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Das Aufspüren seltener Erkrankungen, die Wahl einer adäquaten und sicheren
Therapie sowie die engmaschige Überwachung der betroffenen Patienten
bleibt eine große Herausforderung. Sie lässt sich nur fachübergreifend,
arbeitsteilig und im Rahmen eines internationalen Netzwerks leisten.
Darauf weist das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden anlässlich
des Welttags der Seltenen Erkrankungen am 28. Februar hin. In der
Europäischen Union gilt eine Erkrankung als selten, wenn nicht mehr als
fünf von 10.000 Menschen von ihr betroffen sind.

Ein Spezialgebiet des Dresdner UniversitätsCentrums für Seltene
Erkrankungen (USE) ist die Diagnose und Behandlung seltener Erkrankungen
des Immunsystems. Derzeit befindet sich das Zentrum im Aufnahmeverfahren
für das mit EU-Geldern geförderte Europäische Referenznetzwerk „The Rare
Immunodeficiency, AutoInflammatory and AutoImmune Disease network“ (ERN-
RITA).

Daniel, Jessica-Emilia und Marcel sind drei Patienten mit einer seltenen
Erkrankung. Anlässlich des Welttags am 28. Februar sind die drei gern
bereit, offen über ihre Krankheiten zu sprechen. Die Bandbreite der
Symptome und die Konsequenzen ihrer Erkrankungen sind so vielfältig wie
die dahinterstehenden Geschichten sowie die Aktivitäten der Spezialisten
des Dresdner Uniklinikums. Diese fahnden nach einer Diagnose, um eine
möglichst erfolgreiche Therapie und die kontinuierliche, engmaschige
Betreuung dieser Patienten zu gewährleisten. „Im Rahmen des USE sehen wir
Neugeborene wie Daniel, der unter genetisch bedingtem Diabetes leidet, und
auch Erwachsene wie Marcel, der von einem Tag zum anderen mit den
Symptomen einer schwerwiegenden neurologischen Erkrankung konfrontiert
wurde. Typisch ist auch Jessica-Emilias Schicksal. Die Symptome zeigten
sich frühzeitig, aber deren Ursache wurde erst nach einer mehrjährigen
Odyssee gefunden“, sagt Prof. Reinhard Berner, Sprecher des
UniversitätsCentrums für Seltene Erkrankungen. „Entscheidend ist das
Zusammenwirken vieler Experten in interdisziplinären Fallkonferenzen, wie
sie nur in Zentren vorgehalten werden kann.“ „Es gibt nach wie vor großen
Handlungsbedarf bei der Diagnose und der anschließenden Behandlung dieser
Krankheitsbilder. Das betrifft nicht nur den weiteren Aufbau und Betrieb
der dafür notwendigen Zentrumsstrukturen in den spezialisierten
Krankenhäusern. Auch das Bewusstsein von Kliniken und niedergelassenen
Ärzten für seltene Erkrankungen sowie das Wissen um die Existenz von
Zentren, gilt es auszubauen“, sagt Prof. Michael Albrecht, Medizinischer
Vorstand des Dresdner Uniklinikums. „Mit dem USE haben wir dafür eine
exzellente Basis geschaffen. Doch es bedarf einer dauerhaften wie
auskömmlichen Finanzierung, um die laufende Versorgung der Patienten und
die weitere Förderung der damit verbundenen Forschungsaktivitäten
dauerhaft sicherzustellen.“

Dr. Andrea Näke, Leiterin des Kinderdiabeteszentrums am Dresdner Uniklinikum, ihr Patient Daniel und seine Mutter.  Holger Ostermeyer  Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
Dr. Andrea Näke, Leiterin des Kinderdiabeteszentrums am Dresdner Uniklinikum, ihr Patient Daniel und seine Mutter. Holger Ostermeyer Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden

Auch 2020 wurde dem USE ein breites Spektrum an Patienten vorgestellt, bei
denen eine seltene Erkrankung vermutet wurde. Lediglich ein Teil davon ist
bereits vorher im Dresdner Uniklinikum behandelt worden. Die
interdisziplinäre Fallkonferenz des USE hat schließlich 130 Patienten
besprochen. Dank der Kooperation mit der Klinik für Psychotherapie und
Psychosomatik ist es nun möglich, alle Patientenanliegen und
Beschwerdebilder abzudecken. Der Fokus im USE liegt neben der
interdisziplinären Diagnostik und Therapie auch auf der genetischen
Abklärung. Im vergangenen Jahr ließen sich auf der Basis von Genanalysen
rund 30 Prozent der Fälle aufklären.

