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(v.l.n.r.) Dr. Catrin Palm, Prof. Christian Hugo (Nephrologie); Carsten Dürr, Ronny Kneipel, Simone Milde, Prof. Manfred Wirth.  Foto: Uniklinikum Dresden/Holger Ostermeyer
(v.l.n.r.) Dr. Catrin Palm, Prof. Christian Hugo (Nephrologie); Carsten Dürr, Ronny Kneipel, Simone Milde, Prof. Manfred Wirth. Foto: Uniklinikum Dresden/Holger Ostermeyer

Im Transplantationszentrum des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus
Dresden herrscht seit Beginn dieses Jahres Hochbetrieb: In den ersten drei
Monaten konnten bereits 25 Nieren verstorbener Menschen sowie zwei weitere
im Rahmen von Lebendspenden implantiert werden. Dadurch wurde die Zahl von
insgesamt 1.000 Nierentransplantationen am Dresdner Uniklinikum – früher
als erwartet – in der zweiten Märzwoche erreicht. Hinter dem Programm
stehen die Teams von Prof. Manfred Wirth, Direktor der Klinik für Urologie
sowie von Prof. Christian Hugo, Leiter des Schwerpunktbereichs Nephrologie
der Medizinischen Klinik III.

Das Nieren- und Pankreastransplantationsprogramm des Dresdner Uniklinikums
erfüllt dabei nicht nur die höchsten medizinischen Standards, sondern auch
sämtliche ethischen und rechtlichen Vorgaben. Dies wurde von der Prüfungs-
und Überwachungskommission der Bundesärztekammer nach einer umfassenden
Überprüfung des Transplantationsprogramms im März 2017 erneut bestätigt.
Auch wenn in diesem Jahr bereits überdurchschnittlich viele Nieren
transplantiert wurden, lässt sich daraus noch keine Tendenz ableiten, ob
die Gesamtzahl der in Dresden vorgenommenen Transplantationen bis zum
Jahresende steigen wird, sagt Prof. Manfred Wirth.

„Die Organtransplantation ist eine der Königsdisziplinen in der Medizin.
Ohne eine partnerschaftliche, konsequent interdisziplinär ausgerichtete
Zusammenarbeit lassen sich Transplantationen nicht erfolgreich ausführen.
Die jetzt zum 1.000. Mal vorgenommene Übertragung einer Niere ist ein
Beleg für die Leistungsfähigkeit der Dresdner Hochschulmedizin, die in den
90er Jahren ein eigenes Transplantationszentrum aufbaute und 1995 die
erste Niere transplantierte. Um der Transplantationsmedizin die
bestmögliche Zukunft zu sichern, haben wir uns neben einer optimalen
ärztlichen und pflegerischen Versorgung die höchsten ethischen und
rechtlichen Standards gesetzt“, sagt Prof. Michael Albrecht, Medizinischer
Vorstand des Universitätsklinikums.

„Es erfüllt mich mit Stolz, dass ich nicht nur das
Transplantationsprogramm am Universitätsklinikum etabliert und die erste
Nierentransplantation Dresdens vorgenommen habe, sondern wir nun auch den
1.000. hier transplantierten Patienten betreuen. Hinter einer solchen
Erfolgsgeschichte stehen natürlich immer ein hervorragend eingespieltes
Team sowie zuverlässige und leistungsfähige Strukturen. Dies hat sich auch
in dem noch jungen Jahr 2018 bewährt, in dem wir bereits 27 Nieren
transplantiert haben“, sagt Prof. Manfred Wirth. Die von ihm seit 25
Jahren geleitete Klinik für Urologie gehört zu den absolut größten
universitären Einrichtungen ihrer Art und ist eine der wenigen, die
komplett gemäß dem Qualitätsmanagementsystem der DIN EN ISO 9001
zertifiziert wurden.

„Auch wenn sich die Dialysetherapie in den letzten 20 Jahren ebenfalls
kontinuierlich weiterentwickelt hat und viele Leben rettet, ist sie nach
wie vor für junge und ältere Patienten die schlechtere Alternative zur
Transplantation: Eine gut arbeitende Niere reinigt das Blut permanent und
entgiftet den Körper vollständig, während der zeitlich beschränkte Einsatz
der Dialyse – normalerweise drei mal fünf Stunden pro Woche – den
Organismus nur zum Teil entgiften kann. Das belastet unter anderem den
Kreislauf, was zu fortschreitenden körperlichen Schäden führt. Damit
verschlechtert jedes Jahr an der Dialyse die Chancen für eine erfolgreiche
Nierentransplantation“, sagt Prof. Hugo, der seit 2009 den
Schwerpunktbereich Nephrologie der Medizinischen Klinik III am Dresdner
Uniklinikum leitet und die Patienten vor und nach der Transplantation
betreut.

