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Deutsche Herzstiftung warnt angesichts hoher Covid-19-Inzidenzen und
Auslastung von Intensivstationen: Bei Herzinfarkt, Schlaganfall und
anderen notfallartigen Beschwerden niemals zögern, den Notarzt (112) zu
rufen

Mit den derzeit dramatisch steigenden SARS-CoV-2-Infektionen und der damit
verbundenen Notlage in Krankenhäusern und Intensivstationen in Deutschland
befürchten Herzspezialisten, dass Herzkranke mit akuten Herzbeschwerden
erneut Kliniken und Praxen meiden könnten. Besonders fatal zeigte sich das
bereits in vergangenen Pandemiewellen: Menschen scheuten vor allem im
Lockdown bei Verdacht auf Herzinfarkt und anderen notfallartigen
Herzbeschwerden den lebensrettenden Notruf 112 oder den Weg in die
Notfallambulanz – aus Angst vor Ansteckung mit SARS-CoV-2 oder wegen
befürchteter pandemiebedingter Kapazitätsengpässe für nicht Corona-
bedingte Fälle in den Kliniken (1).

„Die sehr hohen Inzidenzen für Covid-19- und Hospitalisierungsfälle, die
regional stark schwanken können, dürften bei vielen Menschen zur
Schlussfolgerung führen, dass eine Notfallversorgung für Nicht-
Covid-19-Erkrankte wie Patienten mit Herzinfarkt, Schlaganfall oder
anderen notfallfallartigen Komplikationen nicht mehr gewährleistet sei.
Auch die Furcht vor einer SARS-CoV-2-Infektion kann für chronisch Kranke
trotz Impfung weiterhin ein Thema sein. All dies darf nicht erneut zu
fatalem Verzögerungsverhalten bei Notfallpatienten führen“, warnt der
Kardiologe und Intensivmediziner Prof. Dr. med. Thomas Voigtländer,
Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung. Eine Notfallversorgung
sei grundsätzlich (noch) gewährleistet, auch wenn es aufgrund hoher
Hospitalisierungsinzidenzen von über 18 Hospitalisierungen pro 100.000
Einwohnern (2) regional jetzt schon zu einer dramatischen Verdichtung für
die Notfallversorgung komme, so der Ärztliche Direktor des Agaplesion-
Krankenhauses Frankfurt am Main. „Dies kann sich mancherorts angesichts
der aktuellen Notlage jedoch schnell ändern. Umso wichtiger ist jetzt,
dass jeder Einzelne mit der Covid-19-Erstimpfung und einer Auffrischung
des Impfschutzes sowie durch strikte Einhaltung der Hygiene-Regeln AHA+A+L
seinen Teil dazu beiträgt, das Infektionsgeschehen zurückzudrängen.“
Aktuelle Informationen der Herzstiftung zur Corona-Impfung unter
https://www.herzstiftung.de/corona-impfung

Bei Herzinfarkt und anderen lebensbedrohlichen Komplikationen Notarzt
(112) rufen
Mit jeder Minute, die man mit Symptomen eines Herzinfarkts abwartet, ohne
den Notarzt unter der 112 zu alarmieren und den Herzinfarkt sofort
medizinisch versorgen zu lassen, verlässt man das optimale Zeitfenster für
eine Behandlung des Herzinfarkts in der Klinik. „Dadurch steigt das Risiko
eines plötzlichen Herztodes und irreparable Schäden am Herzen bei
dauerhaften Leistungseinbußen werden wahrscheinlicher“, so Voigtländer.
Aber nicht nur der akute Herzinfarkt, auch andere lebensbedrohliche
Komplikationen wie bösartige Herzrhythmusstörungen oder Schlaganfall sind
keine aufschiebbaren Krankheitsfälle, sondern erfordern eine
notfallmedizinische Versorgung durch den Notarzt und die Klinik. Dies gilt
auch für Durchblutungsstörungen des Herzens (Ischämien) höherer
Dringlichkeit wie Hauptstammstenosen und die instabile Angina pectoris als
Vorstufen des Herzinfarkts sowie für die entgleiste (dekompensierte)
Herzschwäche, die hochgradige Aortenklappenstenose und den
Bluthochdrucknotfall. Sie unterliegen auch in der Pandemie weiterhin
selbstverständlich der Notfallversorgung. Über die Symptome eines
Herzinfarkts, Schlaganfalls und anderer Herz-Kreislauf-Beschwerden
informiert die Seite https://www.herzstiftung.de/krankesherzwartetnie

