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Dr. Andreas Beckmann, Herzchirurg und Geschäftsführer der DGTHG

Unser Herz: faustgroß, ca. 350 Gramm schwer und unermüdlicher Motor des
menschlichen Körpers. Im Laufe eines Menschenlebens pumpt dieses
faszinierende Hohlorgan mit bis zu drei Milliarden Schlägen etwa 250
Millionen Liter Blut durch den Körper. Eine der häufigsten Herz-
Erkrankungen in den westlichen Industrieländern ist die Koronare
Herzkrankheit (KHK). Herzchirurg und Geschäftsführer der Deutschen
Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie, Dr. Andreas Beckmann,
gibt Antworten zur Koronaren Herzkrankheit und zu einer der invasiven
Behandlungsmaßnahmen: der Bypass-Operation des Herzens.

Erklären Sie kurz die Koronare Herzkrankheit

Unter der Koronaren Herzkrankheit versteht man die Erkrankung der Arterien
die den Herzmuskel mit Blut versorgen den sog. Herzkranzgefäßen. Auslöser
ist oftmals die Arteriosklerose die durch Ablagerungen an den Gefäßwänden
über Plaque Bildungen in Gefäßverengungen mündet und letztlich zu einer
dauerhaften Gefäßverkalkung führt. Dadurch wird die Sauerstoffversorgung
des Herzmuskels gefährdet und es entsteht ein Missverhältnis zwischen
Sauerstoffangebot und -bedarf. Am Ende dieses meist schleichenden
Prozesses kann es zu einem lebensbedrohlichen Verschluss der
Herzkranzgefäße kommen. Patienten mit einer KHK können keine Symptome
aufweisen, berichten jedoch häufig über Symptome wie Brustenge, die sog.
Angina pectoris, oder Luftnot in Ruhe bzw. bei Belastung. Weitere
alarmierende Symptome können von Herzrhythmusstörungen bis hin zu einem
lebensbedrohlichen Herzinfarkt reichen. Der Herzinfarkt entsteht durch
einen akuten Herzkranzgefäß-Verschluss, auf dem Boden einer zuvor
vorhandenen Engstelle der Arterie, was dann zu einer anhaltenden
Durchblutungsstörung einer Region des Herzmuskels führt.

Was sind Sinn, Zweck und Ziel der Therapie?

Zunächst sollte erwähnt werden, dass die Koronare Herzkrankheit nicht
heilbar ist. Allerdings stehen heutzutage für die betroffenen Patienten
sehr gute Therapiemöglichkeiten zur Verfügung die ihnen exzellente Chancen
bieten mit der Erkrankung dauerhaft gut leben zu können. Je nach Schwere
der Erkrankung und Grad bzw. Art der Gefäßverengungen sind
unterschiedliche Therapien indiziert, die grob in invasive und nicht
invasive Behandlungsansätze unterschieden werden können. Wesentliche Ziele
der Behandlungen der KHK sind jegliche Symptome zu beheben, das
Fortschreiten der Gefäßverkalkungen zu minimieren und die negativen Folgen
wie Herzrhythmusstörungen, Herzschwäche und Herzinfarkte gänzlich zu
verhindern, um dadurch die Überlebenschance der betroffenen Patienten zu
verbessern. Invasiv bedeutet in diesem Kontext einen Eingriff in den
Körper, also in dem Falle, in dem eine rein medikamentöse Behandlung der
Krankheit nicht oder nicht mehr ausreicht.

Eine invasive Therapieform ist der Koronar-Bypass. Wann benötigt der
Patient eine solche Gefäßbrücke?

Leitlinien wie die deutschsprachige „Nationale Versorgungsleitlinie -
chronische KHK“ oder die englischsprachige Leitlinie „Guidelines on
myocardial revascularization“ europäischer Fachgesellschaften geben
Empfehlungen zur Behandlung der KHK auf dem Boden anerkannter
wissenschaftlicher Erkenntnisse. Beispielsweise ist eine komplexe
Verengung des Anfangsteils der linken Herzkranzarterie, die sog.
Hauptstammstenose, eine klare Indikation für eine koronare Bypass-
Operation. Dies gilt auch bei komplexeren Verengungen aller drei
Herzkranzgefäße, auch dann ist die koronare Bypass-Operation die erste
Empfehlung und somit die vorrangige Wahl für den Patienten, sowohl in
Hinblick auf das zu erwartende Überleben, als auch auf die Lebensqualität.
Diese Empfehlungen ergeben sich aus den Ergebnissen diverser medizinischer
Studien.

Was ist das Ziel einer koronaren Bypass-Operation und wann ist eine
Operation sinnvoll?

