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Prof. Dr. Jan Ehlers  UW/H
Prof. Dr. Jan Ehlers UW/H

Fast in jedem Haushalt arbeiten und leben die Menschen heute mit
Smartphones oder Computern, sie kaufen online ein, streamen Filme, lesen
Nachrichten auf ihren Tablets oder nutzen soziale Netzwerke und Messenger-
Programme, um sich innerhalb von Sekunden mit Menschen rund um den Globus
zu vernetzen. Auch im Gesundheitssektor hat die Informationstechnologie
nachhaltige Veränderungen hervorgebracht. Zwar verläuft der Trend zur
Digitalisierung durch die hohen Qualitätsanforderungen und Regulierung
langsamer als in anderen Bereichen, dennoch ist auch in der Medizin der
Beginn eines tiefgreifenden Wandels zu spüren. So nutzen Ärzte bereits
heute täglich moderne elektronische Technologien und IT-Systeme. Sie
ermöglichen die Organisation von Krankenhäusern, die Verwaltung und
Dokumentation von Patientendaten, steigern diagnostischen Möglichkeiten,
bieten Alternativen zu invasiven operativen Eingriffen und geben Patienten
in einigen Ländern sogar die Chance, den Arztbesuch von zu Hause per
Videokonferenz zu erledigen.

Ein Blick auf den Stand der aktuellen Forschung und neueste klinische
Studien verrät, welche entscheidende Rolle die Informationstechnologie im
medizinischen Alltag spielen wird. So beschäftigt sich zum Beispiel ein
aktuelles Forschungsgebiet mit neuronalen Interfaces, sogenannte Brain-
Computer-Interfaces. Basis dafür ist die Kopplung von Nervenzellen im
Gehirn mit einer Recheneinheit oder einem Computer. Diese Schnittstellen
werden dann dazu genutzt, Recheneinheiten anzusprechen, wodurch sich
Computerprogramme oder Prothesen durch die normale Gehirnaktivität steuern
lassen. Eine klinische Studie aus den USA nutzt eine solche Technologie
zur Therapie von Patienten mit refraktärer fokaler Epilepsie.

Solche wahrscheinlich in naher Zukunft einsetzbaren Methoden erfordern ein
hohes Maß an technischem Verständnis, damit eine erfolgreiche Therapie
gewährleistet werden kann. Von Ärzten der Zukunft wird erwartet,
Funktionalität und Aufbau solcher Technologien verstehen und mit dem
technischen Personal besprechen zu können. Nur dann kann interdisziplinäre
Zusammenarbeit gewährleistet werden, die dem Patienten nutzt.

„Das Leistungsvermögen von moderner IT-Technologie wächst exponentiell,
unzählige Studien zeigen, dass die Medizin erst am Anfang ihrer
technischen Möglichkeiten steht“, sagt Philip Boehme, der an der
Universität Witten/Herdecke einen Kurs zur digitalen Transformation des
Gesundheitswesens leitet. „Eine High-Tech-Versorgung ist aber immer nur so
gut wie der Arzt, der sie durchführt. Er muss daher mehr als ein
grundlegendes Verständnis dafür besitzen. Moderne Mediziner benötigen
dringend auch die Kompetenz, neue Methoden kritisch hinterfragen sowie
Vorteile und Risiken einschätzen zu können. Dafür braucht es ein Umdenken
an den Universitäten, die die Studierenden auf die veränderte Arbeitswelt
vorbereiten müssen. Das Medizinstudium an vielen Universitäten hat sich
den neuen Entwicklungen noch nicht angepasst“, sagt Prof. Dr. Jan Ehlers,
Vizepräsident der Universität Witten/Herdecke (UW/H).

Integration in das Studium

Bereits seit dem Wintersemester 2016/2017 bietet die UW/H im Rahmen des
fächerübergreifenden Studium fundamentale (Stufu) den Kurs „Digital
Medicine - how data will change the way we treat” an. Er ist
multiprofessionell ausgelegt und steht Studierenden aus allen
Studiengängen offen. Ziel ist es, die Studierenden für das Thema zu
sensibilisieren und den reflektierten, interdisziplinären Umgang mit den
digitalen Medien zu fördern. Die Themen sind breit aufgestellt - von Big
Data über Datensicherheit bis hin zu Startup-Gründung. „Eine Besonderheit
des Kurses ist, dass nicht nur über Technologien diskutiert wird, sondern
diese auch so eingesetzt werden, dass an dem Kurs nicht nur in Präsenz,
sondern auch online teilgenommen werden kann“, erläutert Privatdozent
Hubert Trübel, der in dem Kurs unterrichtet. Das Angebot ist mittlerweile
auf sehr großes Interesse gestoßen: Während der Kurs im ersten Semester
nur von 15 Studierenden belegt wurde, fanden sich im letzten Semester
bereits 63 Studierende und in diesem Semester sogar 183 Studierende ein.
Ehlers: „Unser Fazit nach gut einem Jahr Erfahrung: Viele Curricula stehen
der medizinischen Digitalisierung passiv gegenüber. In diesen Seminaren
konnten wir das Thema allerdings sowohl inhaltlich als auch technisch-
methodisch so erfolgreich angehen, dass dieser Kurs im nächsten Semester
nicht nur weitergeführt, sondern in einzelnen Studiengängen auch noch
stärker in das Curriculum integriert wird.“

Nachdem die Teilnehmenden des Kurses im Dezember in Wuppertal bei Bayer
Healthcare waren und die Digitalisierung auch praktisch erleben konnten,
findet am 15. Februar eine Exkursion zu Johnson & Johnson in Hamburg
statt. Dort können die teilnehmenden Studierenden nicht nur die bisherige
Umsetzung erleben, sondern auch mit den Akteuren über die nächsten
innovativen Schritte diskutieren. Am selben Abend treffen sich dann im
Rahmen von „Stufu on Tour“ Studierende und Alumni der UW/H bei Google in
Hamburg und nehmen die Digitalisierung noch umfassender ins Visier.

Um die Digitalisierung des Gesundheitswesens wissenschaftlich zu
untersuchen, wurde aus vielen Interviews mit Experten ein Fragebogen
entwickelt, um die Erwartungen von Medizinern und Nicht-Medizinern an die
Digitalisierung zu erheben: www.digitization-healthcaresystem.de. „Es ist
großartig, wenn sich möglichst viele Menschen ein paar Minuten Zeit nehmen
und den Fragebogen ausfüllen“, appelliert Ehlers, der die Arbeit betreut.

Weitere Informationen: Prof. Dr. Jan Ehlers, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! oder
02302 / 926-920

Über uns:
Die Universität Witten/Herdecke (UW/H) nimmt seit ihrer Gründung 1982 eine
Vorreiterrolle in der deutschen Bildungslandschaft ein: Als
Modelluniversität mit rund 2.400 Studierenden in den Bereichen Gesundheit,
Wirtschaft und Kultur steht die UW/H für eine Reform der klassischen Alma
Mater. Wissensvermittlung geht an der UW/H immer Hand in Hand mit
Werteorientierung und Persönlichkeitsentwicklung.

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