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Prof. Dr. med. Andreas Stang, MPH, Leiter des Instituts für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (IMIBE) am Universitätsklinikum Essen  Universitätsklinikum Essen
Prof. Dr. med. Andreas Stang, MPH, Leiter des Instituts für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (IMIBE) am Universitätsklinikum Essen Universitätsklinikum Essen

Forscher des Uniklinikums Essen untersuchen Schlafcharakteristiken auf ihr
Potenzial für Herz- oder Hirninfarkte hin. Studienergebnisse sollen zur
Infarktvorbeugung und Genesung von Betroffenen beitragen.

In Deutschland werden pro Jahr rund 212.000 Herzinfarkte vollstationär
behandelt, über 44.000 Menschen versterben am Herzinfarkt. Einen
Schlaganfall erleiden pro Jahr ca. 270.000 Menschen. Starke körperliche
Belastungen, Stress, Ärger oder Drogenkonsum können akute Auslöser sein.
Doch auch der Schlaf steht im Verdacht, einen Infarkt auslösen zu können.
Denn Infarkte treten gehäuft in den Morgenstunden und nachmittags auf.
Anlass für das Projektteam um Prof. Dr. med. Andreas Stang, MPH, Leiter
des Instituts für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie
(IMIBE) am Universitätsklinikum Essen, den Schlaf von Patienten, die
erstmals einen Herz- oder Hirninfarkt erlitten haben, im Rahmen der
sogenannten ACROSSS-Studie (Acute Coronary Syndrome, Stroke and Sleep) zu
untersuchen. Das mit knapp 70.000 Euro geförderte Forschungsvorhaben der
Deutschen Herzstiftung im Rahmen der ACROSSS-Studie trägt den Titel
„Zusammenhang zwischen Schlafcharakteristiken und dem Auftreten von
Herzinfarkten“.
„Es gibt Anhaltspunkte, dass bestimmte Schlafcharakteristiken das Risiko,
einen Herz- oder Hirninfarkt zu erleiden, beeinflussen“, erklärt Stang.
„Diese möglichen Risiken sind jedoch bisher zu wenig erforscht.“ Die
Relevanz der Schlafgesundheit für die Entstehung kardiovaskulärer
Erkrankungen hat längst auch die Herzstiftung erkannt: „Zur Bekämpfung
lebensgefährlicher Ereignisse wie Herzinfarkt und Schlaganfall ist die
Erforschung bisher unterschätzter möglicher Risikofaktoren wie etwa
Besonderheiten des Schlafverhaltens enorm wichtig. Ergebnisse der ACROSSS-
Studie könnten hierbei einen bedeutenden Beitrag zur Infarkt-Verhütung
leisten“, wie der Herzspezialist Prof. Dr. med. Thomas Voigtländer,
stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung,
betont. Infos zum Forschungsprojekt bietet die Herzstiftung unter
www.herzstiftung.de/forschung/herz-und-schlaf und über den Zusammenhang
zwischen Herz und Schlaf unter www.herzstiftung.de/schlafstoerungen-
belasten-herz


Die Forscher erfragen Schlafgewohnheiten: Lang-, Früh- oder
Mittagsschläfer?
Knapp 700 Patienten aus namhaften Kliniken in Essen befragt das
Forscherteam bis zum Sommer 2022 in der ACROSSS-Studie zu ihren Schlaf-
und Lebensgewohnheiten. Die Forscher ermitteln unter anderem, ob die
Teilnehmer eher Langschläfer sind oder nicht, ob sie regelmäßig schlafen,
Frühaufsteher sind und/oder sich mittags hinlegen. „Man weiß zum Beispiel,
dass sich durch den ansteigenden Blutdruck beim morgendlichen Aufwachen
bei Menschen, deren Gefäße bereits angegriffen sind, Blutgerinnsel lösen
und damit einen Herz- oder Hirninfarkt zur Folge haben können“, sagt Dr.
Anna-Therese Lehnich, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am IMIBE. Ein
weiterer bekannter Risikofaktor für einen Herz- und Hirninfarkt ist eine
Schlafapnoe, eine Erkrankung, bei der es zu Atemaussetzern im Schlaf kommt
und die zu Sauerstoffmangel im Blut führen kann. Das Essener
Wissenschaftsteam will nun herausfinden, ob ein bestimmtes Schlafverhalten
ebenfalls mit einem Herz- oder Hirninfarkt einhergehen kann und ob es
wiederum Schlafcharakteristiken gibt, die einem Herz- oder Hirninfarkt
sogar vorbeugen können. Beispielsweise ist die Rolle des Mittagsschlafes
bisher zu wenig beforscht. In Abhängigkeit von Regelmäßigkeit und Länge
wurden bisher sowohl günstige als auch ungünstige Effekte beobachtet. Die
ACROSSS-Studienergebnisse sollen zu einer weiteren Klärung beitragen.

Erkenntnisse können Herz-Kreislauf-Patienten helfen
Nach drei und 12 Monaten werden die Studienteilnehmer erneut befragt. Bei
diesen Follow-up-Untersuchungen wollen die Forscher herausbekommen, wie
sich der Schlaf bei ihnen entwickelt hat. „Ein Infarkt ist ein
einschneidendes Ereignis und psychisch sehr belastend“, betont Dr.
Lehnich. „Viele Betroffene leiden an Erschöpfung, Ängsten, Depressionen
oder Schlafstörungen. Wir wollen herausfinden, ob es bei den Patienten zu
auffälligen Veränderungen im Schlafverhalten gekommen ist“. Auf Basis
dieser Erkenntnisse könnten Herz-Kreislaufpatienten künftig ihren Schlaf
gezielt mit speziellen Maßnahmen verbessern. Das könnte dazu beitragen,
einen Infarkt zu verhindern sowie auch eine Genesung positiv zu
beeinflussen.

(weg)

Sorgen Sie für einen erholsamen Schlaf
- Rauchen Sie nicht und trinken Sie weder Kaffee noch Alkohol vor dem
Schlafengehen
- Treiben Sie keinen Sport am späteren Abend; gehen Sie stattdessen
spazieren
- Gehen Sie nur schlafen, wenn sie wirklich müde sind
- Tauschen Sie Fernsehen oder Handy vor dem Schlafen gegen entspannende
Schlafrituale
- Meiden Sie Schlaftabletten
- Stehen Sie jeden Tag zur selben Zeit auf
- Trennen Sie sich in Ihrem Bett vom Alltag. Essen oder Arbeit sind hier
fehl am Platz

Service-Tipp: Infos über den Zusammenhang zwischen Schlafstörungen und
Herzleiden bietet die Deutsche Herzstiftung kostenfrei unter
www.herzstiftung.de/schlafstoerungen-belasten-herz

Forschung nah am Patienten
Dank der finanziellen Unterstützung durch Stifterinnen und Stifter,
Spender und Erblasser kann die Deutsche Herzstiftung gemeinsam mit der von
ihr 1988 gegründeten Deutschen Stiftung für Herzforschung (DSHF)
Forschungsprojekte in einer für die Herz-Kreislauf-Forschung
unverzichtbaren Größenordnung finanzieren. Infos unter www.herzstiftung.de