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Beim „Tookad“-Verfahren werden Laserfasern zur Aktvierung des fotosensitiven Wirkstoffs Padeliporfin genutzt.  Foto: Uniklinikum Dresden / Thomas Albrecht
Beim „Tookad“-Verfahren werden Laserfasern zur Aktvierung des fotosensitiven Wirkstoffs Padeliporfin genutzt. Foto: Uniklinikum Dresden / Thomas Albrecht

Ein Operationsteam um Prof. Manfred Wirth, Direktor der Klinik für
Urologie am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, wendete
erstmals in Deutschland das sogenannte „Tookad“-Verfahren außerhalb von
klinischen Studien an. Diese fokale Therapie, bei der lediglich die vom
Krebs betroffene Seite der Prostata therapiert wird, nutzt den
fotosensitiven Wirkstoff Padeliporfin („Tookad“). Im Rahmen einer
Operation werden Laserfasern in die Seite der Prostata eingebracht, die
vom Tumor befallen ist. Der Laser regt das „Tookad“-Medikament an, wodurch
es zur Gefäßzerstörung sowie einer verminderten Blutzufuhr kommt, was das
betroffene Gewebe absterben lässt.

Bisher hatten Patienten mit einem Prostatakarzinom geringen Risikos in
Deutschland lediglich drei Therapieoptionen: Eine Bestrahlung des Tumors,
eine Entfernung der Prostata oder aber eine aktive Überwachung ohne
therapeutische Eingriffe. Am gestrigen Donnerstag (3. Mai 2018) ist nun
eine vierte, minimalinvasive Möglichkeit hinzugekommen. „Das
‚Tookad‘-Verfahren ist ein Meilenstein der Urologie: Erstmals können
Patienten in Deutschland mit einem Niedrig-Risiko-Prostatakarzinom auch
risikoarm behandelt werden“, betont Prof. Manfred Wirth die Bedeutung der
neuen Operationstechnik.

„Gravierende Eingriffe wie die Bestrahlung des Tumors oder eine radikale
Prostatektomie, also die Entfernung der Prostata, sind für
Prostatakarzinome mit geringem Risiko nur im Ausnahmefall zu empfehlen, da
sie erhebliche Nebenwirkungen wie Inkontinenz oder Impotenz hervorrufen
können. Das bisherige Standardverfahren der aktiven Überwachung des Tumors
durch regelmäßige ärztliche Kontrollen ohne therapeutischen Eingriff
stellt für viele Patienten jedoch eine fortwährende psychische Belastung
dar“, erklärt der erfahrene Tumorexperte.

Minimalinvasive Prostatakarzinom-Behandlung

Im Rahmen einer multizentrischen Studie, an der sich auch das
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus beteiligte, wurde die Wirksamkeit
des 2016 am renommierten israelischen Weizmann-Institut für Wissenschaften
entwickelten „Tookad-Verfahrens“ bestätigt. Die Klinik für Urologie des
Dresdner Universitätsklinikums ist deutschlandweit die erste Klinik, die
dieses Verfahren jetzt in der Regelversorgung anwendet. Im Rahmen des
„Tookad-Verfahrens“ setzen die Ärzte auf den fotosensitiven Wirkstoff
Padeliporfin, der im „Tookad“-Medikament enthalten ist. Weil Lichtquellen
mit einer bestimmten Wellenlänge den Wirkstoff anregen, muss der Patient
während der rund eineinhalbstündigen Operation komplett verhüllt werden.
Durch Laserfasern, die die Chirurgen minimalinvasiv über den Dammbereich
in die Prostata einbringen und so das Medikament aktivieren, kommt es zur
Zerstörung von Gefäßen und zum Absterben des mit dem Tumor befallenen
Gewebes. Aufgrund der schonenden Therapie ist es den Patienten bereits am
dritten Tag nach der Operation möglich, das Krankenhaus zu verlassen. Um
auszuschließen, dass auch die nicht behandelte Hälfte der Prostata
betroffen ist, ermitteln die Mediziner neun bis zwölf Monate nach der
Operation im Rahmen einer Biopsie den Gesundheitszustand des verbliebenen
Prostatagewebes.

Das Prostatakarzinom ist die häufigste Krebserkrankung des Mannes und
dessen zweithäufigste durch Krebs hervorgerufene Todesursache. Jährlich
erkranken deutschlandweit rund 57.000 Männer neu an Prostatakrebs. „Anders
als Patienten, bei denen die gesamte Prostata entfernt werden musste,
tritt beim ‚Tookad‘-Verfahren keine Inkontinenz auf. Auch Einschränkungen
bei der Potenz sind sehr selten“, erklärt Prof. Manfred Wirth. „Doch
bisher kann nur ein geringer Anteil aller Prostatakarzinom-Patienten –
nämlich solche mit einem geringen Risiko – von der neuen Therapie
profitieren. Deshalb gilt es nun, im Rahmen weiterer Studien die
Anwendungsfelder der neuen Operationstechnik gegebenenfalls auszuweiten,
damit perspektivisch auch Patienten, die an Prostatakarzinomen mit höherem
Risiko erkrankt sind, von der neuen Methode profitieren können.“