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In der Covid-19-Pandemie sind viele Menschen bereit, ihre Gesundheitsdaten
für die Forschung zur Verfügung zu stellen. Das ist ein wichtiges Ergebnis
einer Studie des Technologie-Zentrums Informatik und Informationstechnik
(TZI) der Universität Bremen. Die Forschenden haben die persönliche
Einstellung der Nutzerinnen und Nutzer zur Corona-Datenspende-App des
Robert-Koch-Instituts untersucht und daraus Empfehlungen für die
Entwicklung von Technologien abgeleitet, die bei zukünftigen Krisen zum
Einsatz kommen sollen.

Mehr als 500.000 Menschen haben die Corona-Datenspende-App des Robert-
Koch-Instituts bislang heruntergeladen, die eine frühzeitige
Identifikation von Covid-19-Hotspots ermöglichen soll. Die Bereitschaft,
persönliche Gesundheitsdaten für die wissenschaftliche Auswertung zur
Verfügung zu stellen, erwies sich dabei als überraschend hoch. Die
Arbeitsgruppe Mensch-Technik Interaktion am Technologie-Zentrum Informatik
und Informationstechnik (TZI) der Universität Bremen hat die Motivation
der Nutzerinnen und Nutzer untersucht, indem sie mehr als 10.000
Erfahrungsberichte auswertete und ausführliche individuelle Befragungen
von Usern durchführte.

Entgegen bisherigen Erfahrungen mit anderen Projekten aus der
Gesundheitsforschung geben die App-Nutzer auch dann ihre Daten für die
Forschung frei, wenn sie keinen direkten Nutzen für sich selbst sehen.
Offenbar genügt in diesem Fall der Anreiz, einen Beitrag zur Bewältigung
eines großen gesellschaftlichen Problems zu leisten. Während den meisten
Nutzerinnen und Nutzern das Ziel der App – die frühzeitige Erkennung von
Corona-Hotspots – bewusst war, konnten sie den persönlichen Wert ihrer
Datenspende nicht nachvollziehen. Das Forschungsteam schließt daraus, dass
für die Nutzerinnen und Nutzer das Gemeinwohl die vorherrschende
Motivation war. Viele Anwenderinnen und Anwender ließen sich auch nicht
von technischen Problemen entmutigen, die einen negativen Einfluss auf die
Erfahrung hatten. Sie warteten auf Fehlerbehebungen und unterstützten sich
gegenseitig. Einige äußerten sogar Unverständnis, warum sie nicht noch
zusätzliche persönliche Daten eingeben können, die ihnen für das Projekt
nützlich erscheinen.

Lehren für zukünftige Projekte der wissenschaftlichen Bürgerbeteiligung

Für künftige vergleichbare Projekte, die auf Datenspenden von Bürgerinnen
und Bürgern für das Gemeinwohl setzen, heben die Forscherinnen und
Forscher die Bedeutung von Kommunikation, Transparenz und Verantwortung
hervor. „Bewährt hat sich zum Beispiel die Unterstützung der Corona-
Datenspende-App durch die Bundesregierung und das Robert-Koch-Institut“,
erklärt Professor Johannes Schöning. Es sei ratsam, dass offizielle
Institutionen solche Projekte der wissenschaftlichen Bürgerbeteiligung
(„citizen science“) aktiv unterstützen und ihren Nutzen für die
Gesellschaft klar kommunizieren.

Um den persönlichen Anteil aller einzelnen Teilnehmenden und ihre direkten
Vorteile zu verdeutlichen, sollten Informationen allerdings auch auf
individueller Ebene kommuniziert werden, beispielsweise durch regelmäßige
Benachrichtigungen in der App. Auch der Aufbau einer Community, die sich
bei Fragen gegenseitig unterstützt, ist nach Angaben der TZI-
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ratsam. Um technische Probleme zu
vermeiden und die Entwicklung zu beschleunigen, sollten vorhandene
Gesundheits-Apps genutzt und durch krisenspezifische Technologien ergänzt
werden. So ist die Corona-Datenspende-App beispielsweise mit verschiedenen
Firness-Apps verbunden.

„Wir glauben, dass unsere Ergebnisse auf Projekte übertragbar sind, die
unter vergleichbaren Bedingungen durchgeführt werden“, sagt Schöning, „zum
Beispiel, wenn staatliche Akteure großflächige Gesundheitskrisen bekämpfen
müssen.“

Gefördert wurde die Studie von der Lichtenbergprofessur der
Volkswagenstiftung, dem BMWi-Netzwerk KI-SIGS, dem BMBF-Projekt InviDas
und dem Leibniz WissenschaftsCampus Digital Public Health Bremen