Pin It
Der Nephrologe Dr. Lothar Kornalik betreute die Dialysepatientin Tamara Basler bei beiden Schwangerschaften
Der Nephrologe Dr. Lothar Kornalik betreute die Dialysepatientin Tamara Basler bei beiden Schwangerschaften

Bei Tamara Basler kann man schon fast von einem Wunder sprechen, denn die
31-Jährige Dialysepatientin wurde im Sommer 2017 mit Sohn Elian schon zum
zweiten Mal Mutter eines gesunden Kindes. 2013 brachte sie ihre Tochter
Marlena zur Welt. Im Interview beschreiben Patientin und ihr behandelnder
Nephrologe, Dr. Lothar Kornalik, leitender Arzt im KfH-Nierenzentrum
Amberg, welche Hürden es dabei zu bewältigen galt.

Interview

Wie groß ist die Chance, mit einer chronischen Nierenerkrankung ein
gesundes Kind zur Welt zu bringen?
Dr. Lothar Kornalik: Dass Frau Basler auf natürlichem Wege schwanger
wurde, ist sehr ungewöhnlich. Laut einer Studie werden jährlich gerade
einmal 0,5 Prozent der Hämodialysepatientinnen überhaupt schwanger, die
Rate bei Peritonealdialysepatientinnen ist sogar um die Hälfte geringer.
Zudem ist die Wahrscheinlichkeit, ein gesundes Kind zu Welt zu bringen,
danach noch einmal um 50 Prozent reduziert. Viele Kinder werden zu früh
geboren oder sind wachstumsverzögert.
Tamara Basler: Ich wusste um das Risiko, wollte aber unbedingt ein Kind.
Deshalb ließ ich mich im Kinderwunschzentrum des Klinikums St. Marien in
Amberg beraten. Zu meiner eigenen Überraschung war ich bereits schwanger.
Ich hatte gedacht, die Übelkeit hing mit der Dialysebehandlung zusammen.

Welche Maßnahmen wurden eingeleitet, um möglichen Risiken vorzubeugen?
Dr. Lothar Kornalik: Bei der ersten Schwangerschaft im Jahr 2013 verfügte
die Patientin noch über eine Restfunktion ihrer Nieren, sodass die
Frequenz der Dialysen noch geringer war. Bei der zweiten Schwangerschaft
war das nicht mehr der Fall und wir mussten zudem die Dauer erhöhen. Wegen
der stetigen Gewichtszunahme während der Schwangerschaft  muss vor allem
das Volumen ständig angepasst werden, damit der Blutdruck stabil und die
Durchblutung der Placenta und die Versorgung des Kindes gesichert ist. Das
Gewicht wurde daher zunächst 14-tägig, später wöchentlich durch eine
Bioimpedanzmessung kontrolliert.
Tamara Basler: Von der zweiten Schwangerschaft wusste ich in der siebten
Woche und habe direkt Dr. Kornalik informiert. Daraufhin wurde die
Dialysezeit erhöht, weil es schonender für die Mutter und das Ungeborene
ist. Das war schon sehr anstrengend, da ich noch berufstätig war.

Wie sah die ärztliche Betreuung während der Schwangerschaft aus?
Dr. Lothar Kornalik: Wir haben eng mit den Kollegen der Gynäkologie am MVZ
in Amberg zusammengearbeitet und uns im Beisein der Patientin bestens
ausgetauscht. Eine engmaschige, interdisziplinäre Behandlung ist hierbei
ganz wichtig.
Gab es bei der zweiten Schwangerschaft der Patientin Unterschiede zur
ersten?
Dr. Lothar Kornalik: Die Geburt des ersten Kindes erfolgte durch einen
Kaiserschnitt. Beim zweiten Kind war es eine eingeleitete Spontangeburt,
das war schon eine Herausforderung für das Behandlungsteam. Die Patientin
hatte zuvor einmal zu Hause und noch einmal in der Klinik dialysiert.
Tamara Balser: Ja. Ich war zwar auch schon bei meiner Tochter relativ
positiv gestimmt, aber jetzt wusste ich einfach, was auf mich zukam. Man
kennt ja die Zahlen, deshalb war ich nach dem Ultraschall auch immer
erleichtert. Die zweite Schwangerschaft verlief recht komplikationslos,
deshalb waren mein Mann und ich wesentlich entspannter.

Was haben Sie Ihrer Patientin geraten, als Sie von ihrem weiteren
Kinderwunsch erfuhren?
Dr. Lothar Kornalik: Wegen der bekannten Risiken kann man nicht wirklich
dazu raten. Die Gefahr einer Fehlgeburt ist sehr hoch. Natürlich kommt es
immer auf den Einzelfall an, aber es bleibt eine Risikoschwangerschaft.
Das Wichtigste ist ein gutes Flüssigkeitsmanagement während der
Schwangerschaft und auch nach der Geburt, wenn das Gewicht wieder
reduziert ist.

Wie sind Sie mit diesem Risiko bei Ihrer Entscheidung umgegangen?
Tamara Basler: Nachdem es das erste Mal so super gelaufen ist, habe ich
mir gar nicht so viele Gedanken gemacht. Ich hatte das Glück einer schönen
Schwangerschaft. Ich weiß aber auch durch den Kontakt mit anderen
schwangeren Dialysepatientinnen, dass dies nicht die Regel ist; manche
müssen während der ganzen Zeit im Krankenhaus bleiben.

Haben Sie einen Tipp für Dialysepatientinnen, die einen Kinderwunsch
haben?
Tamara Basler: Man sollte grundsätzlich positiv an die Sache herangehen
und sich vorher gut mit den behandelnden Ärzten beraten. Eine Chance, dass
es klappt, besteht immer. Ich bin das beste Beispiel dafür!

Die gelernte Industriekauffrau praktiziert seit der Geburt ihrer Tochter
die Heimhämodialyse. Sie befindet sich derzeit in Elternzeit und steht
nunmehr wieder auf der Warteliste für eine Nierentransplantation; bei
verändertem Status sind Patienten davon ausgenommen.