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Empfänger allogener Gelenktransplantate erzählen im neuen Film zur Gewebespende ihre Geschichte.  Foto: DGFG
Empfänger allogener Gelenktransplantate erzählen im neuen Film zur Gewebespende ihre Geschichte. Foto: DGFG

Die Deutsche Gesellschaft für Gewebetransplantation (DGFG) klärt in ihrem
neuen Film über die Möglichkeit der postmortalen Knochen- und
Knorpelspende auf: Zwei Empfänger eines Sprunggelenk-Transplantats
erzählen ihre persönliche Geschichte und zeigen, was die Gewebespende für
ihr Leben bedeutet. Ermöglicht wurde das Projekt durch das Fundraising der
DGFG und die TraumaStiftung von Prof. Dr. med. Christian Krettek. Als
Initiator der Stiftung und Direktor der Klinik für Unfallchirurgie der
Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) ist er ebenfalls im Film zu sehen:
Prof. Krettek transplantierte den Patienten im Rahmen von Heilversuchen
von einem Gewebespender stammende Gelenktransplantate.

„Während einer Urlaubsreise in Australien bin ich kurz vor Adelaide mit
einem anderen Auto frontal zusammengestoßen. Mein rechter Fuß wurde völlig
zertrümmert. Im Zuge der Rekonstruktion mussten die Ärzte mein unteres
Sprunggelenk versteifen. Vor zwei Jahren fingen dann die massiven
Schmerzen an“, erinnert sich Jessica Alvarez-Korzinovski. „Bei jedem
Schritt hatte ich Schmerzen, als ob mir jemand einen Dolch unten in den
Fuß gestochen hätte. Ich war nicht einmal mehr in der Lage, mit meinen
Zwillingen auf den Spielplatz zu gehen.“ Auch Justin Peine erinnert sich
zurück an seinen Unfall: „Wir wollten zum See und sind abseits des Weges
gegangen. Durch das hohe Gras haben wir die vielen Baugräben nicht
gesehen. Das nächste, woran ich mich erinnern kann, war, dass mein Fuß in
eine andere Richtung gezeigt hatte. Dann ist mir auch schon schwarz vor
Augen geworden.“ Für die Freunde des damals 19-Jährigen ging das Leben
weiter. Für Justin Peine blieb die Welt erst einmal stehen.

Erfolgreiche Transplantation dank innovativem Verfahren und Gewebespende

Prof. Krettek und sein Team der Unfallchirurgie von der MHH entwickelten
ein ganz besonderes Transplantationsverfahren: „Patienten mit einem
schweren Gelenkverschleiß, bei denen kaum oder gar kein intakter eigener
Knorpel mehr vorhanden ist, wird der Gelenkknorpel mit einer dünnen
Knochenschicht eines Gewebespenders verpflanzt. Über eine besondere Form
der Kultivierung werden die Knorpelzellen des Gewebespenders nach der
Entnahme bis zur Transplantation am Leben gehalten. Insbesondere junge
Patienten werden vor einem frühzeitigen künstlichen Gelenkersatz bewahrt“,
erläutert Prof. Krettek. Für die Gewinnung der Transplantate bedarf es
Expertise in der Organisation und Gewinnung der Spende sowie in der
umfassenden Aufklärung der Angehörigen: An dieser Stelle unterstützt die
DGFG das Projekt von Prof. Krettek, in dem sie die Gewebespenden
organisiert. „In unserem etablierten, bundesweiten Netzwerk stehen wir
stets in engem Austausch mit unseren Projektpartnern und helfen genau
dort, wo Gewebespenden benötigt werden. Wir freuen uns, nun schon im
dritten Jahr dieses besondere und deutschlandweit einmalige Projekt von
Prof. Krettek über unsere jahrelange Erfahrung in der Gewebespende
unterstützen und damit Patienten wie Frau Alvarez oder Herrn Peine helfen
zu können“, sagt DGFG-Geschäftsführer Martin Börgel.

Voraussetzung zur Knochen-, Knorpel- und Sehnenspende

Das maximale Spenderalter bei der Knochen-, Knorpel- und Sehnenspende
liegt bei etwa 65 Jahren. Bis zu 24 Stunden nach Todeseintritt kann eine
solche Gewebespende erfolgen. Kommt ein Verstorbener für die Knochen-,
Knorpel- und Sehnenspende in Frage, halten Koordinatoren der DGFG
Rücksprache mit Prof. Krettek und seinem Team. Die Angehörigen werden dann
über die Möglichkeit der Spende dieser Gewebe aufgeklärt. Stimmen sie der
Spende zu, erfolgt die Entnahme. Bei der Entnahme handelt es sich, wie
auch bei lebenden Patienten, um eine OP, bei der die Wunden anschließend
operativ ästhetisch verschlossen werden. Der Verstorbene wird wieder
würdevoll hergestellt. Prof. Krettek liegt die Aufklärung zu diesem Thema
sehr am Herzen: „Viele Menschen wissen gar nicht, dass Gewebespende und
insbesondere Gelenkspende so vielen Menschen helfen kann und deswegen ist
es ganz besonders wichtig, darauf hinzuweisen.“

Heute kann Jessica Alvarez wieder schmerzfrei und ohne Probleme mit ihren
Kindern auf den Spielplatz gehen. „Diese Möglichkeit der Gewebespende und
-transplantation war sehr wichtig für mein Leben. Ich denke da jeden Tag
dran und bin unheimlich dankbar dafür.“ Auch Justin Peine kann mit Anfang
20 nun endlich unbeschwert ins Leben starten: „Jetzt, nach drei Jahren
wieder einmal gegen den Ball zu treten, das ist ein Gefühl, das ist
einfach unbeschreiblich für mich. Ich kann wieder Sport treiben, laufen,
Berg auf, Berg ab, ich kann wieder arbeiten gehen, eigentlich wie ein ganz
normaler Mensch, als wäre nichts gewesen.“

Ins Leben gerufen wurde die TraumaStiftung 2004 von Unfallchirurg Prof.
Dr. Christian Krettek. Seit 2000 ist er Direktor der Unfallchirurgischen
Klinik der MHH. Im Mittelpunkt der TraumaStiftung steht die Förderung von
Wissenschaft und Forschung, die Entwicklung und Anwendung neuer
Behandlungsmethoden und die Verbreitung von Erkenntnissen und gewonnenem
Wissen aus den geförderten Projekten.

Die DGFG ist eine unabhängige, gemeinnützige Gesellschaft, die seit 1997
die Gewebespende und -transplantation in Deutschland fördert. Auf der
Basis des Gewebegesetzes von 2007 sind alle Tätigkeiten und Ablaufprozesse
der Gewebespende gesetzlich geregelt. Für alle Gewebezubereitungen gilt
das Handelsverbot. Die DGFG vermittelt ihre Transplantate über eine
zentrale Vermittlungsstelle mit einer bundesweiten Warteliste. Allein 2017
konnte die DGFG über 4.700 Gewebepräparate zur Transplantation vermitteln.
Jede medizinische Einrichtung in Deutschland kann Gewebe von der DGFG
beziehen. Gesellschafter sind das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus
Dresden, das Universitätsklinikum Leipzig, die Medizinische Hochschule
Hannover, die Universitätsmedizin Rostock sowie das Dietrich-Bonhoeffer-
Klinikum Neubrandenburg.