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Klinikdirektor Prof. Dr. med. Volker Rudolph, HDZ NRW Bad Oeynhausen  (Foto: Marcel Mompour).  HDZ NRW
Klinikdirektor Prof. Dr. med. Volker Rudolph, HDZ NRW Bad Oeynhausen (Foto: Marcel Mompour). HDZ NRW

Bad Oeynhausen: Kardiologen am Herz- und Diabeteszentrum NRW (HDZ NRW)
ersetzen erstmals eine Trikuspidalklappe mit dem Herzkatheter. Erste
Einsätze erfolgen im Rahmen einer großen internationalen Zulassungsstudie.

Die auf der rechten Herzseite gelegene Trikuspidalklappe mit einem
schonenden Katheterverfahren zu ersetzen, galt lange Zeit als gar nicht
möglicher Eingriff. Doch jetzt scheint ein solcher Durchbruch auf dem
Gebiet der interventionellen Kardiologie gelungen: Am Herz- und
Diabeteszentrum NRW (HDZ NRW), Bad Oeynhausen, führten Prof. Dr. Volker
Rudolph, Direktor der Klinik für Allgemeine und Interventionelle
Kardiologie und Angiologie, und Oberarzt Dr. Kai Peter Friedrichs erstmals
einen kathetergeführten Trikuspidalklappenersatz erfolgreich durch.

Wissenschaftliche Untersuchungen aus den USA hatten bereits angekündigt,
dass der innovative Klappenersatz für die Trikuspidalklappe künftig in
Europa angeboten werden könnte. „Eine große amerikanisch-europäische
Studie wird jetzt überprüfen, in welchem Umfang die betroffenen Patienten
davon im Vergleich zu einer medikamentösen Therapie profitieren“,
erläutert Professor Rudolph. Der erfahrene Kardiologe geht davon aus, dass
dies besonders bei Patienten mit Risikofaktoren aufgrund von
Begleiterkrankungen oder eines hohen Alters der Fall sein könnte. „Es
stimmt uns schon sehr zuversichtlich, für diese Menschen wohl zukünftig
eine weitere Behandlungsmöglichkeit anbieten zu können. In jedem Falle
gilt es wie bei anderen Eingriffen am Herzen auch, dabei die individuelle
Situation und die jeweiligen Therapieaussichten im Hinblick auf die
bestmögliche Lebensqualität vorher genau abzuwägen.“

Im Rahmen der jetzt beginnenden randomisierten Zulassungsstudie (TRISCEND
II) für Europa wird in Bad Oeynhausen zunächst nur eine limitierte Anzahl
von streng ausgewählten Patienten einen Trikuspidalklappenersatz mittels
Herzkatheter erhalten. Neben dem HDZ NRW sind weitere Herzzentren
beteiligt. Auf dem Gebiet der kathetergestützten Herzklappenverfahren
zählt das Bad Oeynhausener Herzzentrum ebenso wie bei den operativen
herzchirurgischen Verfahren zu den bundesweit führenden Einrichtungen.
„Die meisten Eingriffe werden an den beiden Herzklappen durchgeführt, die
sich auf der linken Seite des Herzens befinden, das sind die Aortenklappe
und die Mitralklappe“, erläutert Dr. Friedrichs. Aufgrund einer zunehmend
höheren Lebenserwartung sei mit einer steigenden Zahl
behandlungsbedürftiger Trikuspidalklappenerkrankungen zu rechnen.
Klappendefekte können angeboren sein oder im Laufe des Lebens, zum
Beispiel durch rheumatisches Fieber, Erkrankungen der Lunge oder auch ohne
erkennbare Auslöser entstehen.

„Während Eingriffe an der Trikuspidalklappe früher meist erst dann
durchgeführt wurden, wenn die Erkrankung schon fortgeschritten war,
versuchen wir heute, durch einen frühzeitigen Eingriff die Entstehung von
Folgeschäden zu vermeiden“, beschreibt Professor Rudolph die gängige
Behandlungsstrategie. „Hochmoderne, schonende Katheterverfahren und eine
entsprechende Ausstattung und Erfahrung ermöglichen zunehmend auch die
Behandlung von Patienten mit einem höheren Operationsrisiko. Auch
einhergehende Probleme an weiteren Herzklappen mitzubehandeln, ist keine
Seltenheit mehr. Neben der Reparatur mit Clip oder Ring steht uns am HDZ
mit der neuen Klappenprothese jetzt ein weiteres Verfahren zur Verfügung,
so dass das Spektrum der Patienten, die behandelt werden können, immer
weiter ausgedehnt werden kann.“

Hintergrundinformation:

Die Trikuspidalklappe reguliert den Blutstrom des sauerstoffarmen Blutes
aus dem Körper in das Herz. Sie besteht aus drei Klappensegeln und
verbindet die rechte Vorkammer mit der rechten Herzkammer. Die Segel
bestehen aus Bindegewebe und sind mit Sehnenfäden an der Kammer befestigt.
Die häufigste Erkrankungsform ist eine Undichtigkeit der Klappe
(Trikuspidalklappeninsuffizienz). Unter den über 70-Jährigen sind
europaweit etwa 3 Mio. Menschen, darunter mehr Frauen als Männer,
betroffen. Die Erkrankung bleibt oft über längere Zeit unbemerkt, weil
frühe Symptome wie Leistungsminderung, Müdigkeit und Abgeschlagenheit
nicht mit dem Herzklappenfehler in Verbindung gebracht werden.
Quellen: HDZ NRW; Europ Heart J Cardiovasc Imaging 2020

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Als Spezialklinik zur Behandlung von Herz-, Kreislauf- und
Diabeteserkrankungen zählt das Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-
Westfalen (HDZ NRW), Bad Oeynhausen mit 35.000 Patienten pro Jahr, davon
14.600 in stationärer Behandlung, zu den größten und modernsten Zentren
seiner Art in Europa.

Die Klinik für Allgemeine und Interventionelle Kardiologie/Angiologie des
HDZ NRW unter der Leitung von Prof. Dr. med. Volker Rudolph ist
spezialisiert auf die Behandlung der Koronaren Herzkrankheit,
Herzklappenfehler, Herzmuskelerkrankungen und entzündliche
Herzerkrankungen. In der Klinik werden jährlich mehr als 5.000
kathetergestützte Verfahren durchgeführt. Modernste diagnostische und
bildgebende Verfahren sowie alle modernen Kathetertechniken sichern die
bestmögliche und schonende medizinische Versorgung der Patienten. Die
Klinik ist Europäisches und Nationales Exzellenz-Zentrum zur
Bluthochdruckbehandlung, anerkanntes Brustschmerzzentrum (CPU – Chest Pain
Unit) sowie als überregionales Zentrum zur Versorgung Erwachsener mit
angeborenem Herzfehler (EMAH) zertifiziert.