Um möglichst vielen Patienten die Chance auf ein Leben ohne Dialyse zu
geben, müssen sich die in den letzten Jahren auch im europäischen
Vergleich extrem niedrigen und weiter abnehmenden Organspendezahlen
deutlich verbessern. Neben der Bereitschaft der Menschen bedarf es hierzu
einer auskömmlichen Finanzierung aller mit der Organspende verbundenen
Tätigkeiten sowie besserer Strukturen in vielen Krankenhäusern. In den
letzten zehn Jahren haben sich unter dem ausgeprägten Organspenderückgang
auch die Transplantationszahlen deutschlandweit praktisch halbiert.
Während sich das Dresdner Nierentransplantationszentrum durch seine hohe
Kompetenz in den letzten zehn Jahren vom kleinsten zum größten Zentrum in
der Region entwickelt hat, spiegelt sich die derzeit schwierige
Organspendesituation auch in den Zahlen der in Dresden vorgenommenen
Nierentransplantationen wider: Die im Jahr 2017 im Uniklinikum
vorgenommenen 54 Transplantationen markieren den Tiefstand innerhalb der
letzten drei Jahre: 2016 wurden noch 64 Nieren übertragen, 2015 lag die
Zahl bei 83. Darin enthalten sind jeweils die Lebendspenden, deren Niveau
relativ konstant blieb: 2015 und 2016 waren es 17 pro Jahr; 2017 lag die
Zahl der Lebendnierenspenden bei 15. Die schwierige Situation bei den
Spenden Verstorbener steht im engen Zusammenhang mit der
Spendebereitschaft in Sachsen: Im Freistaat wurden 2017 insgesamt 79
Nieren gespendet und davon 59 auch hier implantiert. Ein Großteil davon –
39 – übertrug das Expertenteam der Urologie des Dresdner Uniklinikums.

Ungeachtet der kritischen Lage bei den Organspenden bleibt die Zahl der im
Uniklinikum betreuten Wartelisten-Patienten, die leider auch unverändert
viele Jahre auf eine Spenderniere warten müssen, auf konstant hohem
Niveau: Im vergangenen Jahr waren dies 334 Patienten, 2016 warteten 353
auf eine Niere und das Jahr zuvor 330. Mehr als die Hälfte der Patienten
auf der Warteliste – 55 Prozent – sind nach den Statistiken für das Jahr
2016 jünger als 56 Jahre. Auf die Altersgruppe von 56 bis 64 Jahren
entfallen 30 Prozent sowie 15 Prozent auf die noch älteren Patienten.

Der Erfolg des Dresdner Transplantationszentrums gründet sich auf das
Teamwork der Experten der Urologie sowie der in der Medizinischen Klinik
III tätigen Nephrologen. Ein Schwerpunkt der internistischen Versorgung
ist es, den Patienten vor und nach der Transplantation medikamentös so zu
behandeln, dass der Körper das neue, körperfremde Spenderorgan nicht
abstößt. Dank innovativer Medikamente und Therapiestrategien zur
Unterdrückung der Abwehrreaktionen gegen das körperfremde Organ sind die
Erfolgschancen einer Transplantation in den letzten zwei Jahrzehnten
gestiegen und die Optionen der Lebendnierenspende deutlich verbessert
worden. Hierbei hat auch das Dresdner Transplantationsteam insbesondere
mit einer vor einem Jahr international viel beachteten und hochrangig
publizierten multizentrischen Studie einen wesentlichen Anteil.

„Leider ist aber das Hoch an Organspenden im Osten Deutschlands, das in
Jahren 2005 bis 2007 für positive Schlagzeilen gesorgt hatte, längst
Geschichte und der aktuelle Spendenrückgang ganz besonders ausgeprägt in
den Bundesländern Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt – von der
Deutschen Stiftung Organtransplantation als „Region Ost“ definiert.
„Wichtig ist aber die Erkenntnis, dass die Wartezeit in Dresden ganz
entscheidend von der Spendebereitschaft in der jeweiligen Region abhängt
und viel weniger von der allgemeinen in Deutschland oder im
Eurotransplant-Verbund vorhandenen Bereitschaft, Organe zu spenden.
Dementsprechend wird sich eine verbesserte lokale Spendebereitschaft auch
in der Region um Dresden auswirken. Deshalb begrüßt das Dresdner
Transplantationszentrum ausdrücklich alle positiven Aktivitäten zur
Organspende“, so Prof. Hugo.

„Die Situation der Organspende in Deutschland ist kritisch: Obwohl die
positive Einstellung der Bevölkerung zur Organspende einer Befragung der
Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung aus dem Jahr 2016 nach mit
81 Prozent sehr hoch ist, sinken die Organspendezahlen in Deutschland
jedes Jahr weiter ab. Im vergangenen Jahr lag die Zahl der Organspender
erstmalig unter 800, es wurden nur noch 2.591 Organe in Deutschland
transplantiert . Damit lag die Rate an Organspendern pro einer Million
Einwohner erstmalig unter zehn und bildet in der Eurotransplantregion
damit das absolute Schlusslicht. In Deutschland wurden 2017 nur noch 1.333
Nieren transplantiert, wobei das Nierentransplantationszentrum an der
Universitätsklinik in Dresden das größte in den neuen Bundesländern ist",
sagt Dr. Patricia Klein, Ärztliche Geschäftsführerin der Sächsischen
Landesärztekammer:  "Natürlich ist die Organspende ein freiwilliges
Geschenk und weder Patienten noch Angehörige noch jeder Einzelne darf
unter Druck gesetzt werden. Aber die hohe Spendebereitschaft der
Bevölkerung sollte wertgeschätzt werden und wir sollten uns alle bewusst
sein, dass jede einzelne Spende Leben retten wird."