Bei Daniels Diabetes wirken kleine Pillen genauso gut wie Insulinspritzen

Für seine Größe von 51 Zentimetern war Daniel bei seiner Geburt mit 2.575
Gramm viel zu schmächtig. Dies allein ist noch kein Grund für große
Besorgnis. Die Eltern waren überglücklich, hatten sie doch lange um dieses
Kind kämpfen müssen. Eine erste Blutzuckerbestimmung bei Entlassung aus
der Geburtsklinik war etwas erhöht, so dass der niedergelassene Kinderarzt
um erhöhte Sensibilität gebeten wurde. Bereits am fünften Lebenstag wies
dieser das Baby mit dem Verdacht auf einen angeborenen Diabetes in die
Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Dresdner Uniklinikums ein. Bei
Kindern ab sechs Monaten erkranken 14 von 100.000 an einem autoimmunen
Diabetes mellitus Typ 1 und werden mit Insulin behandelt. Bei Neugeborenen
dagegen ist Diabetes eine absolut seltene Diagnose, denn dieser entsteht
ganz anders. Er wird auf einem Gen vererbt, was nur bei einer von 100.000
Geburten vorkommt.

Um Daniel vor einer lebensbedrohlichen Krise zu bewahren, musste auch er
umgehend Insulin injiziert bekommen. Eine halbe Einheit Insulin am Tag und
dafür Stillen nach der Uhr. Ein Gedanke, der seine Eltern verzweifeln
ließ: Würde ihr lang ersehntes Wunschkind ein Leben lang eng überwacht
werden und nur mit Insulinpumpe überleben? Der heute Zweieinhalbjährige
wurde ab sofort von einer erfahrenen Kinderdiabetologin intensiv betreut:
Die Leiterin des Kinderdiabeteszentrums, Dr. Andrea Näke, konnte innerhalb
kürzester Zeit die Weichen für die weitere Behandlung von Daniel stellen.

Ein Gentest bestätigt die Diagnose Neonataler Diabetes mellitus (NDM), bei
der die an der Insulinproduktion beteiligten Betazellen einen genetischen
Defekt aufweisen. Aber es gibt eine schonende Therapie. Daniels
Blutzuckerspiegel kann mit einem Wirkstoff behandelt werden, den
routinemäßig Patienten mit Diabetes Typ II – dem sogenannten Alterszucker
– bekommen. Die oral verabreichten Sulfonylharnstoffe fördern die
Freisetzung von Insulin aus der Bauchspeicheldrüse. Die in den verfügbaren
Tabletten enthaltene Dosierung ist nur für Erwachsene geeignet. Deshalb
stellt eine Apotheke nach guter Absprache individuell Kapseln mit 0,01
Milligramm her, die dann nach Körpergewicht dosiert werden müssen.
Mittlerweile hat sich ein Hersteller des Problems angenommen und bietet
den Wirkstoff als Suspension an. Medikamente für seltene Erkrankungen,
sogenannte „Orphan Drugs“ sind aufgrund der Entwicklungskosten und des
kleinen Absatzmarktes sehr teuer und so kostet auch dieser altbekannte
Wirkstoff als Orphan Drug ein Vielfaches des sonst Üblichen.

Daniel hat die transiente Form der Erkrankung und braucht derzeit keine
Therapie. Dr. Andrea Näke schätzt die Wahrscheinlichkeit, dass er
irgendwann doch insulinpflichtig wird, auf etwa 50 Prozent ein. Bis dahin
gibt es lediglich regelmäßig Kontrolltermine in der Diabetesambulanz der
Dresdner Uni-Kinderklinik und die Vorfreude auf ein Geschwisterkind.