Herzerkrankungen und ihre häufigsten Warnzeichen kennen
Jeder und besonders Risikogruppen wie Herz-Kreislauf-Patienten sollten die
wichtigsten Symptome von Herzinfarkt und anderen Herz-Kreislauf-
Erkrankungen kennen, die sich zum Teil mit Symptomen von Covid-19
(Luftnot, Brustschmerzen) überschneiden können. Um die Bevölkerung erneut
dafür zu sensibilisieren, trotz Corona-Notlage bei Herzinfarkt-Verdacht
wie auch bei Herzbeschwerden generell medizinische Versorgung in den
Kliniken und Praxen in Anspruch zu nehmen, haben die Deutsche Herzstiftung
und die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und
Kreislaufforschung (DGK) gemeinsam mit der Europäischen Gesellschaft für
Kardiologie (European Society of Cardiology, ESC) und dem Bündnis der
Europäischen Herzstiftungen (European Heart Network, EHN) bereits im März
2021 die Aufklärungskampagne „Ein krankes Herz kann niemals warten – Trotz
Corona: Warnsignale des Herzens nicht ignorieren“ gestartet. Unter
www.herzstiftung.de/krankesherzwartetnie sind Informationsangebote rund um
das Thema Herzinfarkt (Ursachen, Symptome, Therapie) und richtiges
Verhalten im Herznotfall sowie zu Herzerkrankungen allgemein abrufbar.

Unser Herz sollte immer höchste Priorität genießen – auch in diesen
schwierigen Zeiten. Deshalb der gemeinsame Appell von Herzstiftung, ESC,
DGK und EHN an chronisch Herzkranke und Personen mit erstmaligen
Herzbeschwerden: Hören Sie auf Ihr Herz, nehmen Sie medizinische Hilfe in
der Klinik oder Praxis in Anspruch. Nehmen Sie weiterhin Ihre Medikamente
und halten Sie Ihre Kontrolltermine ein.

Links zum Thema Herznotfall in Pandemiezeiten:

Website: https://www.herzstiftung.de/ein-krankes-herz-kann-niemals-warten
Shortlink: https://www.herzstiftung.de/krankesherzwartetnie
Link zur Corona-Impfung: https://www.herzstiftung.de/corona-impfung

Bei diesen Anzeichen eines Herzinfarkts sofort den Rettungsdienst (112)
rufen

- Starke Schmerzen und Druckgefühl im Brustkorb: Anzeichen für einen
Herzinfarkt können Schmerzen sein, die überwiegend im Brustkorb oder
häufig auch ausschließlich hinter dem Brustbein auftreten. Sie können in
andere Körperteile wie Arme, Oberbauch, Rücken, Hals, Kiefer oder
Schulterblätter ausstrahlen. Brustschmerzen oder Atemnot bei kleinsten
Belastungen oder in Ruhe sind besonders alarmierend. Dahinter könnte die
sogenannte instabile Angina pectoris (Brustenge) stecken, aus der sich
jederzeit ein Herzinfarkt entwickeln kann. Generell gilt: Halten die
Schmerzen länger als fünf Minuten an, sollten Sie sofort handeln.
- Massives Engegefühl: Viele Menschen spüren als Anzeichen für einen
Herzinfarkt einen heftigen Druck oder ein sehr starkes Einschnürungsgefühl
im Brustkorb – so, als würde ihnen „ein Elefant auf der Brust stehen“.
- Heftiges Brennen: Im Brustkorb kann ein starkes Brennen auftreten.
- Angstschweiß mit kalter, fahler Haut: Menschen, die einen Herzinfarkt
erleiden, spüren häufig starke Angst, die durch blasse Gesichtshaut und
kalten Schweiß auch sichtbar wird.
- Übelkeit, Erbrechen, Atemnot, Schmerzen im Oberbauch: Die Anzeichen für
einen Herzinfarkt können zudem recht unspezifisch sein – vor allem bei
Frauen. Um auf Nummer sicher zu gehen und auch diese Symptome nicht zu
übersehen, gilt die Empfehlung, immer dann einen Rettungswagen mit Notarzt
(112) zu rufen, wenn die Beschwerden in einem noch nie zuvor erlebten
Ausmaß auftreten.

