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Deutsche Herzstiftung (Hg.)/Deutscher Herzbericht 2017; Collagen Herzbericht 2017: Ulrike Eberius/DHS)
Deutsche Herzstiftung (Hg.)/Deutscher Herzbericht 2017; Collagen Herzbericht 2017: Ulrike Eberius/DHS)

Regionale Unterschiede in der Sterblichkeit an Herzkrankheiten bestehen
fort /  Mehr Frauen als Männer sterben an Herzerkrankungen /
„Gesundheitspolitik muss mehr in Prävention investieren“

Die Zahl der Sterbefälle durch Herzerkrankungen insgesamt hat leicht
zugenommen. Wie in den Vorjahren sterben bei Betrachtung der
Herzkrankheiten in der Summe deutlich mehr Frauen als Männer, wie der neue
Deutsche Herzbericht 2017 (https://www.herzstiftung.de/herzbericht)
dokumentiert. Einen dominierenden Einfluss auf die Sterblichkeit in allen
Bundesländern haben die Koronare Herzkrankheit (KHK), die Grunderkrankung
des Herzinfarkts, mit 128.230 Sterbefällen im Jahr 2015 (2014: 121.166)
und die Herzschwäche (Herzinsuffizienz) mit 47.414 Sterbefällen 2015
(2014: 44.551). „Dieser Anstieg insbesondere der Herzschwäche erfordert
besondere Aufmerksamkeit seitens der Herzmedizin und Anstrengungen in der
Versorgung der teils schwerkranken Patienten auch angesichts der stetig
zunehmenden Krankenhausaufnahmen von über 11.000 pro Jahr“, unterstreicht
Prof. Dr. med. Thomas Meinertz, Vorstandsvorsitzender der Deutschen
Herzstiftung, bei der Vorstellung des neuen Herzberichts in Berlin.
Die Herzschwäche zählt zu den häufigsten Anlässen für einen
Krankenhausaufenthalt in Deutschland mit über 455.000 vollstationären
Fällen pro Jahr. Meist kommt es erst durch eine Verschlimmerung der
Krankheit zur Klinikeinweisung. Die chronische Herzschwäche ist in der
Regel die Folge anderer Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie KHK/Herzinfarkt,
Bluthochdruck, Klappenerkrankungen oder Rhythmusstörungen, so dass der
Volkskrankheit durch frühzeitige Diagnose, Therapie und Ausschaltung von
Risikofaktoren vorgebeugt werden kann. „Viele Klinikeinweisungen und
Sterbefälle durch Herzschwäche und andere Herzkrankheiten könnten durch
verbessertes Wissen über die Krankheitssymptome, richtiges
Notfallverhalten bei den Betroffenen und Vorsorgemaßnahmen wie frühzeitige
Blutdruck- oder Pulsmessung vermieden werden. Deswegen sind Anstrengungen
in der Aufklärung unverzichtbar“, wie Meinertz betont.

Bekämpfung der Herzinfarktsterblichkeit: mehr Investitionen in die
Prävention

Anstiege in der Sterblichkeit zeigen sich neben der KHK, der
Grunderkrankung des Herzinfarkts, und der Herzschwäche, auch bei den
Klappenkrankheiten und den Herzrhythmusstörungen. Von 2014 bis 2015 sind
die Sterbefälle bei den Klappenkrankheiten von 16.064 (2014) auf 16.987
(2015) angestiegen, bei den Herzrhythmusstörungen nahmen die Todesfälle
von 25.774 (2014) auf 28.425 (2015) zu. Beobachtet man die Entwicklung der
Sterberate der Herzerkrankungen von 1990 bis 2015 ist der Wert (Gestorbene
pro 100.000 Einwohner/EW) deutlich um 46,2% von 459,2 (1990) auf 246,9
(2015) zurückgegangen. Starben zum Beispiel am Herzinfarkt 1990 noch
85.625 Menschen, waren es 49.210 im Jahr 2015 (2014: 48.181). Grund für
diese Entwicklung sind laut Herzbericht neben dem Rückgang der Zahl der
Raucher und Verbesserungen der Diagnostik und therapeutischen Versorgung
auch eine Optimierung der Abläufe in den Kliniken und der Notarztsysteme.
„Allerdings darf diese Rückläufigkeit nicht darüber hinwegtäuschen, dass
die Verbreitung der Herzkrankheiten nicht im gleichen Ausmaß abgenommen
hat und weiterhin über 221.500 Menschen jährlich daran versterben“, warnt
Prof. Meinertz. In die Prävention müsse die Gesundheitspolitik in
Deutschland noch viel umfassender investieren als bisher, um der
Entstehung von Risikokrankheiten wie Bluthochdruck, Diabetes und
Fettstoffwechselstörungen (hohes Cholesterin) in der Bevölkerung bereits
im Kindesalter gegenzusteuern. „Eine Begrenzung auf den klinischen Ansatz
durch Früherkennung, konsequente Beratung und Therapie reicht nicht aus.
Es bedarf eines umfassenderen Ansatzes, der für die Bevölkerung
Rahmenbedingungen für gesunde Lebensgewohnheiten durch körperliche
Aktivitäten oder gesunde Ernährung und systematische Aufklärung über
Risikofaktoren in den Kitas, Schulen und Betrieben schafft.“

