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Rund 1,7 Röntgenanwendungen erhält jeder Deutsche
durchschnittlich pro Jahr – damit belegt die Bundesrepublik europaweit
einen der vorderen Plätze. Das ist nach Einschätzung der Deutschen
Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin e.V. (DEGUM) – aufgrund der
gesundheitsschädlichen ionisierenden Strahlen– alarmierend. Die Experten
empfehlen, Patienten möglichst mittels Ultraschall zu untersuchen. Die
Sonografie biete häufig eine Alternative zum Röntgenbild – und sei
strahlungsfrei. Gerade bei Baucherkrankungen, Knochenbrüchen und Rheuma
seien Ultraschalluntersuchungen ebenbürtig – oder sogar überlegen.

„Bei der Ultraschalldiagnostik werden ausschließlich Schallwellen zur
Erzeugung der Bilder verwendet, die – anders als ionisierende Strahlen –
keine negativen Wirkungen auf menschliches Gewebe haben“, sagt PD Dr. med.
Wolfgang Hartung, Leiter des DEGUM-Arbeitskreises Bewegungsorgane. „Somit
kann eine Ultraschalluntersuchung theoretisch beliebig oft durchgeführt
werden, ohne den Patienten zu belasten.“ Aufgrund der starken
gesundheitlichen Vorteile empfiehlt auch die Strahlenschutzkommission
(SSK) Medizinern, immer sorgfältig zu prüfen, in welchen Fällen eine
Ultraschalluntersuchung eine röntgen- oder nuklearmedizinische
Untersuchung ersetzen kann.

Das geht mittlerweile häufig, denn die Ultraschalltechnik hat sich in den
vergangenen Jahren stark weiterentwickelt. „Es ist nicht mehr nur möglich
verschiedenste Gewebetypen darzustellen, sondern auch die Durchblutung von
Extremitäten und Organen zu quantifizieren“, erläutert Hartung. „Somit
kann der Ultraschall zum Beispiel im Bereich der Bauchorgane – sowohl bei
akuten als auch bei chronischen Erkrankungen – eingesetzt werden.“ Als
erste bildgebende Methode habe er gewissermaßen eine Steuerungsfunktion.
Allerdings seien der Ultraschalluntersuchung auch physikalische Grenzen
gesetzt, die sich von denen anderer bildgebender Verfahren grundlegend
unterscheiden. „Luft ist ein natürlicher Feind der
Ultraschalluntersuchung, da sie aufgrund ihrer Reflexionseigenschaften die
Bildgebung erheblich stört“, so der DEGUM-Experte.

Neben Baucherkrankungen können auch Knochenbrüche sehr gut mittels
Sonografie erkannt werden. Häufig kommt hier jedoch noch die
Röntgenstrahlung zum Einsatz. „Nahezu ein Drittel aller veranlassten
Röntgenuntersuchungen betreffen das Skelett“, so Hartung. „Dabei zeigen
zahlreiche Studien, dass bei bestimmten Knochenbrüchen die
Ultraschalluntersuchung mindestens ebenbürtig – oder sogar überlegen ist.“
Der Rheumatologe sieht beispielsweise gute Möglichkeiten, den Einsatz von
Röntgenstrahlen bei Kindern zu vermeiden. „In naher Zukunft werden
Unterarm- und Oberarmbrüche bei Kindern überwiegend durch eine
Ultraschalluntersuchung diagnostiziert“, prognostiziert Hartung. Das sei
besonders relevant, da der Organismus besonders im Wachstumsalter
empfindlich für ionisierende Strahlen sei.

Auch in der Rheumatologie nimmt die Sonografie mittlerweile einen festen
Stellenwert in der Frühdiagnostik ein. „Rheumatisch bedingte Defekte am
Knochen können durch die Ultraschalluntersuchung im Schnitt sechs Monate
früher erkannt werden als durch eine kon-ventionelle Röntgenuntersuchung“,
sagt der Experte. Auch hier trägt der Ultraschall dazu bei,
Röntgenuntersuchungen zwar nicht ganz zu ersetzten, aber die Anzahl der
Untersuchungen doch deutlich zu reduzieren.

Nicht nur Ärzte sondern auch Patienten selbst können eigenverantwortlich
dazu beitragen, die Anzahl unnötiger Röntgenaufnahmen zu verringern. „Bei
jedem Arztbesuch sollten Patienten ihren Röntgenpass mitführen, damit jede
neue Untersuchung eingetragen werden kann“, rät Hartung. „Wichtige
Voraufnahmen sollten ebenfalls mitgebracht werden, um Doppeluntersuchungen
zu vermeiden und eventuell einen Vergleich des aktuellen Befundes mit
früheren zu ermöglichen.“ Zudem sollten Patienten bei ihrem Arzt
nachfragen, ob die angedachten Untersuchungen tatsächlich sinnvoll sind.
Darüber hinaus sollten sie sich die Notwendigkeit der angedachten
Untersuchungen – und das damit verbundene Risiko – stets genau erläutern
lassen.

Weitere Informationen:

<https://www.bfs.de/DE/themen/ion/anwendung-medizin/diagnostik/roentgen/haeufigkeit-exposition.html>

Strahlenschutzkommission, Orientierungshilfe für bildgebende
Untersuchungen, Empfehlungen der Strahlenschutzkommission 2. Auflage

Ackermann O, Hax PM, Lahner M, Eckert K. Indikationen zur sonographischen
Frakturdiagnostik von Frakturen im Wachstumsalter. Trauma Berufskrankh
2015; 17:115-121

Beltrame V, Stramare R, Rebellato N, Angelini F, Frigo AC, Rubaltelli L.
Sonographic evaluation of bone fractures: A reliable alternative in
clinical practice? Clin Imaging 2012; 36:203

Hartung W, Schmidt WA, Sonographie in der Rheumatologie, Z Rheumatol 2013
· 72:119–128

Über die DEGUM:
Die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) bietet
ein Forum für den wissenschaftlichen und praktischen Erfahrungsaustausch
auf dem Gebiet des medizinischen Ultraschalls. Sie vereint rund 10 000
Ärzte verschiedener Fachgebiete, medizinische Assistenten,
Naturwissenschaftler und Techniker. Ultraschalldiagnostik ist heute das am
häufigsten eingesetzte bildgebende Verfahren in der Medizin.
Ultraschallanwendern bescheinigt die DEGUM eine entsprechende
Qualifikation mit einem Zertifikat der Stufen I bis III. DEGUM
zertifizierte Ärzte finden Patienten im Internet unter: <www.degum.de>