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Das Dilemma ist groß: Die Angst vor einer
möglichen Infektion mit SARS-CoV-2 darf die lebensnotwendige Behandlung
einer Krebserkrankung nicht verhindern, aber ein bereits infizierter
Krebspatient oder -patientin soll auch nicht zusätzlich durch
Komplikationen von COVID-19 gefährdet werden – und eine gesamte Praxis
oder Station anstecken. Ein Weg zu mehr Sicherheit ist die breite und
wiederholte Testung aller PatientInnen, die sich derzeit einer
Krebstherapie unterziehen müssen.

PatientInnen mit Blut- und Krebserkrankungen müssen gegebenenfalls einen
schwereren Verlauf bei Infektion mit dem Virus SARS-CoV-2 befürchten. Das
konkrete individuelle Risiko hängt dabei von vielen verschiedenen Faktoren
ab. Besonders gefährdet sind PatientInnen mit einem geschwächten
Immunsystem durch Leukämien, Lymphomen bei aktiver Erkrankung, einer
niedrigen Zahl weißer Blutkörperchen, niedrigen Immunglobulinwerten,
langdauernder Unterdrückung des Immunsystems, z. B. durch Steroide oder
allogene Stammzelltransplantation und anderen zellulären Therapien. Wie
differenziert das Vorgehen bei den KrebspatientInnen sein muss, zeigen die
aktuellen Empfehlungen der DGHO Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und
Medizinische Onkologie e.V. zu 50 verschiedenen Krankheitsbildern im
Onkopedia-Portal.

Prof. Dr. med. Lorenz Trümper, Geschäftsführender Vorsitzender der DGHO
und Direktor der Klinik für Hämatologie und Medizinische Onkologie der
Universitätsmedizin Göttingen, macht deutlich, dass PatientInnen mit Blut-
und Krebserkrankungen als Zugehörige zu einer Risikogruppe in einem ganz
besonderen Maß vor einer Infektion mit SARS-CoV-2 geschützt werden müssen.
In diesem Zusammenhang hebt er die Bedeutung der Infektionsvorbeugung im
Alltag hervor: „Die wichtigsten Maßnahmen sind hygienische
Händedesinfektion, Einhalten von einem möglichst zwei Meter großen Abstand
zu anderen Personen und die Eingrenzung der sozialen Kontakte.
Patientinnen und Patienten, die aktuell eine immunsuppressive Therapie
erhalten bzw. aktuell unter einer unkontrollierten Krebserkrankung leiden,
empfehlen wir besondere Vorsicht.“

In diesem Zusammenhang fordert Prof. Dr. med. Hermann Einsele,
Vorsitzender der DGHO und Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik
II des Universitätsklinikums Würzburg, die breite und wiederholte Testung
von KrebspatientInnen mit Infektsymptomatik auf SARS-CoV-2 und weist auf
ein Dilemma hin: „Die Angst vor einer Infektion mit SARS-CoV-2 darf die
erforderliche Behandlung einer Krebserkrankung nicht verhindern, aber ein
infizierter Krebspatient oder -patientin soll auch nicht zusätzlich durch
Komplikationen von COVID-19 gefährdet werden – und eine gesamte Praxis
oder Station anstecken.“ Bei einem negativen Testergebnis ist es
notwendig, den Test nach sieben Tagen zu wiederholen. „Durch eine breite
und wiederholte Testung von Patientinnen und Patienten, die sich einer
Krebstherapie unterziehen müssen, gewinnen wir deutlich mehr Sicherheit“,
so Einsele weiter.

Vor dem Hintergrund der bestehenden Schutzmaßnahmen auch in Einrichtungen
des Gesundheitssystems muss aus Sicht der DGHO ein besonderes Augenmerk
auf die Gewährleistung der Versorgung von PatientInnen gelegt werden. Auch
angesichts von Schutzmaßnahmen für die Gesamtbevölkerung muss die
unmittelbare, qualitätsgesicherte Versorgung der PatientInnen
sichergestellt werden, insbesondere bei aktiven und lebensbedrohlichen
Erkrankungen, bei kurativen Therapien, bei hohem Rezidivrisiko und bei
belastenden Symptomen. Das betrifft die gesamte Versorgungskette von der
Diagnostik über alle Formen der Therapie (Operation, Strahlentherapie,
systemische Therapie, supportive Therapie, Symptomlinderung) bis zur
Rehabilitation.

Darüber hinaus bekräftigt Trümper, dass „wir alles daransetzen, dass
Patientinnen und Patienten mit Tumorerkrankungen, besonders bei einer
lebensbedrohlichen Krebskrankheit, auch weiterhin die bestmögliche
Behandlung bekommen.“ In diesem Zusammenhang weist Trümper auf die
Onkopedia-Leitlinie Coronavirus-Infektion (COVID-19) bei PatientInnen mit
Blut- und Krebserkrankungen hin. Diese wird regelmäßig aktualisiert und
bildet den Stand des medizinischen Wissens ab.

Die aktualisierten Empfehlungen der DGHO können abgerufen werden unter:
https://www.dgho.de/aktuelles/news/news/2020/covid-19-bei-krebspatienten-
leitlinie-und-patienteninformation-aktualisiert


Über die DGHO

Die DGHO Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie
e. V. besteht seit über 80 Jahren und hat heute mehr als 3.500 Mitglieder,
die in der Erforschung und Behandlung hämatologischer und onkologischer
Erkrankungen tätig sind. Mit ihrem Engagement in der Aus-, Fort- und
Weiterbildung, mit der Erstellung der Onkopedia-Leitlinien, mit der
Wissensdatenbank, mit der Durchführung von Fachtagungen und
Fortbildungsseminaren sowie mit ihrem gesundheitspolitischen Engagement
fördert die Fachgesellschaft die hochwertige Versorgung von Patientinnen
und Patienten im Fachgebiet. In mehr als 30 Themen-zentrierten
Arbeitskreisen engagieren sich die Mitglieder für die Weiterentwicklung
der Hämatologie und der Medizinischen Onkologie.