Herzinfarktsterblichkeit: Unterschiede zwischen Ländern bestehen fort
Die zum Teil starken Unterschiede in der Sterblichkeit an Herzkrankheiten
zwischen den Bundesländern bestehen fort. Beispiel Herzinfarkt: Die
meisten Herzinfarkttoten beklagt weiterhin Sachsen-Anhalt mit 82
Gestorbenen pro 100.000 Einwohnern (EW), in Brandenburg mit 83, Thüringen
mit 69 und Mecklenburg-Vorpommern mit 68, während die niedrigsten Werte
Schleswig-Holstein mit 42, Hamburg mit 46, Nordrhein-Westfalen mit 49 und
Bayern mit 51 Herzinfarkttoten pro 100.000 EW aufweisen. „Kritisch sehen
wir, dass die Bundesländer mit der geringsten Kardiologendichte zugleich
gegen eine überdurchschnittlich hohe Infarktsterblichkeit ankämpfen wie
Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen-Anhalt“, so
Prof. Meinertz. „Besonders in Regionen mit einer niedrigen Ärztedichte
sind für eine bessere Erreichbarkeit der Notfallambulanzen Verbesserungen
in der kardiologischen Versorgung durch mehr ambulante Diagnostik oder
Therapie ein möglicher Ansatz zur Senkung der Sterblichkeit durch
Herzkrankheiten.“ Zum Vergleich: Thüringen mit der geringsten
Kardiologendichte hat für 31.922 EW einen Kardiologen, während das
Saarland auf einen Kardiologen für 17.467 EW kommt.
Auch die ungleiche Verbreitung der Herznotfallambulanzen (Chest-Pain-
Units, CPU) fällt ins Auge. CPUs sind für die Versorgung von Patienten mit
Herzinfarkt und unklarem Brustschmerz wichtig. Thüringen mit drei und
Sachsen-Anhalt mit vier CPUs zählen zu den Regionen mit der geringsten
CPU-Dichte. „Bundesländer mit hoher Infarktsterblichkeit sollten für
kürzere Versorgungswege für Herznotfallpatienten mehr CPUs aufweisen. Nur
müsste die Bevölkerung über diese CPUs noch mehr Bescheid wissen. Das ist
in der Regel noch nicht der Fall“, betont Prof. Meinertz.

Viel mehr Frauen  sterben an Herzkrankheiten als Männer
Wie in den Vorjahren sterben bei Betrachtung der Herzkrankheiten in der
Summe mehr Frauen als Männer. 117.518 Frauen gegenüber 103.993 Männern
starben 2015 an KHK/Herzinfarkt, Klappenkrankheiten, Rhythmusstörungen,
Herzschwäche und angeborenen Herzfehlern. Besonders fällt weiterhin auf,
dass viel mehr Frauen als Männer an Herzschwäche, Herzklappenerkrankungen
und Herzrhythmusstörungen sterben. „Diese Unterschiede lassen darauf
schließen, dass Frauen mit diesen Herzkrankheiten eine ungünstigere
Prognose als männliche Patienten haben. Mögliche geschlechtsspezifische
Besonderheiten etwa bei der Wirkung von Herzmedikamenten, anatomische
Unterschiede an Herz und Gefäßen sowie unterschiedliche Symptomatik von
Herzkrankheiten müssen in der herzmedizinischen Versorgung berücksichtigt
werden, um Versorgungsengpässe zu vermeiden“, fordert Meinertz. Die
Sterbeziffer bei Herzschwäche für Frauen lag 2015 um 64,4% über dem Wert
der Männer, bei den Herzrhythmusstörungen lag der Wert 51,1% über dem der
Männer. In absoluten Zahlen starben 29.795 Frauen starben gegenüber 17.619
Männern an Herzschwäche und 17.293 Frauen gegenüber 11.132 Männern starben
an Rhythmusstörungen.
Der Deutsche Herzbericht wird von der Deutschen Herzstiftung zusammen mit
den ärztlichen Fachgesellschaften für Kardiologie (DGK), Herzchirurgie
(DGTHG) und Kinderkardiologie (DGPK) alljährlich herausgegeben.

Ein kostenfreier Download  des Deutschen Herzberichts 2017 (PDF) und
weitere Infos unter: <https://www.herzstiftung.de/herzbericht>
Herzinfarkt-Risikotest: Die Herzstiftung bietet unter www.herzstiftung.de
einen kostenfreien Herzinfarkt-Risikotest an.