Innovative Immuntherapie gegen Marcels Muskelschwäche

Die Symptome der Myasthenie trafen Marcel Welk nahezu über Nacht. Als
Teenager trainierte der damals 17-Jährige für die Schwimmmeisterschaften
und war bereits mehrere Jahre als Rettungsschwimmer bei der DLRG tätig,
was ihn sehr prägte. Doch plötzlich fühlten sich seine Beine schlapp an,
sein Trainingspensum schaffte der heute 35-Jährige nicht mehr, weil sein
Körper immer schneller ermüdete. Das Wort Myasthenie kommt aus dem
Griechischen und heißt übersetzt Muskelschwäche. Schwach sind die aber
nur, weil die Übertragung der Impulse an der Kontaktstelle zwischen Nerv
und Muskel gestört ist. Grund dafür ist eine Autoimmunerkrankung, die bei
etwa 100 von einer Millionen Personen auftritt.

Je nach Schwere der Erkrankung lässt sich die Myasthenie gut mit
Medikamenten behandeln, auch wenn sie nicht heilbar ist. Auch bei Marcel
Welk verliefen die ersten Jahre nach der Diagnose noch ohne massive
gesundheitliche Einschränkungen. Doch bereits im Alter von 20 Jahren
zeigte sich, dass die Medikamente ihre Wirkung verloren haben. Seitdem
steht Dr. Ulrike Reuner von der Klinik für Neurologie im Uniklinikum
Dresden dem noch jungen Patienten zur Seite. Seine Erkrankung ist nicht
nur selten, sondern auch sehr komplex. Dies bedeutet, dass das Ärzteteam
der Neurologie kontinuierlich andere Fachbereiche mit einbeziehen muss.

Parallel ist Dr. Reuner immer wieder damit beschäftigt gewesen, mögliche
Alternativen zu bestehenden Therapien zu finden. Trotzdem kam es beim
Wettlauf zwischen neu verfügbaren Wirkstoffen und den immer schwerer
werdenden Symptomen bei ihrem Patienten immer wieder zu lebensbedrohlichen
Krisen. Eine der Ursachen dafür war, dass die Krankheit auch die
Atemmuskulatur betreffen kann. Mehrmals wurde Marcel deshalb auf die
neurologische Intensivstation eingeliefert und wurde künstlich beatmet.
Dr. Reuner begleitete ihn auch in diesen Phasen.

Über fünf Jahre saß Marcel Welk im Rollstuhl, da sein Körper zu schwach
zum Gehen war. Dass es ihm mittlerweile besser geht, liegt an einer
modernen immunmodulierenden Therapie, die er mittlerweile seit drei Jahren
bekommt. Dank des neuen Medikaments konnte er den Rollstuhl wieder
verlassen und hat erheblich an Lebensqualität gewonnen. Alle zwei Wochen
kommt Marcel nun ins Uniklinikum, wo ihm das Medikament per Infusion
verabreicht wird. Doch bevor damit Ende 2017 begonnen wurde, erarbeitete
das Team um Dr. Reuner eine sogenannte Standard Operating Procedure – kurz
SOP – eine mehrseitige, umfassend recherchierte Verfahrensanweisung. Nur
so lassen sich die mit der Gabe verbundenen Risiken minimieren.

Für Marcel Welk bedeutete das Jahr 2017 nicht nur medizinisch einen
Wendepunkt. Seitdem ist er glücklich verheiratet: „Meine Frau und mein
siebenjähriger Sohn haben mir in meiner schwersten Zeit immer zur Seite
gestanden“, berichtet er.

Jessica Emilias Klinik-Odyssee endet erst nach Jahren

Dass Jessica-Emilia im Kindergartenalter ab und an einmal mit Fieber über
mehrere Tage zu Hause bleiben musste, hatte ihre Eltern noch nicht
beunruhigt. Auch ihr größerer Bruder machte in diesem Alter viele Infekte
durch, die oft von Fieber begleitet waren. Die Fieberschübe bei Jessica-
Emilia entwickelten sich dagegen anders – sie waren keine Vorboten von
anderen Erkrankungen. Als Siebenjährige wurden die Fieberschübe immer
heftiger. Das Thermometer kletterte auf 41 Grad Celsius. Weder mit
Antibiotika noch mit fiebersenkenden Medikamenten ließ sich die Temperatur
anhaltend senken.

