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Gesundheitskoordinatorin Ulrike Leistner  Robert Weinhold/HTWK Leipzig
Gesundheitskoordinatorin Ulrike Leistner Robert Weinhold/HTWK Leipzig

Gesund leben ist längst keine reine Privatangelegenheit mehr. Doch dass
Kommunen Gesundheitsförderung als wichtige Aufgabe für die
Stadtentwicklung wahrnehmen, ist eine eher neue Entwicklung. Mit der
deutschlandweit einmaligen „Koordinierungsstelle kommunale Gesundheit“
nimmt die Stadt Leipzig hier seit 2015 eine Vorreiterrolle ein. Das
Konzept dieser Stelle basiert auf Forschungsergebnissen von
Wissenschaftlerinnen der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur
Leipzig (HTWK Leipzig). Diese bescheinigen nach drei Jahren
wissenschaftlicher Begleitung: Die Koordinierungsstelle verbessert die
Zusammenarbeit zwischen Fachämtern, Krankenkassen und Stadtteilakteuren.
Dadurch, so die Wissenschaftlerinnen, kann besser auf die gesundheitlichen
Bedürfnisse von Einwohnern eines Stadtviertels eingegangen werden.

Wer sich regelmäßig bewegt und ausgewogen ernährt, wird bekanntermaßen
seltener krank. Doch nicht nur wie man lebt, auch wo man lebt, hat
Einfluss auf die Gesundheit. „Mittlerweile ist wissenschaftlich gut
belegt, dass es die eigene Gesundheit beeinflusst, ob man in einem
Stadtteil mit vielen Grünflächen und Läden und Einrichtungen oder in einem
grauen Viertel mit schlechter Infrastruktur wohnt. Städte und Gemeinden
gelten daher als ein wichtiger Ansatzpunkt für Gesundheitsförderung“,
erklärt Astrid Sonntag, Professorin für Gesundheitspsychologie und
Leiterin der Forschungsgruppe „Soziales und Gesundheit“ an der HTWK
Leipzig. Auf welche Art und Weise eine Stadtverwaltung dieser zusätzlichen
Aufgabe gerecht werden kann, erprobt die Forschungsgruppe um Astrid
Sonntag seit mehreren Jahren gemeinsam mit der Stadt Leipzig. Nun legten
die Wissenschaftlerinnen die Abschlussevaluation zur Leipziger
„Koordinierungsstelle kommunale Gesundheit“ vor.

Die Koordinierungsstelle hatte die Stadt Leipzig in Kooperation mit der
AOK Plus im Jahr 2015 in Weiterführung eines Modellprojekts der HTWK
Leipzig im Gesundheitsamt eingerichtet. Hier werden Gesundheitsakteure auf
Verwaltungs- und Stadtteilebene ressortübergreifend vernetzt und über
einen eigens eingerichteten Fördertopf Gesundheitsinitiativen in
verschiedenen Statteilen unterstützt. In den vergangenen drei Jahren
konnten so 22 Mikroprojekte, von Bewegungsstadtteilplänen über
Seniorensportgruppen bis hin zu einem Theaterprojekt für
Flüchtlingskinder, unbürokratisch gefördert werden. „Das ist nur möglich,
weil mittlerweile sechs Krankenkassen für den Verfügungsfonds Gesundheit
zusammenlegen. Deutschlandweit ist diese Form der Kooperation einmalig“,
so Dr. Regine Krause-Döring, Leiterin des Leipziger Gesundheitsamts. Das
Leipziger Erfolgsmodell macht womöglich bald Schule:
Gesundheitskoordinatorin Ulrike Leistner hat bereits mehrere Kommunen
beraten, die eine ähnliche Struktur aufbauen wollen.

Die Wissenschaftlerinnen der HTWK Leipzig erforschen unterdessen, ob sich
gesundheitsfördernde Veränderungen in einem Stadtteil in einem besseren
Gesundheitszustand seiner Bewohner tatsächlich messbar nachweisen lassen.
Im gemeinsamen Forschungsprojekt „Grünau bewegt sich“ mit der
Universitätskinderklinik und der Stadt Leipzig werden in Kooperation mit
lokalen Beteiligten gezielt Maßnahmen umgesetzt, um die Gesundheit von
Kindern in der Leipziger Großwohnsiedlung Grünau zu fördern. Das Projekt
wird von der AOK Plus und weiteren Krankenkassen gefördert. Erste
Ergebnisse sollen 2020 vorliegen.

Zum Verfügungsfonds Gesundheit ist ein wissenschaftlicher Artikel
erschienen: Leistner, Ulrike; Schubert, Karoline; Sonntag, Astrid:
„Verfügungsfonds Gesundheit“ zur Gesundheitsförderung in Stadtteilen.
Journal Gesundheitsförderung (3/2016): S. 60–63. Weitere
Veröffentlichungen zur Koordinierungsstelle sind in Arbeit.