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Thrombose kann schmerzfrei diagnostiziert und einfach behandelt werden.
- Experten sprechen von einer Unter- und Überversorgung in Deutschland und
fordern eine flächendeckende Versorgungsforschung.
- Ab sofort steht behandelnden Ärzten die „Antikoagulations-Ampel“ als
Orientierungshilfe
bei der Therapie zur Verfügung.

Dank der Fortschritte in der medizinischen Forschung ist die Therapie von
Thrombose durch den Einsatz direkter oraler Antikoagulanzien gepaart mit
einer modernen symptomorientierten Kompressionstherapie so einfach und
risikoarm wie noch nie. Die aktuellen Leitlinien schreiben auch eine
schmerzfreie und den Patienten nicht belastende Diagnose vor. „Beim
Erkennen und Ernstnehmen der Erkrankung zeigen sich jedoch Defizite. So
kann es manchmal zu einer gefährlichen Verzögerung der Diagnostik beim
Spezialisten kommen – andererseits kann oft auch ohne Überweisung zum
Spezialisten eine Thrombose ausgeschlossen und so eine Überdiagnostik
vermieden werden“, so Prof. Rupert Bauersachs, Leiter des
Aktionsbündnisses Thrombose.

Im Fall einer akuten Tiefen Venenthrombose oder ihrer möglichen
Komplikation, der Lungenembolie, ist die Antikoagulation die wichtigste
Therapiemaßnahme. Sie hat zum Ziel, die Akutmortalität und -morbidität zu
reduzieren, längerfristig Rezidive und Langzeitkomplikationen zu
verhindern und die Beschwerden zu lindern. Die aktuellen
interdisziplinären Leitlinien empfehlen eine individuell angepasste
Entscheidung über die Dauer der Antikoagulation unter Berücksichtigung der
Patientenpräferenzen und der klinisch bedeutsamen Faktoren. Diese bewusst
vorgesehene Flexibilität und Individualisierung bringen allerdings für
Ärzte und Patienten eine gewisse Verunsicherung mit sich. „Häufig werden
Patienten wegen Unsicherheit zu lange mit Antikoagulanzien behandelt.
Andererseits wird bei Risikopatienten die Therapie zu früh beendet und es
kommt zu Rezidiven, sodass wir auf der einen Seite eine Über- und auf der
anderen eine Unterversorgung feststellen“, erklärt Prof. Bettina Kemkes-
Matthes vom Aktionsbündnis. Gesicherte objektive Daten liegen allerdings
nicht vor. Daher fordert das Aktionsbündnis Thrombose vom Gemeinsamen
Bundesausschuss eine industrieunabhängige und flächendeckende
Versorgungsforschung, um Lücken in der Versorgung gezielt adressieren zu
können.

Um behandelnde Ärzte jetzt schon bei der Therapie zu unterstützen, hat das
Aktionsbündnis Thrombose die Antikoagulations-Ampel entwickelt. Dr. Jutta
Schimmelpfennig vom Aktionsbündnis Thrombose erklärt: „Bei einem großen
Teil der Patienten kann mit Hilfe dieses einfachen Ampelsystems rasch und
einfach die richtige Antikoagulationsdauer festgelegt werden und nur noch
ein kleinerer Teil der Patienten braucht die Überprüfung beim
Spezialisten, was lange Wartezeiten verkürzt“. Mit der Ampel wird die
Klassifizierung der Patienten in solche mit einem sehr hohen Rezidivrisiko
(rot) und solche, bei denen das Rezidivrisiko als niedrig (grün)
einzuschätzen ist, vorgenommen. Davon abhängig ist die Dauer der
Antikoagulation. Diese beiden Gruppen decken etwa 75 bis 80 Prozent der
Thrombosepatienten ab. Bei etwa jedem fünften Patienten ist die
Entscheidung zur weiteren Antikoagulation von zusätzlichen individuellen
Faktoren und Befunden zu treffen. Oft ist es sinnvoll, diese
Patientengruppe einem Spezialisten vorzustellen.

Experten warnen vor einer Verharmlosung
In Europa und den USA sterben mehr Menschen an den Folgen einer
Lungenembolie als durch Verkehrsunfälle, Brust- und Prostatakrebs und HIV
zusammen – allein in Deutschland sind es über 40.000 Todesfälle im Jahr.
Häufigste Ursache dafür ist eine Thrombose. Diese kann Menschen jeden
Alters treffen. Jährlich werden knapp über 370.000 Neuerkrankungen an
Thrombose, Phlebitis und Thrombophlebitis registriert. Rund 50.000
Menschen erkranken pro Jahr an einer Lungenembolie. Aufgrund der
demografischen Entwicklung und der verbesserten Diagnostik ist von einem
weiteren Anstieg der Patientenzahlen auszugehen.

Am 13. Oktober ist Welt-Thrombose-Tag: Veranstaltung in Berlin
Ausgerufen von der Internationalen Gesellschaft für Thrombose- und
Hämostaseforschung (ISTH) geht es an diesem Tag darum, auf die Thrombose
und Lungenembolie aufmerksam zu machen. Das Aktionsbündnis Thrombose als
Partnerorganisation der ISTH veranstaltet dazu ein Diskussionsforum mit
Experten aus Gesundheit, Politik und Presse. Das diesjährige Thema ist die
Optimierung der intersektoralen Versorgung von Thrombosepatienten.
Teilnehmer der Veranstaltung sind unter anderem Dr. Regina Klakow-Franck,
Mitglied des G-BA, und Prof. Stefan G. Spitzer, Vorstandsvorsitzender der
Deutschen Gesellschaft für Integrierte Versorgung.

Ort Allianz-Forum, Pariser Platz 6, 10117 Berlin
Zeit 15:30 Uhr, Einlass 15:00 Uhr

Im Anschluss an die Veranstaltung erhält PD Dr. med Jan Beyer-Westendorf
den diesjährigen Virchow-Preis. Das Aktionsbündnis Thrombose würdigt mit
diesem Preis seine Arbeit „Venous thromboembolism therapy with Rivaroxaban
in daily-care patients: Results from the Dresden NOAC Registry“.