kinder, chronisch Kranke, Schwangere und ältere Menschen“,
warnt Prof. Dr. med. Thomas Münzel vom Wissenschaftlichen Beirat der
Deutschen Herzstiftung und Direktor der Klinik für Kardiologie I der
Universitätsmedizin Mainz. „Nur durch eine rasche Verringerung der
gesundheitsgefährdenden Luftverschmutzung insbesondere durch PKW- und LKW-
Abgase mit ihren giftigen Stickoxiden, Feinstaub, Schwefeloxiden,
Kohlenmonoxid und Schwermetallen können wir die Bevölkerung vor einer
Gesundheitsgefährdung schützen.“ Für den Kardiologen ist das jüngste
Gerichtsurteil in Stuttgart für ein Diesel-Fahrverbot in der
Landeshauptstadt in medizinischer Hinsicht „ein folgerichtiger Auftakt für
mögliche weitere Diesel-Fahrverbote in anderen belasteten Regionen.“
Luftverschmutzung ist nicht nur für die Entstehung und Verschlechterung
von Atemwegserkrankungen verantwortlich, sondern stellt ein Risiko für
Herz-Kreislauf-Erkrankungen dar (Infos kostenfrei unter
www.herzstiftung.de/stress.html). Bei Patienten mit koronarer
Herzkrankheit (KHK) kann auch ein nur kurzfristiger Kontakt mit stark
verschmutzter Luft die Gefährdung für das Herz erhöhen. „Abgase des
Straßenverkehrs, insbesondere von Dieseltreibstoff, können die
Blutplättchen von KHK-Patienten aktivieren und so deren Neigung erhöhen zu
verklumpen. Die Pumpfunktion des Herzens verschlechtert sich nachweislich,
der Blutdruck steigt und der Prozess der Arteriosklerose wird deutlich
gesteigert. Das befördert die Entstehung eines Herzinfarkts“, betont Prof.
Münzel. Kommt es zu kurzfristigen Ausbrüchen einer Luftverschmutzung mit
deutlichem Anstieg der gasförmigen und Partikelbestandteile, erhöht sich
bei Herzschwächepatienten das Risiko zu sterben oder zumindest einen
Krankenhausaufenthalt notwendig zu machen.

Anhaltende Luftverschmutzung: Warum beschleunigt sie Entstehung von
Infarkten?
Mit der Atmungsluft gelangen gasförmige Stoffe und kleine Partikel über
die Atemwege (Bronchien) bis in die Lungenbläschen (Alveolen). Diese
Fremdgase und Fremdstoffe führen in den unteren Atemwegen wegen der
Aktivierung der dort ansässigen Fresszellen (Phagozyten) zu einer
Entzündungsreaktion. Neuere Untersuchungen belegen, dass Feinstaub,
insbesondere der Ultrafeinstaub (die Partikelgröße ist kleiner als 100
Nanometer = Größe eines Virus) nach Inhalation sofort in die Blutbahn
übergeht und von dort in die Gefäßwand. Dadurch werden chronische
Entzündungen ausgelöst und damit auch der Prozess der Arteriosklerose
begünstigt bzw. beschleunigt.
Dadurch kommt es bei Menschen, die chronisch der Luftverschmutzung
ausgesetzt sind, zum vorzeitigen Ausbruch der wichtigsten Erkrankungen in
diesen Gefäßregionen: Herzinfarkt und Schlaganfall und zu einem deutlichen
Mehr an Herzschwäche. Insbesondere ältere Patienten mit Herz- und
Lungenerkrankungen sollten sich deshalb bei hoher Luftverschmutzung
besonders wenig außerhalb des Hauses aufhalten.
Wer in einer Stadt mit viel Autoverkehr z. B. joggen gehen oder Rad fahren
möchte, sollte nicht entlang intensiv befahrener Straßen laufen, sondern
eher in Parks oder im Grüngürtel, wo man weniger verschmutzte Luft
einatmet.

Die WHO hat in ihren „Air Quality Guidelines“ (Leitlinien für
Luftqualität) folgende Grenzwerte für die Feinstaubbelastung im
Jahresdurchschnitt gesetzt:

- für Feinstaubpartikel PM10: 20 μg/m³
- für Feinstaubpartikel PM2,5: 10 μg/m³

Mit diesen Vorgaben gehen die Regierungen sehr unterschiedlich um. Die EU
ist – wie Experten im „European Heart Journal“ (2016) feststellten – „ein
besonders schlechtes Beispiel“. Die EU hat die Grenzen doppelt so hoch
gesetzt:

- für Feinstaubpartikel PM10: 40 μg/m³
- für Feinstaubpartikel PM2,5: 20 μg/m³

Wissenschaftler haben immer wieder verlangt, diese Grenzwerte nach unten
zu korrigieren – ohne dass in Brüssel irgendetwas geschieht.

Siehe z. B. „European Heart Journal“ Newby D.E. et al. (2014) und Claeys
M.J. et al. (2017).

Tipp: Im Ratgeber „Psychischer und sozialer Stress“ informieren
Herzspezialisten und ein Psychokardiologe über verschiedene Formen von
Stress (Arbeitsbelastung, Lärm, Luftverschmutzung), die schädigend auf das
Herz-Kreislauf-System wirken können. Auch liefert der Band (32 S.) Tipps
zum Umgang mit Stress. Anzufordern kostenfrei unter
www.herzstiftung.de/stress.html, per E-Mail unter
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! oder telef. unter 069 955128400.

Infos zum Herzinfarkt:
www.herzstiftung.de/Anzeichen-Herzinfarkt.html