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Die Zusammenarbeit von Augenärzten und Selbsthilfegruppen kann Kindern mit
seltenen Erkrankungen wie der angeborenen Erkrankung Aniridie das
Augenlicht, aber auch das Leben retten. Darauf weist die Deutsche
Ophthalmologische Gesellschaft (DOG) aus Anlass des internationalen Tages
der Seltenen Erkrankungen hin, der am 28. Februar 2021 stattfindet. In
Deutschland sind etwa 900 Patienten von Aniridie betroffen. Wird die
Augenfehlbildung nicht rechtzeitig erkannt, drohen Erblindung und bei
entsprechender Veranlagung sogar ein bösartiger Nierentumor.

Bei der seltenen Netzhauterkrankung Retinitis Pigmentosa (RP) hat die
Kooperation von Wissenschaftlern und Patientenorganisation bis zur
Entwicklung einer Gentherapie geführt.

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Bei der Aniridie handelt es sich um eine schwere Fehlbildung der Iris mit
angeborener Sehbehinderung. Den Betroffenen fehlt die Regenbogenhaut fast
oder vollständig – sie leiden unter extremer Lichtscheuheit und
Augenzittern. „Im Lauf des Lebens können sich Komplikationen wie
fortschreitende Hornhauttrübungen, grauer und grüner Star entwickeln, die
bis zur Erblindung führen können“, erklärt Professor Dr. med. Barbara
Käsmann-Kellner, Expertin für Aniridie an der Klinik für Augenheilkunde am
Universitätsklinikum des Saarlandes UKS. Eine Unterform der Aniridie, das
sogenannte WAGR-Syndrom, könne sogar mit einem bösartigen Nierentumor
einhergehen.

Eine frühe Diagnose der Augenerkrankung ist daher wichtig, um zügig eine
Therapie einleiten zu können. „Da das Wissen über diese seltene
Augenerkrankung noch nicht sehr verbreitet ist, kommt den
Selbsthilfegruppen eine enorme Bedeutung zu“, betont Käsmann-Kellner. Denn
Eltern, die einen Verdacht hegen, stoßen bei der Internetrecherche auf die
Patientenorganisation Aniridie-WAGR Deutschland e.V. und finden über deren
Vermittlung schnell Zugang zu Spezialisten. „Ich erhalte viele
Anfragemails“, berichtet die DOG-Expertin. „Mit dem Ergebnis, dass
betroffene Kinder häufig schon vor ihrem ersten Geburtstag diagnostiziert
werden können.“ Sehhilfen und die Abschätzung von Risikofaktoren verhelfen
anschließend zu besserer Sehfähigkeit, und die frühzeitige genetische
Diagnostik eines möglichen Nierentumors führt in 90 Prozent der Fälle zur
Heilung.

Über die Patientenorganisation erhalten die Eltern neben aktuellen
Informationen auch wertvolle Tipps, die ein erfülltes Leben trotz Aniridie
ermöglichen. Darüber hinaus unterstützen Selbsthilfegruppen wie Aniridie-
WAGR Deutschland wichtige Forschungsvorhaben. „Insbesondere bei seltenen
Erkrankungen leisten Patientenorganisationen unverzichtbare Hilfe, um
Studien voranzubringen“, betont DOG-Generalsekretär Professor Dr. med.
Claus Cursiefen. „Die Organisationen bestärken Betroffene, an
Forschungsprojekten teilzunehmen, um über den Vergleich größerer
Datensätze neue Erkenntnisse sammeln und bessere Therapien entwickeln zu
können“, fügt der Direktor des Zentrums für Augenheilkunde der Universität
Köln hinzu. So konnte dank der Unterstützung verschiedener nationaler
Aniridie-Selbsthilfegruppen im Jahr 2019 erfolgreich ein europäisches
Forschungsnetz zum Thema Aniridie aufgebaut werden, das durch EU-Mittel
finanziert wird (<www.aniridia-net.eu>).

Sehprobleme sind meist auch ein erstes Anzeichen für die Kinderdemenz NCL,
die Neuronale Ceroid Lipofuszinose – eine tödlich verlaufende genetisch
bedingte Stoffwechselerkrankung, an der in Deutschland 700 Kinder leiden.
„Auch bei dieser seltenen Erkrankung kommt den Augenärzten eine
entscheidende Rolle bei der Diagnose zu“, so Cursiefen. Die NCL-Stiftung
setzt sich daher zusammen mit der DOG für die Früherkennung der
Kinderdemenz ein und stiftet Forschungspreise, um eine Therapie
voranzubringen. Im Fall der Netzhauterkrankung Retinitis Pigmentosa (RP)
ist dies bereits gelungen: Für die Behandlung von Unterformen der
erblichen Augenerkrankung, an der insgesamt 40.000 Menschen in Deutschland
erkrankt sind und die bis zur völligen Blindheit führen kann, steht seit
kurzem ein gentherapeutisches Verfahren zur Verfügung – ein Erfolg, der
auch dem Engagement der Patientenorganisation Pro Retina für die
Wissenschaft zu verdanken ist.

Links:
<www.aniridie-wagr.de>
<www.aniridia-net.eu>
<www.ncl-stiftung.de>
<www.pro-retina.de>