Deshalb bestanden die Eltern auf eine umfassende Untersuchung des Blutes.
Dabei gab es nur einen Wert, der anzeigte, dass bei Jessica-Emilia etwas
nicht stimmte: In ihrem Blut wurden über 100 Milligramm pro Liter des
Plasma-Eiweißes CRP nachgewiesen – etwa das Zwanzigfache des Normalwerts.
Dieses Eiweiß ist ein Indikator für Infektionen, Entzündungen oder
Gewebsschäden. Der viel zu hohe Wert war Anlass genug, das Mädchen in die
nahegelegene Kinderklinik einzuweisen. Doch die Ärzte fanden dort keine
weiteren Hinweise auf eine Grunderkrankung. Zwar litt Jessica-Emilia neben
dem Fieber unter unspezifischen Kopf- und Bauchschmerzen, aber mehr als
fiebersenkende Medikamente und Antibiotika konnten die Klinikärzte
aufgrund der fehlenden Diagnose nicht verordnen.

Bei einem erneuten ungewöhnlich heftigen, von deutlichen Muskel- und
Gelenkschmerzen begleiten Fieberschub, wurde die mittlerweile Neunjährige
in eine Berliner Kinderklinik eingewiesen. Über die Notaufnahme kam sie
aber nicht hinaus. Die Familie wurde wieder nach Hause geschickt. Immerhin
erhielt sie einen Termin in der dortigen Immunologischen Ambulanz, der
allerdings erst fünf Monate später stattfinden sollte.

Mit den immer regelmäßiger auftretenden Fieberschüben stieg der
Leidensdruck. Jessica-Emilia war so geschwächt, dass sie irgendwann nicht
mehr regelmäßig zur Schule gehen konnte. Ihre Mutter hatte inzwischen
intensiv recherchiert und stieß dabei auf das Zentrum für Seltene
Erkrankungen eines Uniklinikums in Baden-Württemberg. Dort wurde ihr nicht
nur ein Termin angeboten, sondern darum gebeten, in der fünfmonatigen
Wartezeit ein Fiebertagebuch zu führen und einen Gentest zu machen.

Doch die immer heftigeren Fieberschübe hielten die Familie und die
behandelnden Ärzte weiter in Atem. Es folgte die erste Einweisung ins
Dresdner Uniklinikum. Auch hier wurde entschieden, einen Termin in der
Spezialambulanz anzuberaumen und Jessica-Emilia bis dahin wieder nach
Hause zu entlassen. Ein nächster heftiger Fieberschub schwächte das
Mädchen jedoch so, dass sie nicht mehr allein aus dem Bett kam und sie
deshalb erneut in die lokale Kinderklink eingeliefert werden musste. Dort
stellten die Ärzte einen CRP-Wert von 300 Milligramm pro Liter fest, der
weiter anstieg. Nach fünf Tagen Krankenhausaufenthalt wurde Jessica-Emilia
notfallmäßig ans Dresdner Uniklinikum verlegt – drei Tage vor dem dort
ursprünglich anberaumten Termin in der Spezialsprechstunde.

Im Rahmen des stationären Aufenthalts nahm sich auch die auf pädiatrische
Immunologie spezialisierte Prof. Catharina Schütz Jessica-Emilias
Leidensgeschichte an. Es konnten zahlreiche mit Fieberschüben verbundene
Krankheitsbilder ausgeschlossen und auf der Basis eines Gentests endlich
eine Diagnose gestellt werden. Das Mädchen leidet unter dem sogenannten
TRAPS-Syndrom. Die fünf Buchstaben stehen für eine Kombination ganz
unterschiedlicher Krankheitsmerkmale. Auslöser ist die angeborene Anomalie
eines Proteins mit dem Namen „Tumor-Nekrose-Faktor-Rezeptor 1“. Es
verursacht bei den Patienten eine gesteigerte Entzündungsreaktion. Die
Herausforderung bestand nun darin, eine krankheitsspezifische Therapie zu
finden. Bei der Auswahl der Medikamente und der Dosierung ging das auf
Immunologie spezialisierte Team sehr behutsam vor.

