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Zellkern einer menschlichen Zelle mit den Komponenten des Detektionssystems. Im oberen Teil des Bildes ist das Det  Universität Stuttgart / IBTB
Zellkern einer menschlichen Zelle mit den Komponenten des Detektionssystems. Im oberen Teil des Bildes ist das Det Universität Stuttgart / IBTB

Der Forschungsgruppe von Prof. Albert Jeltsch am Institut für Biochemie
und Technische Biochemie der Universität Stuttgart ist es erstmals
gelungen, epigenetische Informationen des Erbguts an lebendigen Zellen
auszulesen. Dies wird es ermöglichen, die Entstehung von Krankheiten und
andere biologische Entwicklungsprozesse besser zu verstehen und neue
Therapieansätze zu entwickeln. Über die Arbeit berichtete die
Fachzeitschrift Nature Communications.

Epigenetische Information besteht aus chemischen Veränderungen, die der
DNA und den diese umgebenden Proteinen an definierten Positionen angehängt
werden. Sie beeinflussen die Entwicklung von vielzelligen Organismen und
sind wesentlich an der Entstehung von Krankheiten beteiligt. Wenn man die
epigenetischen Informationen kennt, kann man erklären, warum verschiedene
Zellen sich trotz gleichem Genom unterschiedlich verhalten und, so die
Hoffnung, diese Prozesse beeinflussen.
Bisher konnte die Veränderung epigenetischer Informationen jedoch nur in
mehreren Stufen an Zellproben untersucht werden, die dabei zerstört
wurden. Dies ist deshalb von Nachteil, weil so Entwicklungsprozesse nur
punktuell erfasst werden und die einzelnen Zellproben zudem
unterschiedliche Merkmale aufweisen können.
Mit der von der Gruppe um Professor Jeltsch entwickelten Methode zur
Analyse epigenetischer Informationen an lebenden Zellen sind nun erstmals
durchgehende Untersuchungen an derselben Zelle möglich. Das Verfahren
beruht auf der spezifischen Bindung von Ankermolekülen im Genom,
kombiniert mit der Erkennung von epigenetischen Signalen durch
Leseproteine. Wenn diese Signale an einem bestimmten Ort vorhanden sind,
binden beide Elemente dicht beieinander. Es kommt zur Aktivierung eines
Fluoreszenzproteins, das in entsprechenden Fluoreszenzmikroskopen
aufgespürt werden kann.
„Mit der neuen Methode können Entwicklungsprozesse in Zellen über längere
Zeiträume und in verschiedenen Zellbereichen deutlich präziser beobachtet
werden“, erklärt Jeltsch. „Dies eröffnet neue Möglichkeiten, die
Reprogrammierung von epigenetischer Information während der Entwicklung
von Organismen und auch bei der Entstehung von Krankheiten zu verfolgen.“
Profitieren könnte davon neben der Grundlagenforschung zum Beispiel die
Tumortherapie.

Originalpublikation: Cristiana Lungu, Sabine Pinter, Julian Broche,
Philipp Rathert, Albert Jeltsch, Nature Communications 2017 Sep
21;8(1):649. Modular fluorescence complementation sensors for live cell
detection of epigenetic signals at endogenous genomic sites, doi
10.1038/s41467-017-00457-z
Kontakt:
Prof. Albert Jeltsch, Universität Stuttgart, Institut für Biochemie und
Technische Biochemie, Tel. +49 711 685 64390, E-Mail: albert.jeltsch@ibc
.uni-stuttgart.de