Achtung: Auch wenn bei vielen Patienten der Herzinfarkt plötzlich und ohne
Vorboten kommt, so treten nach neueren Daten bei ca. 50 % der
Herzinfarktpatienten Symptome auch 24-48 Std. vor dem eigentlichen
Herzinfarkt auf. Die Betroffenen berichten über kurze Phasen von
Brustkorbenge oder Brennen hinter dem Brustbein. Dies kann in Ruhe oder
bei leichter Belastung auftreten, gelegentlich tritt auch nächtliches
Erwachen mit diesen Beschwerden auf.

Bei diesen Warnzeichen für Herzerkrankungen sofort zum Arzt!
Generell sollten Betroffene bei den folgenden Warnzeichen umgehend zum
Internisten oder Kardiologen. Sie können untersuchen, ob z. B. eine
Herzrhythmusstörung als Folge einer koronaren Herzkrankheit
(Grunderkrankung des Herzinfarkts), oder anderer Herzerkrankungen wie
Herzklappenerkrankungen oder eine Herzschwäche vorliegt. Unbehandelt
können diese Erkrankungen zu schwerwiegenden, auch notfallmäßigen,
Komplikationen führen:

- Schmerzen oder ein unangenehmes Engegefühl im Brustkorb (Angina
pectoris) und/oder Luftnot
- Nächtliches Erwachen mit Druck im Brustkorb
- Herzrasen mit Einschränkung der Belastbarkeit
- Hartnäckiges Herzstolpern
- Kurze Bewusstlosigkeiten (Synkopen)
- Schwindelanfälle, drohende Bewusstlosigkeiten

Diese Beschwerden können Warnzeichen auch für mehrere Herzerkrankungen
zugleich sein. Angina pectoris-Beschwerden können Vorboten für eine
fortgeschrittene Herzkranzgefäßverengung bis hin zum Herzinfarkt sein,
aber auch Anzeichen eines operationsbedürftigen Herzklappenfehlers.
Atemnot und Leistungsschwäche sind typische Symptome für eine Herzschwäche
oder eine Herzproblematik wie Herzklappenerkrankung oder Vorhofflimmern.
Kurze Synkopen können ein harmloses neurologisches Problem, aber auch
Vorboten einer bösartigen Herzrhythmusstörung (Kammerflimmern) sein.

Literatur

(1) Zeymer, U., Gitt, A. & Thiele, H. COVID-19-Pandemie. Herz 46, 115–119
(2021). https://doi.org/10.1007/s00059-020-05015-w
(2) Nach dem aktuellen Situationsbericht des Robert Koch-Instituts (RKI)
vom 23.11.2021 weist Thüringen die derzeit höchste
Hospitalisierungsinzidenz von 18,35 Hospitalisierungen pro 100.000
Einwohner auf:
https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Nov_2021/2021-11-23-de.pdf?__blob=publicationFile

Weitere:
- Nef, H.M. et al, Impact of the COVID-19 pandemic on cardiovascular
mortality and catherization activity during the lockdown in central
Germany: an observational study. Clin Res Cardiol 110, 292–301 (2021).
https://doi.org/10.1007/s00392-020-01780-0
- Pessoa-Amorim G, Camm CF, Gajendragadkar P, et al. Admission of patients
with STEMI since the outbreak of the COVID-19 pandemic. A survey by the
European Society of Cardiology. Eur Heart J Qual Care Clin Outcomes.
2020;6:210–216. doi: 10.1093/ehjqcco/qcaa046
- WidO-Report: Günster, C, Drogan D, Hentschker C, Klauber J, Malzahn J,
Schillinger G, Mostert C.  WidO-Report: Entwicklung der
Krankenhausfallzahlen während des Coronavirus-Lockdowns. Nach
ICD-10-Diagnosekapiteln und ausgewählten Behandlungsanlässen, Berlin 2020