Die koronare Bypass-Operation dient dazu, das sauerstoffreiche Blut hinter
die Verengung der Herzkranzgefäße zu transportieren und damit die Folgen
der Minderdurchblutung des Herzmuskels zu beheben. Der Koronar-Bypass ist
somit eine Überbrückung der Gefäßengstelle, quasi eine operativ angelegte
Umgehungsstraße bzw. Umleitung. Oberstes Ziel der Operation ist es, die
Durchblutung des Herzmuskels mit genügend sauerstoffreichen Blut wieder
erheblich zu verbessern. Ob eine Herz-Operation sinnvoll ist, hängt von
verschiedenen Faktoren ab. Daher muss jeder Patient individuell befragt,
untersucht und auf Grundlage medizinischen Fakten und persönlichen
Gegebenheiten beraten werden um zu einer Therapieempfehlung gelangen zu
können. Nur so kann die für ihn geeignete und individuell bestmögliche
Therapie gewählt werden. In diesem Zusammenhang ist es daher besonders
wichtig, dass die beteiligten Fachärzte (z.B. Hausarzt,
Allgemeinmediziner, Kardiologe und Herzchirurg) „Hand im Hand“ zum Wohle
der Patienten zusammenarbeiten.

Woraus ist der Koronar-Bypass gefertigt und wie lange hält er?

Für den Bypass am Herzen werden eigene Blutgefäße des Patienten verwendet,
die einerseits groß genug sind um als Gefäßbrücke zu dienen und
andererseits an der ursprünglichen Stelle des Körpers entbehrlich sind.
Das Blutgefäß kann eine Arterie der Brustwand sein oder auch eine Vene aus
dem Bein des Patienten sein. Die Offenheit und Funktionstüchtigkeit eines
Koronar-Bypasses hängt von unterschiedlichen Faktoren ab, üblicherweise
funktionieren die Gefäßbrücken ca. 15 bis 20 Jahre.

Welche Untersuchungen finden vorher statt?

Vor der Operation findet eine Allgemeinuntersuchung statt sowie
bildgebende Diagnostik. Dazu zählen Laborwerte, Röntgen, Herzultraschall
und ein EKG.

Wie lange dauert eine Koronare Herz-Operation und wie groß ist das
Operations-Team?

Eine Herz-Operation dauert ca. 3-4 Stunden. In der Regel besteht das Team
aus einem Operateur, also dem erfahrenen Facharzt für Herzchirurgie, ein
bis zwei Assistenzärzten in Weiterbildung, einem Facharzt für Anästhesie
(der sogenannte Narkosearzt), zwei fortgebildeten OP-Schwestern bzw.
-pflegern, einer fortgebildeten Anästhesie-Schwester und einem
qualifizierten Kardiotechniker.

Wie lange dauert der Krankenhausaufenthalt für den Eingriff?

In Abhängigkeit von der Diagnostik und dem Allgemeinzustand des Patienten
sowie dem Verlauf vor und nach der Operation, dauert ein
Krankenhausaufenthalt 14 Tage. Eine anschließende Rehabilitation ist
sinnvoll und wird in der Regel auch gemacht.

Wann ist man wieder fit und arbeitsfähig, kann also ein „normales“ Leben
führen?

Die Regeneration und Rehabilitation ist von Patient zu Patient
unterschiedlich. Nach dem Krankenhausaufenthalt und den sich
anschließenden Maßnahmen ist ein normales Leben in der Regel möglich.
Vorhandene Risikofaktoren sollten möglichst minimiert werden. Sport und
regelmäßige Bewegung wirken sich zum Beispiel sicher positiv auf den
Gesundheitszustand aus.

Welche Risikofaktoren sollten besonders minimiert werden – bitte nennen
Sie diese?

Zunächst gilt es festzustellen, dass der Patient nicht alle Risikofaktoren
für Herzerkrankungen beeinflussen kann da diese vererbbar bzw. familiär
bedingt sind. Hingegen Rauchen, hoher Blutdruck, Fettstoffwechselstörungen
(erhöhtes Cholesterin), Diabetes mellitus, Übergewicht und auch
Bewegungsmangel sowie Stress sind bekannte Risikofaktoren die durchaus
beeinflusst werden können. Generell gilt natürlich ein gesunder
Lebenswandel als gute Voraussetzung für ein gesundes Herz-Kreislauf-
System, ein Garant ist dies jedoch auch nicht.

Wie oft muss der Patient nach der Herz-Operation zur Kontrolle?

Auch dies muss patientenindividuell entschieden werden. In der Regel ist
zunächst eine halbjährliche Untersuchung ausreichend. Hier betreut der
Hausarzt und/oder der Kardiologe.

Können Sie sagen, wie viele Herzoperationen bzw. der koronare Bypass-
Operationen pro Jahr in Deutschland durchgeführt werden?

Die Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie erhebt
alljährlich aktuelle Zahlen zu allen Herzoperationen. 2016 wurden rund
100.000 Herzoperationen in den 78 Fach-abteilungen für Herzchirurgie in
Deutschland durchgeführt. Hiervon waren rund 52.000 Koronar-Bypass-
Operationen allein oder in Kombination mit anderen Eingriffen am Herzen.

Die Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG)
vertritt als medizinische Fachgesellschaft die Interessen der über 1.000
in Deutschland tätigen Herz-, Thorax- und Kardiovaskularchirurgen im
Dialog mit Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit.

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Weitere Informationen unter www.dgthg.de und unter

Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG)
Regina Iglauer-Sander
Pressereferentin DGTHG
Erdmannstr. 6
10827 Berlin
Fon 030/788904-64
Fax 030/788904-65
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