Um die Symptome zu lindern, werden übliche antientzündliche Medikamente
eingesetzt. Eine weitere Option besteht darin, den für die überschießende
Immunreaktion und damit das Fieber relevanten Rezeptor zu blockieren
beziehungsweise die überschüssigen Botenstoffe zu neutralisieren. Seit
November 2019 bekommt Jessica-Emilia ein entsprechendes Medikament in
dreiwöchentlichen Abständen unter die Haut gespritzt. Zwar hat sie
weiterhin leichte Schübe, aber es sind weniger geworden, die zudem auch
nicht mehr so heftig ausfallen. Ein gutes Zeichen für den Erfolg der
Therapie ist, dass die mittlerweile Elfjährige auch ihren Schulalltag
wieder meistern kann, was sich in guten Noten widerspiegelt, wie der Vater
stolz bei einem der Kontrolltermine in der immunologischen Spezialambulanz
der Dresdner Uni-Kinderklinik berichtet. „Wir sind sehr dankbar dafür,
dass sich Frau Prof. Schütz so intensiv um unsere Tochter kümmert und sie
bei Fragen rund um die Uhr für uns erreichbar ist“, ergänzt Jessica-
Emilias Mutter.

Ein besonderer Fokus des USE in Dresden sind gerade solche
autoinflammatorischen und Autoimmunerkrankungen. Ursache sind meist
angeborene Störungen im Immunsystem, die fehlgesteuerte Immunreaktionen
hervorrufen und zu chronischen Entzündungen in verschiedenen Organen
führen können. Die Arbeitsgruppe von Prof. Min Ae Lee-Kirsch – sie ist
stellvertretende Sprecherin des USE – gehört zu den international
führenden Forschenden auf dem Gebiet der Interferonopathien. Aufgrund
dieser besonderen Expertise kommen Patienten und Familien nicht nur aus
ganz Deutschland, sondern auch aus dem europäischen Ausland nach Dresden,
um sich hier am USE vorzustellen. Dank dieser Expertise befindet sich das
Zentrum nunmehr im Aufnahmeverfahren für das mit EU-Geldern geförderte
Europäische Referenznetzwerk „The Rare Immunode-ficiency, AutoInflammatory
and AutoImmune Disease network“ (ERN-RITA).

UniversitätsCentrum für Seltene Erkrankungen (USE)

Das UniversitätsCentrum für Seltene Erkrankungen (USE) wurde im November
2014 eröffnet. Seitdem haben Patienten, deren Angehörige und ärztliche
Kollegen über 1.000 Anfragen ans USE gestellt. In mehr als 400 Fällen
wurden die eingereichten Akten – zum Teil umfassen diese über 200 Seiten –
aufbereitet, in einer interdisziplinären Fallkonferenz besprochen und eine
schriftliche Empfehlung ausgesprochen.

Das USE Dresden ist ein sogenanntes A-Zentrum nach den Empfehlungen des
Nationalen Aktionsplans für Menschen mit Seltenen Erkrankungen (NAMSE). Es
erfüllt damit koordinierende und krankheitsübergreifende Aufgaben und ist
zuständig für unklare Krankheitsfälle, die in interdisziplinären
Fallkonferenzen in einem Expertengremium vorgestellt und diskutiert
werden. Das Zentrum selbst untersucht und behandelt keine Patienten,
sondern verweist sie an die entsprechenden Fachzentren, sieht sich jedoch
auch in der Verantwortung, den Ratsuchenden zeitnah Antworten auf die
gestellten Fragen zu ermöglichen und Empfehlungen bezüglich der weiter zu
unternehmenden Schritte auszusprechen. Auch in den Fällen, in denen keine
seltene Erkrankung diagnostiziert wurde, versucht das USE, Antworten zu
geben, und ermöglicht in spezifischen Fällen, Vorstellungen in
angebundenen Fachdisziplinen. Es ist dem Zentrum ein besonderes Anliegen,
allen Ratsuchenden eine Antwort zu ermöglichen, um unter Umständen
jahrelange Odysseen der Patienten abzukürzen und über indizierte, adäquate
Behandlung aufzuklären.

Um die oft sehr komplexen Krankengeschichten zeitnah abklären zu können,
finden die Fallkonferenzen inzwischen wöchentlich statt. Um einen größeren
Kreis über die aktuellen Fälle und die daraus resultierenden Empfehlungen
fachübergreifend bekannt zu machen, veranstaltet das USE weiterhin
monatlich ein großes Board Meeting. In diesem Rahmen werden lehrreiche
Fälle – weiterhin unklare oder auch bereits geklärte – vorgestellt. Dies
dient auch der Ausbildung des medizinischen Nachwuchses: Das Meeting steht
allen Studierenden offen.